Politik kann Spaß machen
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Auf dem ersten Blick wirkt es wie ein Märchen, einem, in dem Magie durchaus eine Rolle spielt, denn der rasche politische Aufstieg von Sebastian Kurz seit dem Jahr 2010 konnte nicht mit rechten Dingen zugehen – tat er auch nicht, wie wir heute wissen. Die Polit-Karriere von Kurz ist ein sorgfältig geplantes Konstrukt, Betrug, Korruption und Einschüchterung inklusive. Dass er es zwei Mal (!) zum Kanzleramt schaffte, ist kein Zufall. Zwar mag es der Wille seiner Wähler*innen gewesen sein, doch die waren entweder blind oder naiv genug um zu glauben, dass der junge Konservative wirklich der türkise Messias ist, als der er sich ausgab. Seine Methoden, von anderen Staatschefs Marke Orban, Trump oder Bolsonaro teils übernommen, beinhalteten die gezielte Manipulation von Umfragen, die ideologische Ausrichtung diverser Medien, sowie Drohgebärden im Falle einer ausbleibenden Kooperation mit der in Österreich damals stärksten Kraft ÖVP. Kurz brachte alle in der Partei auf seine Linie, „Message Control“ ist der englische Begriff dafür, er meint, dass kein Wort ohne das Wissen und die Freigabe der Partei, und die ist Kurz, nach draußen dringen darf. Die ÖVP unter Kurz wollte sich als geeint präsentieren, nur zum Zweck, ihren einstigen Schützling nach vorne, respektive nach oben zu bringen. Als solch ein Schützling, ja beinahe als Welpe begann Sebastian Kurz bei der Jungen ÖVP. Berühmt-berüchtigt ist heute der Wahlkampfauftakt unter dem Motto „Schwarz macht Geil“, und dem „Geilomobil“. An Peinlichkeit kaum zu überbieten misslang zunächst der erhoffte Sprung, die Partei griff dem aber dann selbst unter die Arme. Kurz wurde zunächst Integrationsstaatssekretär, im Alter von 25 Jahren. Nur zwei Jahre später war er bereits Außenminister, der jüngste in der Geschichte des Landes. Der weitere Weg wurde forciert, die ÖVP umgebaut, ein vermeintlicher Neustart unter dem Parteichef Kurz sollte eben jenen zum Kanzler machen. Es folgten Jahre der am Rande der Illegalität, oder kurz darüber hinweg geschielten, konservativen Politik. Ibiza geschah, der kurzlebige Fall der FPÖ, bis hin zu den Hausdurchsuchungen bei der ÖVP, die mit dem Vorwurf auf Bestechlichkeit, einem baldigen Prozess, und letztlich mit dem Ende der Ära Kurz schloss.
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(c) Kurt Langbein
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Gegen das Vergessen
Soweit, so in den Archiven, bald schon in den Geschichtsbüchern nachzulesen, sofern sie nicht von der ÖVP geschrieben werden. Kurt Langbein gibt sich in seinem Film „Projekt Ballhausplatz“ nicht als investigativer Journalist. Er deckt nichts auf, sondern erinnert bloß. Er fasst zusammen, trägt zusammen, was in der Fülle an unglaublichen Aufdeckungen und Erkenntnissen vielleicht verloren ging. Kompakt in knapp zwei Stunden erzählt er chronologisch die Geschichte des Politikers Kurz, und auch nur das. Privates bleibt außen vor, nicht der schlechteste Ansatz für eine Dokumentation wie diese. Zu Wort kommen nebst zahlreichen Archivaufnahmen, in denen Kurz selbst spricht, Mitglieder der Opposition, vor allem der NEOS, FPÖ und der SPÖ, einige ehemalige, Kurz-kritische ÖVPler sind auch mit dabei, ebenso wie eine Handvoll Journalist*innen und Expert*innen. Sie alle attestieren Kurz kein positives Zeugnis, teilen ihre Einschätzungen mit und ordentlich Kritik aus. Pro-Kurz-Stimmen kommen im Film keine zu Wort. Das liegt aber nicht am Unwillen Kurt Langbeins, der durchaus namhafte ÖVP-Politiker*innen für ein Interview anfragte, auch Kurz selbst, die jedoch alle ablehnten, durch ihr Schweigen weiterhin Zustimmung zu der unlauteren Politik des Ex-Kanzlers geben. Im Gegenteil nutzt etwa der ehemalige Strache-Gefährte Johann Gudenus (Teil des Ibiza-Videos) die Plattform des Films, um gegen Kurz auszuteilen, gleichzeitig seinen eigenen Ruf betont mild auftretend wiederherzustellen. Kurz selbst hätte die Möglichkeit gehabt, sich zu verteidigen, sich zu rechtfertigen, doch er hat sie nicht genutzt. Lieber gab er sich für einen weiteren Film über seine Person her, der schlicht „KURZ“ heißt, und nur wenige Tage vor Langbeins Dokumentation aus dem Nichts heraus angekündigt, und in den österreichischen Kinos veröffentlicht wurde. Selbstredend ist jener zweite Film sehr viel positiver, inhaltlich eine ÖVP-Werbeveranstaltung. Im Sinne der ernsthaften Auseinandersetzung mit der Person Kurz darf er getrost ignoriert werden. Lieber sollte man dem Mahner Langbein die eigene Aufmerksamkeit schenken, sich trotz all dem vorhandenen Wissen erinnern, sich besinnen lassen. „Projekt Ballhausplatz“ erzählt nicht von einem großen Politiker, der Film erzählt von Skrupellosigkeit, Machtmissbrauch, dem Talent, die Wählerinnen und Wähler zu verführen, nicht nur in Österreich, sondern auch in Südtirol, wo Kurz viele Freunde hatte und noch immer hat, und letztlich von der Gefahr des Konservatismus, der sich nicht erst seit Kurz in Europa und der Welt ohne Umwege weiter nach rechts, und gleichzeitig, in die Mitte der Gesellschaft bewegt.
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