Cronaca | Hausbesetzung

CasaPound besetzt altes Schulgebäude

Aktivisten der rechtsextremen Bewegung haben am Vormittag in Bozen im Kuepachweg ein Haus besetzt. Was steckt dahinter?

Wäre es der 1. April, man wäre versucht, die Meldung als Scherz beiseite zu legen. Doch das, was der Bozner Ableger der CasaPound am frühen Nachmittag des 1. Juli auf seiner Facebook-Seite verkündet, lässt ein aufkommendes Lachen einfrieren. “Heute Vomittag hat eine Gruppe von CasaPound-Militanten gemeinsam mit einigen Bürgern, die sich in einer Ausnahme-Wohnsituation befinden und einigen Anrainern, die alte Schule im Kuepachweg besetzt.” Das Gebäude – es handelt sich dabei um das ehemalige Lehrlingsheim St. Josef in Haslach – werde derzeit illegal von Einwanderern besetzt und sei seit über zehn Jahren dem Verfall ausgesetzt. Und das, obwohl es zu gleichen Teilen dem Land und dem WoBi gehöre. Auch weil die Provinz seit geraumer Zeit keine Antwort auf die Situation gegeben habe, hätten sich die CasaPound-Aktivisten zu der Hausbesetzung entschlossen, teilen diese mit. Bereits im vergangenen Winter war das Gebäude schon einmal okkupiert worden – von den Mitgliedern der Jugendorganisation von CasaPound, dem Blocco Studentesco.

“Prima gli italiani!” (“Zuerst die Italiener”). mit diesem Slogan hatte CasaPound bereits ihre Kampagne zu den Gemeinderatswahlen beworben. Derselbe Spruch ist auf den Transparenten zu lesen, die die Hausbesetzer an den Fenstern des Gebäudes befestigt haben. Sie wollen es “aufwerten und der Stadtbevölkerung zurück geben”, so die Rechtfertigung für die Blitzaktion.

Con le istituzioni che lasciano sulla strada i propri cittadini, preoccupandosi di trovare alloggi per gli immigrati non possiamo tollerare questo ennesimo spreco di denaro pubblico di una struttura che potrebbe ospitare padri separati, disoccupati e famiglie o coppie italiane in difficoltà. (CasaPound Bolzano auf Facebook)

Wo Institutionen und Staat versagen, sieht sich also CasaPound in der Verantwortung, den Bürgern zu helfen. Den italienischen Bürgern, wohlgemerkt. Die Schwäche der öffentlichen Hand auszunützen gehört zu einer der Strategien, mit der die rechtsextreme CasaPound in ganz Italien um Akzeptanz buhlt. Mit nicht wenig Erfolg. So waren Aktivisten der 2003 gegründeten Bewegung unter den ersten, die 2012 nach dem Erdbeben in der Emilia Romagna vor Ort waren. In Bozen werden Lebensmittel für bedürftige (italienische) Familien gesammelt, Decken an Obdachlose verteilt und illegale Müllhalden beseitigt. Alles unter dem Deckmantel der Solidarität. Doch wird bei aller Hilfsbereitschaft häufig und gern vergessen, wo CasaPound ideologisch steht. In einem Bericht, den das Osservatorio contro i fascismi del Trentino-Alto Adige-Südtirol Anfang dieses Jahres veröffentlichte, wird die Grundhaltung von CasaPound eindrücklich aufgezeigt:

Sotto la patina di movimento nazionalista, rispettabile e democratico, si nasconde un gruppo organizzato che pratica la violenza in maniera metodica come mezzo di sopraffazione, utile a mettere a tacere i nemici politici e, contemporaneamente, a disegnare la società desiderata (...) dove difficilmente possono trovare posto antifascisti, immigrati, gay e tutti coloro che non sono riconducibili all'idealtipo del cittadino bianco e patriota. (Auszug aus dem Bericht)

“Holen wir uns Bozen zurück!”, so eine erste Reaktion des Bozner CasaPound-Gemeinderats Andrea Bonazza nach der Besetzung des alten Schulgebäudes. Mit ihrer Aktion hat die Bewegung, wahrscheinlich ganz nach Plan, für Aufsehen gesorgt.

Kurz nach dem Bekanntwerden der Hausbesetzung waren auch schon die ersten Polizeibeamten vor Ort. Derzeit scheint sich die Lage beruhigt zu haben. Die Sicherheitskräfte sind mittlerweile abgezogen. Die Transparente hängen immer noch. Alles halb so schlimm? Der Facebook-Post von CasaPound Bolzano wurde inzwischen über 400 Mal geteilt. Knapp 600 Personen haben “Gefällt mir” darauf geklickt. Es sind weniger die Einzelaktionen als die breite Resonanz und vermehrte Akzeptanz, auf die die erklärten “Faschisten des Dritten Jahrtausends” in der Gesellschaft stoßen. Den Beweis dafür lieferte nicht zuletzt Andrea Bonazza. Er zog am 10. Mai als meist gewählter Kandidat der italienischen Rechts- und Mitte-Rechts-Parteien in den Bozner Gemeinderat ein.

Wie am Donnerstag Morgen bekannt wurde, hat WoBi-Direktor Heiner Schweigkofler bereits Anzeige wegen illegalen Betretens eines Privathauses erstattet. 2016 soll dort, wo das Gebäude steht, ein Neubau mit knapp sechzig Sozialwohnungen errichtet werden.

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Mensch Ärgerdi… Mer, 07/01/2015 - 18:24

Also halten es die Ordnungskräfte nicht für nötig die Transparente zu entfernen? Wie wäre es mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch von Seiten des Landes? Oder darf jeder tun und lassen was er will?

Mer, 07/01/2015 - 18:24 Collegamento permanente
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gorgias Mer, 07/01/2015 - 19:33

>Was steckt dahinter?<
Blöde Frage, die wollen sich da nieder machen! Wehret den Anfängen!

> Alles unter dem Deckmantel der Solidarität. <
Das ist kein "Deckmantel", der Faschismus hat eine soziale Komponente. Natürlich kombiniert mit rassistischer und nationalistischer Diskriminierung, versteht sich.

Mer, 07/01/2015 - 19:33 Collegamento permanente
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Salto User
Sepp.Bacher Mer, 07/01/2015 - 21:59

Schade, dass man das alte Lehrlingsheim (aus den Sechsziger-Jahren), das dann auch noch Schulen und Kurse beheimatet hat, mehr als 10 Jahre leer stehen lässt. Das nicht weit entfernte Haus "Casa del Giovane Lavoratore" hat auch im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Zweckbestimmungen gehabt, aber seit mehreren Jahren hat es wieder seine ursprüngliche: eine Unterkunft für junge Berufstätige ohne Unterkunft. Und das sind heute meist die jungen männlichen Einwanderer. Trotzdem leben viele davon immer noch in prekären Unterkünften oder unter der Brücke - und das Land lässt ein zu diesem Zweck gebautes und lange vom Sozialwerk KVW geführtes Haus einfach verkommen. Wenn es nicht die Jungfaschisten wären, die diese Aktion gemacht haben, würde ich applaudieren!

Mer, 07/01/2015 - 21:59 Collegamento permanente