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Doch kein „Volkskanzler“?

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen erteilte ÖVP Karl Nehammer den Auftrag zur Regierungsbildung, trotz FPÖ-Wahlsieg. Neben der SPÖ könnten die NEOS oder die Grünen als dritter Partner für eine stabile Regierung infrage kommen.
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Foto: ORF
  • Österreichischer Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat gestern, am Dienstag, dem 22. Oktober 2024, eine überraschende Entscheidung getroffen: Er beauftragte ÖVP-Chef Karl Nehammer mit der Regierungsbildung, obwohl die FPÖ unter Herbert Kickl als Wahlsieger aus der Nationalratswahl hervorgegangen ist. Van der Bellen begründete diesen Schritt damit, dass Kickl keinen Koalitionspartner finde, der bereit sei, ihn als Bundeskanzler zu akzeptieren. Nehammer soll nun Verhandlungen mit der SPÖ aufnehmen, wobei auch ein dritter Partner, die NEOS oder die Grünen, notwendig ist, um eine stabile Mehrheit zu sichern. Diese Entscheidung löste eine Welle der Entrüstung bei den Freiheitlichen aus. Sowohl Kickl als auch führende FPÖ-Vertreter aus den Bundesländern kritisierten den Bundespräsidenten scharf und warfen ihm vor, den Wahlsieg der FPÖ zu ignorieren und eine „Koalition der Gescheiterten“ zu unterstützen, so berichtet der Standard.

     

    „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.“

     

    Kickl betonte in einer Stellungnahme, dass das „letzte Wort noch nicht gesprochen“ sei und verwies darauf, dass die FPÖ in mehreren Bundesländern bereits erfolgreich in Regierungskoalitionen eingebunden sei. Gleichzeitig unterstrichen führende FPÖ-Politiker, dass die Entscheidung Van der Bellens als Bruch mit demokratischen Traditionen gesehen werde. Dies sei ein „Schlag ins Gesicht“ für die fast 30 Prozent der Wähler, die der FPÖ ihre Stimme gegeben haben.

  • Ausgang der Nationalratswahl 2024

    Bei der Wahl Ende September gewann die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) mit 29 % der Stimmen, während die ÖVP (Österreichische Volkspartei) auf 26 % fiel und die SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs) mit 21 % ihr schlechtestes Ergebnis erzielte. Die NEOS (Das Neue Österreich und Liberales Forum) kamen auf 9 %, und die Grünen (Die grüne Alternative), die bisher in einer Koalition mit der ÖVP regiert hatten, erhielten 8 %. 

  • Van der Bellen erklärte, dass die Wahl kein Wettbewerb sei, bei dem der Erste automatisch die Regierung bilde. Er betonte, dass keine Partei eine absolute Mehrheit erlangt habe und daher Zusammenarbeit notwendig sei. Da zahlreiche Parteien eine Zusammenarbeit mit der FPÖ kategorisch ausschließen, sei der Auftrag an Nehammer die einzig sinnvolle Option, um eine stabile Regierung zu bilden. Der Bundespräsident verwies dabei auch auf inhaltliche Bedenken gegenüber der FPÖ, die von anderen Parteien geäußert wurden. Darunter die Nähe zu Russland, die EU-skeptischen Positionen der Partei und die mangelnde Abgrenzung zu rechtsextremen Strömungen.

     

  • Eine türkis-rote Koalition für Österreich?

    Karl Nehammer (ÖVP): Der Bundeskanzler betonte, dass Reformen in zentralen Bereichen wie Wirtschaft, Migration und Gesundheitsversorgung notwendig seien, um dem Wählerwillen gerecht zu werden. Foto: Facebook

    Karl Nehammer (ÖVP) nahm den Auftrag „in aller Ernsthaftigkeit“ an und kündigte an, in den kommenden Wochen vertiefende Verhandlungen mit der SPÖ zu führen. Er betonte, dass Reformen in zentralen Bereichen wie Wirtschaft, Migration und Gesundheitsversorgung notwendig seien, um dem Wählerwillen gerecht zu werden. Ob diese Gespräche zu einer neuen Regierung führen, bleibt offen. Mit dem knappen Wahlausgang und den komplizierten Mehrheitsverhältnissen könnte Österreich vor einer türkis-roten Koalition stehen. Diese Konstellation könnte unter den aktuellen Bedingungen eine realistische Option sein. 

    Die SPÖ zeigte sich offen für Verhandlungen mit der ÖVP, betonte aber, dass eine Koalition nur zustande komme, wenn „reale Verbesserungen für die Bevölkerung“ erreicht werden. Für die SPÖ steht dabei vor allem die soziale Gerechtigkeit im Fokus, einschließlich einer gerechteren Verteilung der Steuerlast und Reformen im Gesundheits- und Bildungsbereich. Aufgrund der knappen Mehrheit von ÖVP und SPÖ wird ein dritter Partner benötigt. Sowohl die NEOS als auch die Grünen könnten dabei als Koalitionspartner in Frage kommen. Beide Parteien signalisierten ihre Bereitschaft, an Sondierungsgesprächen teilzunehmen, wobei sie eine Zusammenarbeit an Reformen und Vertrauen knüpften.

     

  • Erfolg durch Zusammenarbeit

    Mit der Entscheidung, Nehammer den Auftrag zu erteilen, wird das traditionelle Vorgehen in Österreich, die stimmenstärkste Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, durchbrochen. Van der Bellen verwies darauf, dass dies nicht verfassungsrechtlich vorgeschrieben sei, sondern dass der Bundespräsident die Aufgabe habe, eine stabile und handlungsfähige Regierung sicherzustellen. Van der Bellen unterstrich in seiner Stellungnahme, dass in einer Demokratie niemand allein das Volk für sich beanspruchen könne. Er verwies auf die Notwendigkeit einer stabilen Regierungskoalition, die auf einer Mehrheit von über 50 Prozent im Nationalrat basiert. Diese Mehrheit sei erforderlich, um die Herausforderungen des Landes, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft, soziale Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit, erfolgreich anzugehen.

    Die kommenden Wochen werden zeigen, ob es der ÖVP gelingt, mit der SPÖ und einem weiteren Partner eine stabile Regierung zu bilden, oder ob Österreich möglicherweise mit weiteren politischen Verwerfungen konfrontiert wird.

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Hartmuth Staffler Wed, 10/23/2024 - 14:01

Die angeblich Gescheiterten haben nun einmal mehr Stimmen erhalten als die FPÖ, auch wenn das der Kickl - wie sonst so vieles - nicht zu verstehen scheint. Bundespräsident Van der Bellen, der in dieser Angelegenheit bewundernswerte Souveränität bewiesen hat, hat das einzig Richtige getan. Nun muss der Nehammer, der angesichts seiner von ihm selbst verkündeten Freundschaft zur Meloni auch nicht grade ein Sympathieträger ist und in Südtirol mit Skepsis betrachtet wird, Ergebnisse liefern. Wenn der Babler sich etwas vom Marxismus löst, könnte es schon gelingen.

Wed, 10/23/2024 - 14:01 Permalink
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Milo Tschurtsch Wed, 10/23/2024 - 15:13

Naja es haben auch alle anderen zusammen mehr Stimmen erhalten als die ÖVP, also könnte man die Rechnerei beliebig interpretieren, wenn man jeweils eine Partei (egal welche) ausnimmt und alle anderen zusammenrechnet.
Jedenfalls geht da die Rechnung immer auf, man braucht sich nur zusammentun, wie man es braucht bzw. einen von vorneherein ausschließen, dann kommt man hundertprozentig an die Macht.
Ob das vom Volk goutiert wird, wird man sehen, wenn man die meistgewählte Partei von vorneherein ausschließt und sich "alle anderen zusammentun", was wie gesagt eigentlich recht einfach ist.
Wäre da nicht der verflixte Wählerwille. Da zählen die Rechnungen nichts mehr, denn da geht es um Inhaltliches. Und inhaltlich gesehen hat das konservative Lager bestehend aus FPÖ und ÖVP eine klare Mehrheit bzw. ähnliche wenn nicht dieselben INHALTE wurden mehrheitlich gewählt, was jetzt ignoriert wird um an der Macht zu bleiben.
Aber vielleicht ist es der ÖVP und Kikl vordergründig gar nicht so unrecht, was da geschieht denn jetzt wird der ganzen Bevölkerung sichtbar gezeigt dass es gar nicht um die von ihr gewählten Inhalte geht, sondern um den Machterhalt geht und man da einschlägige Spielchen eingeht.
Weiters schaut es europaweit ökonomisch nicht gut aus, der Wirtschaftsmotor Deutschland schwächelt, das Wachstum liegt bei Null man schlittert in eine Rezession, das hat Auswirkungen auf alle anderen. Da könnte es auch für Österreich knüppeldick kommen was wiederum Aufwind für jene die nicht in Regierungsverantwortung stehen, bedeutet.
Auch gewisse Teile der ÖVP sind sicher nicht mit einer Koalition mit der extrem linken Bablerpartei einverstanden.
Wir werden sehen.

Wed, 10/23/2024 - 15:13 Permalink
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Peter Gasser Wed, 10/23/2024 - 16:34

In reply to by Milo Tschurtsch

Eine demokratische Mehrheit ist eine Mehrheit und drückt darin die Mehrheit des Wählerwillens aus.
Wenn 2 oder 3 oder 4 Parteien mehr als 50% der Parlamentarier haben, ist dies die demokratische Mehrheit, die auch die Mehrheit der Wähler vereint.

Es sei denn, man gewichtet, und sagt, diese Meinung (Partei) ist mehr Wert als die andere.

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Milo Tschurtsch Wed, 10/23/2024 - 17:34

In reply to by Peter Gasser

"Es sei denn, man gewichtet, und sagt, diese Meinung (Partei) ist mehr Wert als die andere."
Sie sagen es ja selbst, jede Meinung (Partei) hat den gleichen Wert. Deshalb spricht man auch mit JEDER Partei in Sondierungsgesprächen. Wenn man dann inhaltlich in etwa übereinkommt beginnen die Koalitionsverhandlungen. So läuft es in einer Demokratie mit Verhältniswahlrecht.
Eine gewählte Partei (und somit deren gesamte Wählerschaft) von vorneherein von Gesprächen auszuschließen (mit der FPÖ will niemand zusammenarbeiten, O-Ton van der Bellen), diese kurzerhand einfach als nicht verhandlungswürdig zu bezeichnen und sich wiederum im Vorfeld mit anderen zusammenzuschließen (um des Machterhalts willen, unabhängig ob die inhaltliche Übereinstimmung bzw. Kompromisse in Sondierungen abgeklärt wurden), ist demokratiepolitisch mehr als bedenklich, wenn nicht antidemokratisch.

Wed, 10/23/2024 - 17:34 Permalink
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Stereo Typ Wed, 10/23/2024 - 17:35

In reply to by Peter Gasser

Es ist politischer Brauch, die Partei mit den meisten Stimmen auch in die Regierungsverantwortung zu nehmen. Sonst wär's ja so, als würde der gewählte Klassensprecher nicht Klassensprecher werden, sondern der Zweit-, Dritt- oder Viertgewählte. Weil die Meinung und das Auftreten des Erstgewählten einigen nicht passt. Sie bilden also hintenrum andere Mehrheiten, um den Klassensprecher zu verhindern. Demokratie?

Wed, 10/23/2024 - 17:35 Permalink
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Hartmuth Staffler Wed, 10/23/2024 - 15:46

Die Kickl-FPÖ hat sich mit ihrer Putin-Freundschaft und dem blinden Verrennen in die Impfgegnerschaft selber ausgegrenzt, so dass nur die übrigen Parteien übrigbleiben, die sich halt zusammenraufen müssen.

Wed, 10/23/2024 - 15:46 Permalink
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Milo Tschurtsch Wed, 10/23/2024 - 17:16

In reply to by Hartmuth Staffler

Das blinde Verrennen in die "Impfbefürworterschaft" hat Österreich europa- wenn nicht weltweit einzigartig eine allgemeine Impfpflicht beschert ( die dann nicht durchführbar war). Aber schon allein das Ansinnen zeigt, wes Geistes Kind die Parteien (außer der FPÖ) sind, es zeigt nämlich einen klaren Verstoß gegen das Menschenrecht der freien Selbstbestimmung über den eigenen Körper und somit gegen die Menschenwürde.
So gesehen passen sie wieder gut zusammen. Das wär dann schon mal was, eine "solide Basis" für eine Koalition.
Was die "Putin- Freundschaft" betrifft, (jeder der gegen das weitere Abschlachten und für Diplomatie ist wie die Grünen bislang [ups gilt nicht mehr] ist schon gleich ein FREUND Putins), da gibt es in Österreich leider kein Pendant zur Partei Sahra Wagenknecht.

Wed, 10/23/2024 - 17:16 Permalink
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Milo Tschurtsch Wed, 10/23/2024 - 20:59

In reply to by Hartmuth Staffler

Impfungen sind notwendig aber als freie Impfentscheidung, nicht als Pflicht denn eine ALLGEMEINE Impfpflicht (wie in Österreich und nur in Österreich beschlossen) widerspricht den Menschenrechten, die ganz klar ein Recht des Einzelnen über den EIGENEN Körper zu bestimmen, vorsehen. Gäbe es das nicht würde unter Vorspiegelung von Nützlichem (wie etwa Impfungen) Tür und Tor für allerlei Missbrauch an den Körpern von Menschen geöffnet. Das ist wohl logisch. Deshalb ist JEGLICHER Eingriff gegen den Willen des Betroffenen bzw. unter Nötigung (etwa Arbeitsplatzverlust o.ä.) zustandegekommen, eine Menschenrechtsverletzung. Dass es bei der beschlossenen Impfpflicht in Österreich auch gänzlich Ungefährdete (Jugendliche, junge Erwachsene) getroffen hätte, sei nur nebenbei erwähnt.
Politische Parteien hebeln mit Beschluss die Menschenrechte aus, ein Skandal. Und diese kommen in Regierungsverantwortung !

Wed, 10/23/2024 - 20:59 Permalink
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Milo Tschurtsch Thu, 10/24/2024 - 00:06

In reply to by Hartmuth Staffler

Es gibt kein Recht auf Gesundheit an sich (das liegt auch in der Eigenverantwortung) aber es gibt ein Recht auf Gesundheitsversorgung, aber nicht um den Preis von Nötigung zu körperlichen Eingriffen, zumal die wie in diesem Fall ggf. bloß dem Selbstschutz dienen.
Zum Selbstschutz in der Form von körperlichen Eingriffen kann schon überhaupt niemand verpflichtet werden.
Da hat die letzte österreichische Regierung mit einer praktisch nicht durchführbaren Impfpflicht einen gewaltigen Bock geschossen.

Thu, 10/24/2024 - 00:06 Permalink
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Manfred Klotz Thu, 10/24/2024 - 07:20

In reply to by Milo Tschurtsch

"Es gibt kein Recht auf Gesundheit...", also diese Behauptung muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Ich wundere mich, dass Sie den Wortlaut von Art. 32 des italienischen Grundgesetzes nicht kennen, Impfgegner führen den Artikel ja - fälschlicherweise - immer als Argument gegen die Impfpflicht an. Da steht wörtlich "La Repubblica tutela la salute come FONDAMENTALE DIRITTO DELL'INDIVIDUO e interesse della collettività". Das Recht auf Gesundheitsversorgung ist nur ein weiteres Recht.
Zu "körperlichen" Eingriffen kann man sehr wohl verpflichtet (in besonderen Fällen sogar gezwungen) werden, genau Art. 32 räumt dieses Recht mit dem darin enthaltenen Gesetzesvorbehalt ein. Daher habe ich oben "fälschlicherweise" geschrieben.

Thu, 10/24/2024 - 07:20 Permalink
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K V Thu, 10/24/2024 - 07:51

In reply to by Manfred Klotz

"Zu "körperlichen" Eingriffen kann man sehr wohl verpflichtet (in besonderen Fällen sogar gezwungen) werden..."

Immer unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit. D.h. die Maßnahme muss wirken, angemessen und verhältnismäßig sein und das mildeste Mittel darstellen.
Auch ein Grundsatz des Rechtsstaates den die Fehlerleugner gerne vergessen.

Thu, 10/24/2024 - 07:51 Permalink
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Manfred Klotz Fri, 10/25/2024 - 19:41

In reply to by K V

Das ist ein Argument mit dem Impfgegner versuchen sich aus der Verantwortung zu stehlen. Die Impfungen waren und sind wirksam und verhältnismäßig, da besteht überhaupt kein Zweifel. Angemessen sind sie schon deshalb, weil sie eine Schutz der Allgemeinheit und nicht nur des Individuums darstellen. Von der Pflicht waren nur bestimmte Kategorien betroffen und auch in diesem Zusammenhang war die Pflicht angemessen. Das leugnen die Vergesslichen gerne.

Fri, 10/25/2024 - 19:41 Permalink
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Milo Tschurtsch Thu, 10/24/2024 - 15:36

In reply to by Manfred Klotz

"La Repubblica tutela la salute come FONDAMENTALE DIRITTO DELL'INDIVIDUO e interesse della collettività". Das Recht auf Gesundheitsversorgung ist nur ein weiteres Recht.

Nein eben nicht . Die Gesundheitsversorgung ist kein weiteres Recht, sondern es ist DAS INSTRUMENT um die Gesundheit überhaupt zu gewährleisten. Ohne ein Instrument, bleibt der Satz abstrakt, denn der Staat braucht etwas in der Hand um etwas Abstraktes (Gesundheit) konkret zu gestalten. Das Zweite bedingt überhaupt erst das Erste.
Niemand muss sich körperlichen Eingriffe ohne Einwilligung unterziehen, denn sie stellen wie gesagt ein Menschenrecht dar. Hebelt ein Staat also ein Verfassungs-oder Menschenrecht aus, so unterliegt das eben auch Bedingungen, die wohl in den seltensten Fällen gegeben sind. Denn die Voraussetzung sind Angemessenheit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit und das Gebot der Geeignetheit um das gewünschte Ziel zu erreichen (wie KV richtig anmerkt) die als Grundlage dienen. Sind diese Kriterien nicht erfüllt sind solche Gesetze reine Willkürakte und entsprechen nicht einer demokratischen Vorgangsweise. Deshalb liegt auch allen demokratischen Staaten dieses Prinzip zugrunde. Hier am Beispiel Deutschland :

https://www.bmj.de/DE/rechtsstaat_kompakt/rechtsstaat_grundlagen/verhae…

Genau deshalb weil diese Voraussetzungen meist nicht alle nachgewiesen werden können, sind evtl. "Impfpflichten" die ein Staat erlässt meist lahme Enten, die nicht lange halten oder leicht umgangen werden können.
Wobei es da noch das sog. Naturrecht gibt, das überhaupt über allem (über den staatlichen Gesetzen als positivem Recht) steht und auch durch keine staatliche Maßnahme ausgehebelt werden kann. Das Naturrecht ist absolut und steht dem Menschen aufgrund seines bloßen Menschseins zu. (Unantastbarkeit der Würde des Menschen, Menschenrechte) Ist sogar in den Verfassungen verankert, aufgrund der Erfahrungen der letzten Diktaturen, wo das staatliche positive Recht nicht ausgereicht hat (Faschisten konnten sich auf geltendes Recht berufen).
Gerichte können deshalb auch gegen positives Recht urteilen, wenn es im Widerspruch zum Natur- beziehungsweise Menschenrecht steht.
Selbstbestimmung über den eigenen Körpers (Natur- bzw. Menschenrecht) versus Impfpflicht (positives staatliches Recht).

https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/17897/naturrecht/

Thu, 10/24/2024 - 15:36 Permalink
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Oliver Hopfgartner Thu, 10/24/2024 - 18:09

In reply to by Manfred Klotz

Das Problem ist die Verhältnismäßigkeit und die Spekulation.
Impfungen können nachweislich auch schaden, daher ist es unverhältnismäßig Person A zu einer Impfung zu nötigen, nur damit Person B einen fraglichen Nutzen daraus zieht, denn dass sich Person B tatsächlich bei Person A ansteckt, ist ein höchst spekulatives Ereignis.

Gesundheitsschutz geht nicht über alles. Es leuchtet uns allen ein, dass es z.B. unverhältnismäßig wäre, HIV-Positive an der Stirn zu tätowieren oder sie dazu zu verpflichten, ein Symbol an der Kleidung zu befestigen, das sie als HIV-positiv kennzeichnet, um so Andere vor Ansteckung zu schützen.
Die unverhältnismäßigkeit und menschenverachtung hinter so einer Maßnahme leuchtet sofort ein.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass du dich als geimpfter Mensch bei einem gesunden Ungeimpften ansteckst, der in einer Bar einen Espresso trinkt?
Eigentlich sind diese höchst spekulativen Szenarien sehr verschwörungstheoretisch.

Daher sollte klar sein, dass "Recht auf Gesundheit" bedeutet, allen Bürgern einen niederschwelligen Zugang zu medizinischer Versorgung und auch Impfungen zu ermöglichen. Recht auf Gesundheit bedeutet aber nicht, dass man Bürger A zu etwas zwingen sollte, nur damit Bürger B ein marginal niedrigeres Risiko hat, insbesondere wenn Bürger B zahlreiche andere Möglichkeiten hat, sein eigenes Risikoprofil viel effektiver zu verbessern.

Thu, 10/24/2024 - 18:09 Permalink
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K V Fri, 10/25/2024 - 05:25

In reply to by Oliver Hopfgartner

Nicht zu vergessen, dass man jungen Menschen verboten hat ihren Beruf auszuüben und damit ihre Familien zu versorgen, obwohl das Virus für sie keine ernste Gefahr darstellte und der Fremdschutz bei gleichzeitiger Maskenpflicht vernachlässigbar war.
Man hat somit das Grundrecht auf Arbeit eingeschränkt ohne Wirkung der Maßnahme und mit völlig überzogener Härte der Sanktion. Ein klare Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebots des Staates.

Fri, 10/25/2024 - 05:25 Permalink
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Oliver Hopfgartner Fri, 10/25/2024 - 20:45

In reply to by Manfred Klotz

Du solltest so etwas nicht schreiben, denn es ist unverhältnismäßig. Du weißt ganz genau, dass wir in unserer Ordination niederschwellig alle Impfungen anbieten, für die man keine Spezialgenehmigung (wie z.B. Gelbfieber) braucht.
Wir haben zwei Influenzaimpfstoffe, Hepatitis A, Hepatitis B, Hepatitis A+B, Diphterie, Tetanus, Polio, Pertussis, HPV, FSME, Herpes Zoster, Masern/Mumps/Röteln und zwei Pneumokokkenimpfstoffe lagernd, sodass diese Impfstoffe jederzeit und ohne Termin verimpft werden können. Bei den Covidimpfstoffen hatten wir im Sommer als eine der ersten Ordinationen den angepassten JN1-Impfstoff und seit Oktober haben wir den aktuellen KP2-Impfstoff.
Außerdem kann man sich bei uns gegen Vorbestellung oder wenn ein Patient den Impfstoff selbst in der Apotheke holt gegen Tollwut, RSV, Typhus, (Affen-)pocken, Varizellen oder auch Japan-B-Encephalitis impfen lassen - wohlgemerkt mit sehr kurzen Wartezeiten, mit denen der Dienst für Hygiene in Südtirol nicht mithalten kann.
Ich denke du wirst in Südtirol kaum einen Hausarzt finden, bei dem du dich so niederschwellig impfen lassen kannst.
Medizinische und ethische Argumente gegen eine Impfpflicht zu benennen ist etwas völlig anderes als gegen Impfungen an sich zu sein. Daher finde ich es unangebracht, was du geschrieben hast und finde du solltest deine Aussage überdenken.

Es mag sein, dass meine Beispiele sehr zugespitzt sind, sie sollen einfach plakativ aufzeigen, dass das Recht einer Person auf Gesundheit nicht über dem Recht einer anderen Person auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde geht.

Fri, 10/25/2024 - 20:45 Permalink
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Stereo Typ Wed, 10/23/2024 - 17:27

In reply to by Hartmuth Staffler

Eine relative Mehrheit der Wähler hat sich in Österreich für die FPÖ entschieden. Die FPÖ ist also die derzeit erfolgreichste und am meisten gewählte Partei in Österreich. Ist das nicht ein ganz klares Zeichen an die Politik? Natürlich kann man andere Koalitionen schmieden und die FPÖ außen vor lassen. Koalitionen von Verlierern haben sich allerdings selten bewährt.

Wed, 10/23/2024 - 17:27 Permalink
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Milo Tschurtsch Wed, 10/23/2024 - 21:31

In reply to by Peter Gasser

Die mehrheitsbildende Koalition kommt in einer Demokratie aber zustande wenn man unter Sondierungen festgestellt hat, was für Themen überhaupt MEHRHEITSBILDEND sein können und worauf man überhaupt aufbauen kann.
Wenn man aber eine Partei ( und damit 30 Prozent der Wähler) schon im Vorfeld gar nicht mitreden lässt, die "Mehrheitsbildung" also ohne deren Themen überhaupt anzuhören VORAB ausküngelt, sie also gar nicht einbindet, dann verkommt die Mehrheitsbildung!? zur Farce.
Aber auch hier und gerade hier gilt: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Das haben führende ÖVP Mandatare, wie man heute hören konnte, klar erkannt.

Wed, 10/23/2024 - 21:31 Permalink
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Milo Tschurtsch Thu, 10/24/2024 - 00:18

In reply to by Peter Gasser

Ich sichere keiner Partei das Regieren zu aber ich sichere jeder Partei die MÖGLICHKEIT dafür zu, denn diese entsteht aus der Legitimation durch den Wähler. Jede Partei kann bei Sondierungen wenn sie nicht erfolgreich sind scheitern, aber ihr erst gar nicht die Möglichkeit dazu zu geben, das ist nicht im Sinne von Demokratie (das Volk und zwar alle Teile davon sind gleichermaßen wert angehört zu werden). Wenn es dann nicht passt, okay da ist man frei abzulehnen aber gewisse Teile des Volkes gar nicht erst anzuhören, dafür braucht es schon eine gewisse Dreistigkeit wenn nicht Dummheit dazu, weil man sich bloß ins eigene Fleisch schneidet bzw. weil dann Offensichtliches auch öffentlich wird.

Thu, 10/24/2024 - 00:18 Permalink
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Alois Spath Wed, 10/23/2024 - 21:37

Die Strategie, die meistgewählte Partei außen vor zu lassen, wird dieser weiteren Aufschwung bescheren. Die FPÖ an der Regierung zu beteiligen würde hingegen bedeuten, sie bald zu entzaubern, angesichts der Vielfalt der zu bewältigenden Probleme. So werden sich jetzt drei Parteien, die ob ihrer inhaltlichen Programmatik schwer auf einen gemeinsamen Nenner kommen dürften (vergleiche Ampelkoalition in Deutschland), damit abrackern müssen und sich gegenseitig zerfleischen. Der lachende Vierte alias Kickl braucht nur abzuwarten und sich dann die Beute beim nächsten Mal einheimsen.

Wed, 10/23/2024 - 21:37 Permalink
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Oliver Hopfgartner Thu, 10/24/2024 - 07:59

Wir sollten politikwissenschaftlich sauber argumentieren:

Die Fakten sind: die FPÖ ist Wahlsieger und stellt entsprechend den größten Club.

Historisch ist es so, dass der größte Club den Auftrag zur Regierungsbildung bekommt.

Wenn sich im Parlament andere Mehrheiten finden, ist das im Sinne der Verfassung und der Geschäftsordnung ok, allerdings muss das nicht im Sinne des Volkes sein.

Wer wissen möchte, wer der wahre Volkskanzler ist, der müsste eine repräsentative Umfrage machen und fragen welche Regierungskoalition unter welchem kanzler gewünscht ist.

Einige Umfragen zeigen, dass blau-türkis viel Zustimmung hätte.

Wenn so ein Projekt an den Egoismen der jeweiligen Parteichefs scheitert, ist völlig klar, dass dann andere Mehrheiten zu stande kommen.

Ich persönlich bin der Meinung, dass die Blauen und die Grünen vom schadenspotenzial für mich als Steuerzahler ähnlich einzustufen sind.

Thu, 10/24/2024 - 07:59 Permalink
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Herta Abram Thu, 10/24/2024 - 10:31

In reply to by Oliver Hopfgartner

O.H.
"Ich persönlich bin der Meinung, dass die Blauen und die Grünen vom schadenspotenzial für mich als Steuerzahler ähnlich einzustufen sind."
Ja gehts noch !?
Welche Motivation liegt dahinter, wenn versucht wird: Radikale rechtsextremistische, demokratiezerstörerische, klimakriseleugnerische, wissenschaftfeindliche, rassistische, frauenfeindliche, rückwärtsgewandte, verrohte fpö Ideologie mit dem Grünen- Politik-, Welt- und Menschenbild gleichzustellen? - Ein gleichstellen wollen mit Grünenideologie, die eine ökologisch nachhaltige Gesellschaft anstrebt, die auf Menschenrechte, sozialer Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit,... und konsequenter Demokratie beruht!

Ich werte Ihre Aussage als einen plumpen Versuch faschistisches/nationalistisches Gedankengut zu verharmlosen!!

Guter Move, Herr Bundespräsident!!!

Thu, 10/24/2024 - 10:31 Permalink
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Milo Tschurtsch Thu, 10/24/2024 - 21:49

In reply to by Herta Abram

Es ist zwar sinnlos, Frau Abram denn diejenigen die sich auf "konsequente Demokratie" berufen, wollen diese am wenigsten umsetzen, wenn die Wähler anders entscheiden. Denn wie passen die Attribute( Radikale rechtsextremistische, demokratiezerstörerische, klimakriseleugnerische, wissenschaftfeindliche, rassistische, frauenfeindliche, rückwärtsgewandte, verrohte fpö Ideologie), die sie den 30 Prozent !! der österreichischen Wähler zuschreiben, zur "konsequenten Demokratie" , während die Attribute ( ökologisch nachhaltige Gesellschaft anstrebt, die auf Menschenrechte, sozialer Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit,) die Sie den Grünen zuschreiben zu den von denen erreichten 8,24 Prozent ?
Das wäre eben die "konsequente Demokratie" die es halt anzuerkennen gilt. Aber wie gesagt, sinnlos.
Nur noch eine Frage: Wäre es einer "konsequenten Demokratie" ebenso förderlich gewesen, wenn z.B. ein Bundespräsident Hofer einen potenzielle Wahlsieg der Grünen ignoriert und die zweitplatzierte FPÖ (die sich im Vorfeld mit anderen Parteien zusammengetan hat um die Grünen a priori auszuschließen) mit der Regierungsbildung beauftragt hätte ?
Ich gehe jede Wette ein, da wäre das Geschrei zwecks undemokratischer Verhaltensweise enorm gewesen. Oder etwa nicht?

Thu, 10/24/2024 - 21:49 Permalink
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Oliver Hopfgartner Thu, 10/24/2024 - 22:34

In reply to by Milo Tschurtsch

Milo Tschurtsch, darf ich dir eine Frage stellen? Mich würde nämlich deine Sichtweise dazu interessieren: Wenn die italienischen und österreichischen Bürger zu unmündig sind, um für sich selbst zu entscheiden, ob sie sich gegen etwas impfen lassen wollen oder nicht, wie in Gottes Namen kann man solchen Menschen die Freiheit geben, eine Stimme abzugeben? Denn objektiv betrachtet kann mir doch jemand viel stärker schaden, indem er eine Partei wie die FPÖ oder die Fratelli d'Italia wählt, als es jemand je könnte, indem er sich nicht gegen etwas impfen lässt, oder?
Wie siehst du das? vielleicht hat auch Herta Abram eine Meinung dazu?

Thu, 10/24/2024 - 22:34 Permalink
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Herta Abram Fri, 10/25/2024 - 08:36

In reply to by Oliver Hopfgartner

O.H. Kurzbeschreibung Ihrer Aussagen:
"Die simple Welt der rechtsPopulisten".
Was uns allen weiterhelfen könnte:
Eine Grundlage ist sich seiner Grundwerte bewusst zu werden. Was ist der Mensch für mich? Ist er im Grunde gut oder braucht es doch eine gewisse Kontrolle von aussen? Woraus beziehe ich meine grundlegenden Werte? Religiöse Überzeugungen, humanistische Werte, universelle Menschenrechte...
- Wir haben alle Vorannahmen, die uns nicht bewusst sind und so selbstverständlichsind, dass wir sie weder erwähnen oder infrage stellen. Deswegen braucht es die Bereitschaft - einzeln und im Kollektiv- zu einer persönlichen, psychologischen Weiterentwicklung.

Fri, 10/25/2024 - 08:36 Permalink
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Oliver Hopfgartner Fri, 10/25/2024 - 20:54

In reply to by Herta Abram

Es gibt nicht "den Menschen". Daher ist "der Mensch" weder gut noch schlecht. Vielmehr ist es so, dass jeder Mensch seine individuellen Wertvorstellungen und Ziele hat, aus denen sich entsprechende Handlungen ergeben.

Wenn ich mir die Regierungsbildung in Österreich ansehe, dann sehe ich viele Beteiligte, die ein Egoproblem haben und sich verhalten, wie Kindergärtler oder Grundschüler. Mein Vorteil ist, dass ich von allen Parteien nichts halte, daher belustigt es mich, wenn Leute ernsthaft glauben, es würde einen wirklich relevanten Unterschied machen, ob nun Kickl, Nehammer oder Babler Kanzler wird. Außerdem finde ich es kindisch, wenn Leute unironisch behaupten, Kickl und die FPÖ hätten die Wahl nicht gewonnen oder gar hämische Freude fühlen, wenn es eine Regierung ohne FPÖ-BEteiligung gibt. Diese Leute werden nämlich bei der nächsten Wahl wieder am Boden zerstört sein, wenn die FPÖ weitere 3-4 Prozentpunkte dazugewinnt. Insofern ist die Frage nach der psychologischen Reife und Weiterentwicklungsbereitschaft durchaus treffend.

Fri, 10/25/2024 - 20:54 Permalink