Cultura | Universität

"Längst kein Elfenbeinturm mehr"

Was kann die Universität für die lokale Gesellschaft leisten? Uni Bozen und Landesregierung schaffen zwei neue Plattformen, um das herauszufinden.
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Foto: unibz
Die Universität Bozen will sich lokal stärker vernetzen und schafft dazu zwei neue Stellen. Waltraud Kofler Engl, bisher Direktorin im Amt für Denkmalpflege wird eine Plattform im Bereich Kulturerbe und Kulturproduktion leiten, der ehemalige Schulamtsleiter Peter Höllrigl eine im Bereich Bildung. Der Zweck der Plattformen ist ein verbesserter Austausch mit der Landesregierung und mit „dem Territorium“.

Bildung und Kultur - auch als Wirtschaftsfaktoren wichtig​

Damit gehören die Plattformen zur „Third Mission“ der Universität Bozen. So nennt man das, wenn sich Universitäten nicht nur mit Forschung und Lehre beschäftigen, sondern einen direkteren Mehrwert für die Gesellschaft schaffen sollen. „Als Universität sind wir im Land verwurzelt und wollen dabei helfen, lokale Problemstellungen zu erkennen und zu lösen.“, sagte die Präsidentin der Universität Bozen Ulrike Tappeiner auf der heutigen Pressekonferenz, bei der die Plattformen vorgestellt wurden. Landeshauptmann Arno Kompatscher betonte insbesondere die Wichtigkeit von Bildung und Kultur als Wirtschaftsfaktoren, zum Beispiel für den Tourismus. Hier könne die Universität wertvolle Impulse für das Land geben: "Die Universität ist längst kein Elfenbeinturm mehr."
Waltraud Kofler Engl sieht Kulturerbe und -produktion allerdings nicht auf den Bereich der lokalen Tradition beschränkt. „Auch neue Mitbürger nehmen Bruchstücke der Kultur ihrer Herkunftsländer mit“. Aus der Auseinandersetzung damit verspricht sich die zukünftige Plattformleiterin Integration und kulturellen Dialog.

Kofler Engls Erbe​

In ihrer Vergangenheit in der Landesverwaltung war Waltraud Kofler Engl als engagierte und kritische Stimme aufgefallen – diese unbequemen Eigenschaften wurden auch in den Zusammenhang mit der Umstrukturierung des Landesdenkmalamts 2015 gebracht, durch die Kofler Engls Zuständigkeitsbereich verkleinert wurde. Heute lässt sie keine Ressentiments durchblicken: „Ich denke, die Universität bietet einen Denkraum, der freier ist, als man es in der Bürokratie der Landesverwaltung gewohnt ist, ich nehme aber aus meiner 32-jährigen Tätigkeit dort sehr viel mit und hoffe auf Kooperationen.“ Eine Ausstellung zur faschistischen Architektur in Asmara, Eritrea, und ein Projekt zum Erhalt alter Handwerkstechniken sind als erste Projekte geplant – Kofler Engls Tätigkeit startet am 1. September.

Neuigkeiten in der Lehrerbildung​

Die Plattform Bildung gibt es hingegen schon seit April. Peter Höllrigl strebt an, Universität, Schulen und Kindergärten besser zu vernetzen, zum Beispiel, um die letzteren als Forschungspartner der Uni zu gewinnen, aber auch, um die Fragestellungen, die sich aus dem Schulbetrieb ergeben, an der Universität gehört zu machen. Ein erstes Beispiel: 
Durch eine Durchführungsbestimmung im Rahmen der Reform „La buona scuola“ hat das Land Südtirol im Januar 2018 neue Zuständigkeiten im Bereich Lehrerbildung erhalten. "Was genau macht den lokalen Bedarf aus? Und was kann die Universität leisten? Die Bildung der Berufsschullehrer wird zum Beispiel in der Fakultät für Bildungswissenschaft angesiedelt. Und die Plattform beteiligt sich an der Arbeitsgruppe zu diesem Thema.", sagt Peter Höllrigl.

Ein-Personen-Betriebe

Im Moment bestehen die Plattformen nur aus den Leitern, die vor allem Netzwerkarbeit betreiben sollen. Mitarbeiter wird man dann noch je nach Bedarf dazuholen, im Bereich Kulturerbe und -produktion sucht man im Moment nach einem/r Anthropologen/in. Die Plattformen kosten im Moment also genau das Gehalt von Höllrigl und Kofler Engl. Genaue Zahlen will die Universität Bozen nicht nennen, das Gehalt entspräche ungefähr dem, was die beiden vorher in ihren leitenden Positionen in der Landesverwaltung bekommen haben.