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Society | Pollo der Woche

Spiegelkabinett im Damensalon

Die grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa fordert die Errichtung eines „Saals der Volksvertreterinnen“ im Südtiroler Landtag. Der Vorschlag passt in den Fasching.
Der Beschlussantrag Nr. 744/17-XV wurde am 20. Februar 2017 eingebracht. Erdacht und konzeptiert von Brigitte Foppa. Foppa und ihre Mitunterzeichner die SVP-Abgeordneten Magdalena Amhof, Veronika Stirner, Waltraud Deeg, Martha Stocker, Maria Hochgruber Kuenzer sowie die beiden grünen Männer Hans Heiss und Riccardo Dello Sbarba dürften sich vertan haben.
Der richtige Zeitpunkt für die Vorlage dieses Antrages wäre vier Tage später gewesen: Der unsinnige Donnerstag.
„Eine solche Ausstellung würde nicht nur den Wert von (Südtirols) Frauen in der Politik anerkennen, sondern gleichzeitig den Landtag historisch und kulturell aufwerten“
 
Brigitte Foppa fordert im Beschlussantrag, „im Landtag eine Ausstellung mit Erläuterungen über Frauen in der Südtiroler Politik zu konzipieren, die dafür erforderlichen Recherchen anzustellen und in einem öffentlichkeitswirksamen Raum im Landtagsgebäude einzurichten.“.
Konkret soll ein „Saal der Volksvertreterinnen“ eingerichtet werden, in dem die weiblichen Politikerinnen und die Geschichte der institutionellen Frauenpolitik in Südtirol zur Schau gestellt werden.
Es ist ein unsinniger Vorschlag.
In Zeiten, in denen man Politikern und Politikerinnen jeden Cent neidet, in dem die Wutbürger und -bürgerinnen immer wieder Privilegien entdeckten, die es auszumerzen gilt, in einer Ära, in der immer mehr Menschen die Demokratie als Wurzel allen Übels ansehen, mit Steuergeldern eine amtliche Ahninnengalerie in einem Damensalon finanzieren zu wollen, grenzt an Realitätsverlust.
Ganz gleich wie edel das Ansinnen dahinter auch sein mag.
 
Das Vorbild bzw. der Anlass für die Forderung des Südtiroler Damensalons ist für Brigitte Foppa die „Sala delle Donne“ im Palazzo Montecitorio. Kammerpräsidentin Laura Boldrini hat am 14. Juli 2016 diesen Saal eingeweiht, der den Politik-Pionierinnen Italiens gewidmet ist. Jenen Frauen, die als erste wichtige Ämter in der Republik bekleidet haben.
Die Ausstellung beginnt mit den Porträts der 21 Frauen, die Mitglied der verfassungsgebenden Versammlung waren, gefolgt von den ersten zehn Bürgermeisterinnen Italiens, der ersten Kammerpräsidentin Nilde Iotti, der ersten Ministerin Tina Anselmi und der ersten Regionenpräsidentin Anna Nenna D'Antonio.
Es sind vor allem Frauen zu sehen, die große Politikerinnen und Persönlichkeiten waren. Personen der italienischen und europäischen Zeitgeschichte.
Brigitte Foppa will mit ihrem Beschlussantrag dieses Konzept jetzt auf Südtirol und den Landtag übertragen.
Wie aber würde dieser Südtiroler Damensalon aussehen?
Von 1948 bis 2017 saßen genau 27 Frauen im Landtag. Als erste zwei weibliche Abgeordnete zogen 1964 Waltraud Gebert-Deeg und Lidia Menapace in den Landtag ein. Man darf beide nicht nur als Pioniere der Frauenpolitik, sondern auch als herausragende Personen der Südtiroler Zeitgeschichte bezeichnen.
2003 hat die damalige Landtagspräsidentin Alessandra Zendron eine ausgezeichnete Broschüre mit dem Titel „Frauen und Politik“ ausarbeiten lassen, die auch heute noch bei Landtagsbesuchen verteilt wird. Im Büchlein finden sich nicht nur alle wesentlichen Informationen zum Thema, sondern auch zwei wunderbare, von der Historikerin Siglinde Clementi geschriebene Porträts von Gebert-Deeg und Menapace.
Danach folgen in der Geschichte des Südtiroler Landtages Rosa Franzelin Werth, Maria Bertolini und Grazia Barbiero. Mit der sechstgewählten Landtagsabgeordneten Eva Klotz sind wir dann in der aktuellen Gegenwartspolitik angelangt.
Spätestens damit kann man die Forderung nach einem Saal der Volksvertreterinnen als obsolet betrachten. Ohne jemand nahetreten zu wollen: Ulrike Tarfusser, Christine Mayr oder Rosa Thaler (man kann diese Namen beliebig austauschen) als Vorreiterinnen für Frauenpolitik oder Emanzipation hinzustellen, ist ungefähr dasselbe, wie wenn man Arthur Feicher, Umberto Montefiore oder Gerold Meraner (man kann diese Namen beliebig austauschen) als Herolde der Südtiroler Demokratie ausstellen würde.
 
 
Brigitte Foppa will im Südtiroler Damensalon zudem einen netten Gag aus Boldrinis „Sala delle Donne“ übernehmen. Dort stehen kurz vor dem Ausgang drei Spiegel, die die drei politischen Ämter aufzeigen, die in Italien bisher noch nicht von einer Frau ausgeübt wurden. In den Spiegeln können sich Besucherinnen des Palazzo Montecitorio als zukünftige Staatspräsidentin, Senatspräsidentin oder Ministerpräsidentin erkennen.
Im eingereichten Beschlussantrag heißt es:
„Darüber hinaus könnte auf die Ämter hingewiesen werden, die noch nie von einer Frau ausgeübt wurden – bspw. Landeshauptfrau, Vizelandeshauptfrau, Bürgermeisterin einer großen Stadt oder EU-Parlamentarierin.“
Auch dabei scheinen die Einbringerin und ihre Mitunterzeichner etwas zerstreut gewesen zu sein. Denn Luisa Gnecchi war im Kabinett Durnwalder IV Landeshauptmann-Stellvertreterin (jetzt wird man sagen „nur 2. Stellvertreterin“), mit Claudia Chisté (1994 - 1995) in Meran und Liliana Di Fede in Leifers hatten die zweit- und viertgrößte Stadt Südtirols eine Bürgermeisterin und mit Lilly Gruber hatte Südtirol 2004 auch seine erste Europaparlamentariern. Gewählt im Wahlkreis Rom. Aber doch eine Südtiroler Politikerin und Frau. Oder gilt das nicht?
„In Sachen Gleichberechtigung gibt es in Südtirol und darüber hinaus noch sehr, sehr viel zu tun. Aber nicht im gewissermaßen musealen Bereich, sondern im alltäglichen Leben. Hier sollten die Finanzen und der Einsatz der amtierenden Politiker gebündelt werden.“
 
Eine solche Ausstellung würde nicht nur den Wert von (Südtirols) Frauen in der Politik anerkennen, sondern gleichzeitig den Landtag historisch und kulturell aufwerten“, schreiben die Einbringer des Beschlussantrages.
Braucht es dazu wirklich einen Damensalon mit drei Spiegeln? Ist die Tatsache, dass heute 10 Frauen in der Aula das Landtages sitzen, nicht weit wichtiger? Weibliche Vorbilder und eine klare Frauenpolitik sind wohl die weit bessere Bewusstseinsbildung.
In Sachen Gleichberechtigung gibt es in Südtirol und darüber hinaus noch sehr, sehr viel zu tun. Aber nicht im gewissermaßen musealen Bereich, sondern im alltäglichen Leben. Hier sollten die Finanzen und der Einsatz der amtierenden Politiker gebündelt werden.
Foppa & Co sollen die Spiegel deshalb nicht im Saal der Volksvertreterinnen aufhängen, sondern uns Männer und dieser Gesellschaft vorhalten - immer dann wenn Frauenfeindlichkeit durchscheint oder wir uns so typisch machohaft benehmen.
Das wäre billiger und vor allem weitaus effizienter.