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Ortstaxe für öffentliches Schwimmbad

Was Landeshauptmann Arno Kompatscher gesetzlich ermöglicht hat, wusste Elide Mussner in Abtei zu nutzen. HGV-Präsident Manfred Pinzger ist nicht erfreut.
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Foto: ©Oswald Stimpfl
  • Gestern (28.11.2023) hat der Gemeinderat von Abtei beschlossen einen Teil der eingetriebenen Ortstaxe für ein neues öffentliches Hallenschwimmbad zu verwenden. In Südtirol wird damit ein Präzedenzfall geschaffen, da bisher sämtliche Einnahmen aus der Ortstaxe in die Tourismusförderung flossen – ein sich selbst verstärkender Kreislauf, der für regelmäßige Rekorde bei den Gästeankünften sorgte. Konkret sollen nun 50 Prozent der von der Gemeinde beschlossenen Erhöhung zweckgebunden werden. Gesetzliche Grundlage dafür ist das Dekret des Landeshauptmannes vom 31. August 2023, Nr. 30, das am 8. September 2023 in Kraft getreten ist. 

  • Elide Mussner: „Die gesetzlichen Bestimmungen geben nur vor, dass ein Gutachten vorliegen muss, es ist aber nicht bindend.“ Foto: Grüne

    Tourismusreferentin und ehemalige Grüne Landtagskandidatin Elide Mussner feiert den Erfolg: „Das Signal ist klar: Der Tourismus möchte in die Lebensqualität der lokalen Gemeinschaft investieren, die wichtigste Ressource für eine starke, vor allem aber zukunftsfähige Wirtschaft. Es muss die Souveränität der Gemeinden anerkannt werden. Es ist immerhin eine Ortstaxe und damit öffentliches Geld, das an private Tourismusorganisationen und die IDM geht.“ Mit dem Gemeinderatsbeschluss könne Abtei nun mit Mehreinnahmen von rund 500.000 Euro pro Jahr rechnen, die für das neue Hallenbad in der Sportzone von La Villa verwendet werden sollen. 

  • Das Dekret

    Laut Dekret des Landeshauptmanns (31. August 2023, Nr. 30) werden ab 1. Jänner 2024 30 Prozent der Ortstaxe der IDM zugewiesen, 60 Prozent an die lokalen Tourismusorganisationen und 10 Prozent fließen in übergemeindliche und mit der IDM abgestimmte Projekte. 

    Außerdem können die Gemeinden die Ortstaxe auf maximal 5,00 Euro erhöhen, um sie für besondere Vorhaben, sowie für tourismusrelevante Dienstleistungen und Infrastrukturen zu nutzen, sofern ein entsprechendes Gutachten der örtlich zuständigen, im betreffenden Landesverzeichnis eingetragenen Tourismusorganisation vorliegt. Und genau das hat die touristisch hoch entwickelte Gemeinde im Gadertal nun gemacht. 

  • Manfred Pinzger: „Dieser Beschluss ist fernab von allen politischen Zugeständnissen, die bis dato gemacht worden sind.“ Foto: HGV

    Der Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) Manfred Pinzger kritisiert den Beschluss des Gemeinderates in Abtei: „Dieser Beschluss ist fernab von allen politischen Zugeständnissen, die bis dato gemacht worden sind. Gleichzeitig zieht sich das Land bei der Finanzierung der IDM sukzessive zurück und will sie großteils mit der Ortstaxe finanzieren. Alles wird halt nicht gehen. Meines Erachtens gibt es keine gesetzliche Voraussetzung dafür, dass Ortstaxengelder für solche Projekte zweckentfremdet werden.“ 

    Pinzger schließt zwar nicht aus, dass Hoteliers Projekte von allgemeinem Interesse mitfinanzieren, aber nicht auf diesem Weg: „Wenn die Touristiker in einer touristisch hoch entwickelten Gemeinde wie Abtei der Meinung sind, dass ein solches Schwimmbad touristisch relevant ist, dann werden sie sicher einen Weg finden, dieses Projekt mitzufinanzieren. Aber das mit einem Gemeinderatsbeschluss zu machen, kann man keinesfalls akzeptieren.“ Auch der Landesverband der Tourismusorganisationen Südtirols (LTS) spricht sich gegen die Zweckbindung aus. 

  • Vorzeigebeispiel?

    Abtei, einer Gemeinde mit rund 3.500 Einwohner*innen und 10.000 Gästebetten, hat trotz Widerstand einen Präzendenzfall geschaffen. Das entsprechende Gutachten der lokalen Tourismusorganisation „Società Cooperativa Turistica Alta Badia“ liegt SALTO vor. Darin spricht sich die Tourismusorganisation für die vorgeschlagene Erhöhung der Tourismustaxe aus. Die 50-prozentige Zweckbindung der Erhöhung für das Schwimmbad wird hingegen nicht kommentiert. 

  • Die Gemeinde Abtei: In der touristischen Hochburg leben rund 3.500 Menschen, die Beherbergungsbetriebe zählen 10.000 Betten. Foto: Othmar Seehauser
  • „Die gesetzlichen Bestimmungen geben nur vor, dass ein Gutachten vorliegen muss, es ist aber nicht bindend“, erklärt Gemeindereferentin Mussner. Auch Andreas Schatzer, Präsident des Gemeinderverbandes, hält den Gemeinderatsbeschluss in Abtei für rechtskonform: „Das Gesetz sagt eindeutig, dass die Erhöhung der Gemeindeaufenthaltsabgabe auch für tourismusrelevante Einrichtungen und Infrastrukturen der Gemeinde verwendet werden kann, wenn ein Gutachten des Tourismusvereines vorliegt.“ 

  • Andreas Schatzer: „Das war bisher in der Praxis unentgeltlich.“ Foto: web

    Dass Ortstaxengelder auch für öffentliche Projekte genutzt werden können, war ein Anliegen des Gemeindeverbandes, da die Verwaltung der Ortstaxengelder für die Gemeinden einen hohen Arbeitsaufwand darstellt. „Das war bisher in der Praxis unentgeltlich“, sagt Schatzer. „Vor allem in den großen touristischen Gemeinden braucht es dafür eigenes Personal.“

    Der Vorschlag zur Teilfinanzierung des Schwimmbads in Abtei wurde mit zwölf Ja-Stimmen, einer Enthaltung und vier Nein-Stimmen im Gemeinderat angenommen. Während die Mehrheitsparteien geschlossen dafür stimmten, war die Opposition im Gemeinderat gespalten: Eine Stimme war dafür, vier dagegen und eine Person enthielt sich. 

Wenn der Pinzger wettert, so sagt mein Bauchgefühl, ist der Grund darin zu suchen, dass
a) etwas mehr dem Gemeinwohl dient als den Interessen der Hotelierslobby
b) etwas der totalen Kontrolle durch den HGV entgleitet
Also meist gute, interessante Ideen.

Wed, 11/29/2023 - 20:22 Permalink
Bild
Salto User
millo7227

Haben eigentlich nicht all die Luxus Hotels selber Schwimmbäder?
Dann ist das recht ein großes Projekt für 3.500 Einwohner. Wobei der Einheimische ja sowieso nicht Zeit hat um schwimmen zu gehen...er muss ja die Gäste um die Uhr betreuen.
:)
Du liebe Güte!!!!
Aber gut dass man sich im Landhaus untereinander kennt.

Wed, 11/29/2023 - 20:52 Permalink

Liebe Gemeindevertreter von Abtei, liebe Elide Mussner! Gratuliere euch zu eurem Gemeinderatsbeschluss! Das ist Arbeit im Sinne der Bürger und der Touristiker!
Leider ist es so, dass sich die wenigsten Gemeindevertreter getrauen bzw. den Mut haben, mit den oftmals mächtigen Tourismusverbänden in Verhandlung zu treten, bzw. Forderungen zu stellen. Ich finde es aber schade, dass man es in dieser Sache vielerorts versäumt, dass Gemeindeverwaltungen und Tourismus auf Augenhöhe miteinander reden und einvernehmliche Lösungen erarbeiten. Auch in meiner Heimatgemeinde Mühlbach, wo ich gewählte Gemeinderätin bin, und die zu den 10 Gemeinden des Landes mit den meisten Nächtigungen zählt, ist dies verabsäumt worden. Eine Einigung in der Sache wäre aus meiner Sicht relativ leicht erreichbar gewesen. Es geht ja nicht darum, dass die Gemeinde dem Tourismus etwas wegnimmt, die Finger in seine Kasse steckt, wie man mehrfach gehört hat, eine Steuer einheben würde, sondern darum, für welche tourismus-relevanten Ausgaben oder Vorhaben EIN TEIL der famosen Erhöhung durch die Gemeinden verwendet werden soll. Jetzt erschließt die Ortstaxe zum ersten Mal Geldmittel, die nicht nur dem Tourismus, sondern auch dem Ort bzw. den Ortschaften, wie es der Name Ortstaxe schon sagt, zugutekommen können.
Durch die versäumte Chance in Mühlbach, als Gemeinde und Tourismusgenossenschaft als Partner auf Augenhöhe zu agieren, werden für mich beide Seiten gleichermaßen als Verlierer aus dieser Diskussion aussteigen - nicht nur aus finanzieller Sicht, sondern in Bezug auf das öffentliche Ansehen, denn man hat es wieder einmal vorgezogen, die eigene Position zu verteidigen, als aufeinander zuzugehen. Ich bin nicht GEGEN den Tourismus, sondern im Gegenteil FÜR einen Tourismus, der langfristig von der einheimischen Bevölkerung mitgetragen wird. In diese Richtung sollten wir in Zukunft arbeiten - alle gemeinsam auf Augenhöhe! Deswegen liebe Gemeindevertreter anderer Gemeinden, die ihr diesen Beschluss in den nächsten Tagen noch zu fassen habt, seid so mutig wie die Gemeinde Abtei und traut euch aktiv in Verhandlung zu treten, um diese Chance für eure Gemeinden nicht zu versäumen!
Susanne Rieder, Gemeinderätin in Mühlbach

Wed, 11/29/2023 - 21:38 Permalink

Da Herr Pinzger nicht Mitglied des Gemeinderates ist, hat er den Beschluss des Gemeinderates zu akzeptieren.
PUNKT. Amen. Der Rest sind diktatorische Ansprüche. Der HGV hat nicht zu bestimmen, was Gemeinderat A oder Gemeinderat B beschließen.

Wed, 11/29/2023 - 22:54 Permalink

10.000 Gästebetten dürften 3.500 Einwohner*innen irgendwie auch belasten ... wobei viele davon wohl auch davon leben.
Trotzdem ist es eine sehr sympathische und demokratiepolitisch sinnvolle Entscheidung des Gemeinderates, Tourismusgeld im Bürgersinne einzusetzen. Zum Wohle der Gesellschaft und als Entschuldigung / Entschädigung.
p.s. sofort vereinbaren, dass auch die Folgekosten mit einem Ortstaxe-Anteil gedeckt werden. Und ganz genau hinschauen ob da wohl nicht eine kaum,- bis ungenutzte Struktur entsteht. Bozen mit 100.000 Einwohnern hat schließlich auch nur einige wenige semi-öffentliche Hallenbäder und wohl weniger Hotel-Schwimmbäder als Abtei.

Zudem ist dieses Finanzierungs-Beispiel wohl nur in Tourismus-Hochburgen möglich, wo es bis zu 3 Mal mehr Gästebetten als Einwohner*innen gibt.

Wed, 11/29/2023 - 23:15 Permalink

Z W E C K - entfremded, laut Pinzger-A U F S C H R E I ...
Es ist Tatsache, dass in den hoch entwickelten Tourismus-Gemeinden die Beschlüsse des Gemeinde-Rates für Investitionen, fast ausschließlich für das W O H L - F Ü H L E N der Gäste gefasst werden.

Thu, 11/30/2023 - 05:54 Permalink

Elide Mussner hat die Chance, wie sich Südtirol endlich von der (totalen) Selbstunterwerfung unter die "Verbände" lösen kann, super aufgenommen!!!

An die Pinzgerischen-Rinnerischen usw. im Geiste: Ihr seid auch nur wie wir!
Und lasst euch gesagt sein, ihr stellt nur einen Teil der Südtiroler Bevölkerung da!
Ihr seht, da gibt es noch einen Teil innerhalb Südtirols , der die über Jahre gepflegte Dämonisierung der Sozialdemokratie nicht mehr glaubt! Neuanfang für Südtirol?!

Thu, 11/30/2023 - 08:06 Permalink

Alles Lügner und Heuchler
Bettenstopp??
Ortstaxe??
IDM braucht kein Mensch
Viele setzen sich für einen Bettenstopp ein, wem triffts , die kleinen bis zu 100 Betten.
Ortstaxe sollte nur für den Tourismus eingestzt werden, wie weit soll sie noch steigen um Vereine wie dem IDM zu finanzieren,in Norditalien ist unser Land der Vorreiter was sich mit der Zeit negativ auf den Taurismus auswirken wird.
Alle wollen ein Teil der Ortstaxe sogar die Bauern wollen den grünen Euro , trotz aller Subentione welche sie schon bekommen.
Ungerechte Steuer soll abgeschafft werden, denn wenn sie nur dazu dient kranke Aufstiegsanlagen künstlich zu erhalten,ist es unnütz.

Thu, 11/30/2023 - 10:56 Permalink

Pinzger hat vollkommen RECHT, wenn er in jedes Mikrophon hineinschwärmt, was Frau Elide Mussner doch für eine tolle Frau mit Realitätssinn, Kompetenz und (touristischen) Visionen für Südtirol ist. Ach, Pinzger schwärmt nicht und darüber schon mal überhaupt nicht? Alles muss man selber machen!

Thu, 11/30/2023 - 20:47 Permalink