„Als Türstopper aber durchaus brauchbar“

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SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?
Maria Kampp: "Die Rote Zora" von Kurt Held. Da geht es nicht nur um Abenteuer, sondern um den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit, um Solidarität und Freundschaft, um Randgruppen und um soziale Ausgrenzung. Zora hat meinen Blick geschärft und meine an literarischen Heldinnen eher arme Kindheit enorm bereichert.
Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?
"After a while I went out and left the hospital and walked back to the hotel in the rain." Ernest Hemingway, "A Farewell to Arms". Einer von 47 sagenhaften möglichen letzten Sätzen, für den er sich am Ende entschied.
Wir haben nie zusammengefunden.
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Immer auf Reisen: Maria Kampp im Gespräch mit der Schriftstellerin Maddalena Fingerle, Buchmesse Frankfurt 2024. Foto: Folio Verlag
Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?
"Ulysses" von James Joyce. Wir haben nie zusammengefunden.
Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?
Sich als Leser/in indirekt als Teil der beschriebenen Szenerie zu fühlen, einfach weil sie ihm/ihr bekannt ist, scheint einen großen Reiz auszuüben. Siehe auch Lokalkrimis im TV. Voyeurismus spielt sicherlich auch eine gewisse Rolle.
Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?
Denjenigen der Buchhandlung Heffers in Cambridge und denjenigen meines privaten Umfelds.
Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?
Karl Ove Knausgards Monumentalautobiografie. Als Türstopper aber durchaus brauchbar.
Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?
Sachbücher funktionieren für mich auf dem E-Reader tadellos. Romane grundsätzlich nicht. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich letztere vor allem als Kind und Jugendliche gelesen habe und mit ihnen bis heute Geruch und Haptik des Papiers assoziiere.
Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen?
"Die Erben der Einsamkeit". Habe ich erstmals als Jugendliche gelesen und finde das Buch immer noch spannend.
Maria Kampp, in Heidelberg geboren, landete nach dem Studium der Soziologie und Politologie in Cambridge und London irgendwann in Italien und eines Tages in Südtirol. Lebt als freie Autorin und Übersetzerin in Brixen.
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