„Sie sind nicht erfreut“
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SALTO: Frau Schmiedhofer Ganthaler, wie haben die Grünen auf Ihren Austritt reagiert?
Johanna Schmiedhofer Ganthaler: Bei der Aussprache der Grünen Fraktion waren die Meinungen sehr entgegengesetzt. Manche begrüßten meine Entscheidung, andere lehnten sie gänzlich ab. Auch schriftlich wurde mir mitgeteilt, dass sie nicht erfreut sind. Ich muss jetzt zu dieser Entscheidung stehen und das mache ich auch.
„In den letzten Jahren ist zu viel asphaltiert worden, jetzt geht man den Weg zurück und entsiegelt wieder.“
Wieso haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?
Die SVP hat mir das Umweltressort angeboten, das mir sehr am Herzen liegt. Ich bin die Mitbegründerin der Biodiversitätsgruppe und wir konnten mit der Gemeinde sehr gut zusammenarbeiten. Es täte mir leid, wenn Hannes Niederkofler (SVP-Stadtrat für Umwelt, Verkehr, Raumordnung und Jugend, Anmerkung d. Red.) diese Zuständigkeit an jemand anderes abgeben würde. Ich übernehme dieses Ressort gerne und kann somit für Kontinuität sorgen.
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Zur Person
Johanna Schmiedhofer Ganthaler ist in Sexten geboren und lebt seit 1982 in Bruneck. Die pensionierte Physiotherapeutin saß für vier Legislaturperioden für die Grünen im Gemeinderat und ist Mitglied der Umweltkommission. Sie wird das Amt der Umweltstadträtin nach dem Rücktritt des ehemaligen Stadtrats Reinhard Weger am 11. September übernehmen. Mit der weiblichen Besetzung erfüllt die SVP-Fraktion auch die gesetzliche Vorgabe, da sich der Frauenanteil im Gemeinderat nach der Nachbesetzung von Hugo Götsch mit Anna Vicentini (Team K) Anfang 2021 erhöht hat.
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Der Schritt bedeutet auch einen Fraktionswechsel…
Das war die Bedingung. Während einer laufenden Legislaturperiode kann man keine Koalitionsgespräche führen. Ich habe mich bei den Grünen sehr wohl gefühlt, ich bleibe weiterhin dieselbe Person und werde mich weiterhin für ökosoziale Themen einsetzen. Es geht um die Sache und die politischen Regeln muss ich akzeptieren, aber im Herzen bleibe ich die gleiche Johanna, die ich immer war.
Wie beurteilen Sie aus dieser ökosozialen Perspektive die Arbeit der SVP in Bruneck der letzten Jahre?
Es ist in der Umweltpolitik vieles passiert und es stehen viele Projekte für die Entsiegelung an. Hannes Niederkofler war ein sehr offener Stadtrat, er hat sich regelmäßig mit unserer Biodiversitätsgruppe getroffen und Expertisen eingeholt, diese Politik möchte ich fortsetzen.
„Es gibt viel zu viel einheitliche Landschaftsgestaltung.“
Also stellen Sie der SVP insgesamt ein gutes Zeugnis aus?
Es ist für mich eine Ehre, dass ich von der Opposition im Gemeinderat in den Gemeindeausschuss geholt werde. Das zeigt, dass meine Bereitschaft der Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg geschätzt wird. Es geht mir um die Sache und ich werde authentisch bleiben.
Sie haben meine Frage nicht beantwortet.
Bruneck ist eine gut verwaltete Stadt. Es wird etwas viel gebaut, ja. Andererseits schreien die Leute nach Wohnraum. In den letzten Jahren ist zu viel asphaltiert worden, jetzt geht man den Weg zurück und entsiegelt wieder. Auch der Bau der Tiefgarage am Schlossberg war in den letzten Jahren in Bruneck ein wichtiges Thema. Innerhalb des Verkehrskonzepts kann ich den Bau heute befürworten.
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Schlossberggarage und Grünflächen
In Oberragen wird eine Tiefgarage mit rund 250 öffentlichen Parkplätzen errichtet, im Gegenzug sollen 684 oberirdische Parkplätze eliminiert werden. Der Bau der Tiefgarage ist Teil des Verkehrskonzeptes Bruneck Ost, damit sollen 69 Prozent des motorisierten Verkehrs wegfallen sowie mehr Platz für Fußgänger und Grünflächen entstehen.
Die Stadt Bruneck legt seit dem Jahr 2012 mit von der EU-geförderten Interreg Projekten „Blühende Städte“, „Schwammstädte Bruneck, Lienz & Pieve di Cadore“ und „Grüne Infrastruktur“ einen Schwerpunkt auf die Biodiversität und die Anpassung an den Klimawandel. Mehrere Grünflächen der Stadt werden naturnahe gestaltet. Auf versiegelten Flächen werden Bäume so gepflanzt, dass sie im Erdreich genügend Raum für das Wurzelwachstum haben („Schwammstadt“-Methode). Damit verlängert sich die Lebensspanne der Bäume um mehrere Jahrzehnte. Der Stadtkern ohne Fraktionen hat rund 1.000 Bäume, ein vollständiges Baumkataster wird derzeit aufgebaut.
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Wie standen Sie früher zur Schlossberggarage?
Ursprünglich waren 600 Parkplätze geplant, nun wird sie bedeutend kleiner. Wenn die Verwaltung etwas vorschlägt und die Bevölkerung ist dagegen, muss man das ernstnehmen.
Ist es also ein Erfolg der Grünen, dass die Schlossberggarage nun kleiner ausfällt?
Sicher haben auch die Grünen dazu beigetragen, dass das Projekt überarbeitet wurde.
Was wollen Sie nun als neue Umweltstadträtin voranbringen?
Die Mitgestaltung der Schrebergärten, der Freizeitzone Bruneck Ost, der Projekte zur Entsiegelung und des Interreg Projekts zum Baumkataster (Interreg Projekt „Grüne Infrastruktur“, Anmerkung d. Red.) haben nun Priorität. Das Wichtigste ist für mich dabei, die Erkenntnisse aus dem Biodiversitätsmonitoring der Eurac zu nutzen, um das Artensterben aufzuhalten. Wir wissen, dass die Gestaltung der Landschaft beim Verlust der Biodiversität eine Rolle spielt. Es gibt viel zu viel einheitliche Landschaftsgestaltung. Mein vorrangiges Vorhaben ist es deshalb, die Artenvielfalt zu schützen, zum Wohl der Menschen, Pflanzen und Tiere.
Was meinen Sie mit Mitgestaltung?
Die Partizipation der Bevölkerung, das ist und war für mich seit jeher wichtig. Mein Erfolg beruht darauf, ich sitze in vielen Gremien und tausche mich mit anderen aus.
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Auch wenn ich als jetzt ehemaliger politischer Weggefährte von Frau Ganthaler versuche, freundschaftlich zu bleiben, komme ich nicht umhin, die Angelegenheit als eine Geschichte von persönlicher Selbstüberschätzung und politischer Naivität von der einen und als Respektlosigkeit von der anderen Seite zu sehen.
Hier eine Stellungnahme der Brunecker Grünen:
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