Dorfmann verteidigt das gute Glas Wein

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Während sich das Fachpublikum auf der größten Weinmesse der Welt, der Vinitaly in Verona, tummelt, muss sich SVP-EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann dem Vorwurf stellen, die Interessen der Weinwirtschaft vor den Schutz der Gesundheit zu ziehen. Auslöser ist eine Dokumentation des Bayerischen Rundfunks zum Thema Alkohol-Regulierung auf Ebene der Europäischen Union (EU). Laut Dorfmann sei die Dokumentation „einseitig und tendenziös“, er habe deshalb auf eine Stellungnahme gegenüber dem Fernsehsender verzichtet.
Dabei ist die Sachlage eigentlich nichts Neues: Schon seit dem Jahr 1988 ist bekannt, dass Alkohol nicht nur süchtig machen, sondern auch Krebs verursachen kann. Das hat vor mehr als 35 Jahren das Internationale Krebsforschungszentrum der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgestellt und das beliebte Genussmittel als Karzinogen der Höchstrisikogruppe eingestuft, zu der auch Tabak oder Asbest gehören.
Seitdem fragen sich immer mehr Menschen, ob ihnen ein gutes Glas Wein das Krebsrisiko wert ist. Und zwischen der Alkoholindustrie und Organisationen, die sich für den Schutz der Bevölkerung und ihre Gesundheit einsetzen, hat ein erbitterter Machtkampf eingesetzt. Als vor drei Jahren der Abschlussbericht des Sonderausschusses zur Krebsbekämpfung (BECA) im Europäischen Parlament verabschiedet wurde, witterte die Alkoholindustrie deshalb wenig überraschend eine Gefahr für das eigene Geschäftsinteresse. Daraufhin setzten sich gleich über 150 Abgeordente des EU-Parlaments fraktionsübergreifend für Änderungsanträge ein, um brisante Aussagen aus dem BECA-Report zu streichen. Federführend war dabei auch der Südtiroler EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann (SVP).
„Wenn so getan wird, als wäre jedes Glas Wein Gift, dann finde ich das absurd.“
Am 16. Februar 2022 stimmte die Mehrheit des EU-Parlaments in Straßburg dafür, dass die Änderungsanträge für den BECA-Report angenommen werden. Die Aussage der WHO „es gibt keine sichere Menge von Alkoholkonsum“ wurde zu „die sicherste Menge von Alkoholkonsum ist keine“ umformuliert. Anstatt Warnhinweise auf die Flasche zu kleben, plädiert der Bericht für Informationen zu einem gemäßigten Alkoholkonsum. Und Alkoholwerbung und Sponsoring sollen bei Sportveranstaltungen nur dann verboten werden, wenn die Veranstaltung hauptsächlich von Minderjährigen besucht wird.
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„Im Vorfeld wurden die Abgeordneten darauf aufmerksam gemacht, dass hier Alkohol verboten werden soll, die Kultur angegriffen wird oder dass sogar Sportevents wegfallen könnten“, erklärt die deutsche EU-Abgeordnete Manuela Ripa (Ökologisch-Demokratische Partei) gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Vor der Abstimmung folgte auch ein Redebeitrag von Dorfmann, um die Änderungsanträge zu verteidigen. „Da geht es nicht um Lobbyismus, da geht es nicht um Verwässerung, sondern darum, dass wir uns für einen moderaten Konsum einsetzen könnten, die Prohibitionspolitik hat uns noch nie was gebracht“, erklärte er im Plenum.
Auch gegenüber SALTO sagt der EU-Parlamentarier, dass er sich für „eine klare Unterscheidung von normalen Konsum und Missbrauch von Alkohol“ eingesetzt habe. „Das fehlte in der ursprünglichen Fassung des BECA-Reports, es wurde alles über einen Kamm geschoren. Mir ist durchaus bewusst, dass Alkohol eine Droge ist und er leider auch viele gesundheitliche Probleme mit sich bringen und unter anderem Krebs fördern kann“, so Dorfmann.
„Viele Studien von seriösen Medizinern belegen aber, dass es bei einem normalen Alkoholkonsum diese gesundheitlichen Bedenken nicht gibt. Ich stehe deshalb zu diesen Änderungsanträgen und habe auch darum gekämpft, dass sie eine Mehrheit haben“, erklärt der EU-Abgeordnete. „Die Europäische Union produziert zwei Drittel des Weins auf dem Weltmarkt und die Weinwirtschaft ist in Italien für Zehntausende Familien die Lebensgrundlage, auch in Südtirol. Zudem prägt der Weinanbau die Landschaft Italiens. Wenn so getan wird, als wäre jedes Glas Wein Gift, dann finde ich das absurd.“
„Im Kampf zwischen David und Goliath sehe ich es als Erfolg, dass das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung gewachsen ist.“
Peter Koler, Direktor beim Forum Prävention in Bozen und Präventionsexperte, plädiert hier für einen Kompromiss: „Alkohol gehört in vielen EU-Ländern und auch in Südtirol zur Kultur. Deswegen rate ich von einer aggressiven Bewerbung des Gesundheitsrisikos wie bei Zigarettenpackungen ab“, erklärt Koler. Er schlägt vor, die Gesundheitsinformationen bei Flaschen mit alkholhaltigen Getränken hinten am Etikett anzubringen.
„Im Kampf zwischen David und Goliath sehe ich es als Erfolg von nicht Gewinn orientierten Organisationen wie dem Forum Prävention, dass heute der Alkoholkonsum gerade bei jüngeren Menschen gesunken und das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung gewachsen ist“, erklärt der Präventionsexperte. Das färbe auch auf das Marketing der Alkhollobby ab. „Heute werben sie nicht mehr damit, dass Bier wie Wasser ist, sondern auch viele Unternehmen setzen sich für einen gemäßigten und bewussten Konsum von Alkohol als Genussmittel ein.“
Die Frage der Alkohol-Warnhinweise bleibt damit weiterhin offen. Das ist auch der Grund, wieso sich das Konsortium Südtirol Wein derzeit auf Anfrage nicht zu dem Thema äußern will. Es fehle ein konkreter Vorschlag, der über den BECA-Report hinausgeht. Die EU ist übrigens nicht nur der größte Weinproduzent, sondern auch Spitzenreiter im Alkoholkonsum. Laut WHO trinken über 15-Jährige in Europa im Schnitt rund 9,2 Liter reinen Alkohol pro Jahr – gleich viel wie in 368 großen Bier enthalten ist. Weltweit beträgt der durchschnittliche Konsum von Reinalkohol 5,5 Liter pro Jahr.
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Über die Kommentare von…
Über die Kommentare von Dorfmann wird der Großteil seiner Wähler wohl nicht sehr zufrieden sein,da diese Wähler wohl zu 50 % Obst und Weinbauern waren.
Etwas off topic, aber was…
Etwas off topic, aber was ist mit der automatischen Silbentrennung auf salto los? Keine gute Visitenkarte. Wenn so recherchiert würde, wie Wörter getrennt werden, dann gute Nacht.
In risposta a Etwas off topic, aber was… di Martin Sitzmann
Wohl neidisch auf Salto ?
Wohl neidisch auf Salto ?
ALKOHOL ist ein Gift, ein…
ALKOHOL ist ein Gift, ein krebserregendes Gift.
Bravo Herr Dorfmann, sie machen ihre Lobbyarbeit!
Aber Gift bleibt Gift!!
Dorfmann, von der Leyen …
Dorfmann, von der Leyen ... was soll's, Vertreter eben, im klassischen Sinn.
Dorfmann wird wohl selber…
Dorfmann wird wohl selber ein gutes Glas Wein trinken,die Flaschen mit Inhalt wird er von der Weinlobby gratis bekommen,oder nicht???
Dazu ist freilich zu sagen,…
Dazu ist freilich zu sagen, dass jeder aufgeklärte Bürger heute wissen müsste, dass Alkohol der Gesundheit nicht förderlich ist. Auch nicht mehr das Glas Rotwein zum Essen! Darüber dürfen wir Bürger streiten & diskutieren wieviel und wie oft wir wollen.
Trotzdem muss nicht alles geregelt und reglementiert werden. Die Aufgabe der Politik und der Medien ist es aufmerksam zu machen. E basta!
Ich werde so oder anders nicht auf dieses eine (oder zwei) Gläser guten Wein pro Woche verzichten. Und beim Bier sind wie eh längst soweit, dass es exzellente alkoholfreie Bier mit extrem gutem Geschmack gibt. Somit mir eigentlich egal was der Dorfmann in Brüssel so verzapft.