„Dem Bürger zu Recht verhelfen"
Salto.bz: Frau Obergasser, was macht eigentlich genau das Inca-Patronat?
Anny Obergasser: Der Gewerkschaftsbund CGIL/AGB bietet bestimmte Dienstleistungen an, von denen eine der wichtigsten das Patronat ist. Im Patronat werden alle Angelegenheiten in der Vor- und Fürsorge behandelt, also sprich alles, was das Arbeitslosengeld anbelangt, die verschiedenen Kindergelder, oder Anträge für Elternzeiten. Eine unserer Hauptangelegenheiten sind die Renten: Dieses Thema wird schnell unterschätzt und entsprechende Vorsorge wird häufig erst spät getroffen, aber eigentlich ist es auch schon in früheren Lebensabschnitten, sobald man nämlich ins Berufsleben einsteigt, sehr wichtig. Daher beraten wir in diesem Zusammenhang und kümmern uns ebenfalls um die relative Antragsstellung. Es müssen Versicherungsbeiträge eingezahlt werden, und diese müssen auch kontrolliert werden. Wir liefern ebenfalls Informationen darüber, ab wann und wie jemand Anrecht auf eine Rente hat.
Durch die Pandemie ist das Arbeitslosengeld bei manchen Leuten längst ausgelaufen, Versicherungs- und Rentenbeiträge können nicht mehr eingezahlt werden.
Das heißt, Sie beraten Bürger in diesen bürokratischen Angelegenheiten?
So ist es, viele nennen es auch den bürokratischen Dschungel. Durchschnittlich bearbeiten wir im Inca Patronat 55.000 Anträge im Jahr, für Alles, was Vorsorge und auch Arbeitsunfälle und Gesundheit im Allgemeinen betrifft. Wir sind eine Beratungsstelle für Bürger, um ihnen in bestimmten Lebenssituationen aufzuzeigen, welche Möglichkeiten der finanziellen Hilfeleistungen ihnen zur Verfügung stehen. Ganz wichtig ist uns auch die Beratung von Eltern. Wenn heute ein junges Paar Nachwuchs bekommt, gibt es viele Leistungen, die beantragt werden können. Aber es ist recht kompliziert, sich bei all den verschiedenen Unterstützungen zurecht zu finden. Mutterschaftsgeld, Geburtenprämie, Familiengeld…. Dann gibt es auch noch Zusatzleistungen. Wir hoffen in Zukunft auf eine einheitliche und effektive Unterstützung für Familien, und nicht zig verschiedene Leistungen, wie wir sie momentan haben. Es ist gut, dass die Eltern nicht allein gelassen werden und sich für die Antragstellung an ein Patronat wenden können.
Und wie sieht es momentan mit Coronahilfen aus?
Es gibt in der Pandemie viele Zusatzleistungen, mittlerweile spricht man ja nur noch von „Bonus“. Diese sind auch für uns von Bedeutung, weil sich an uns viele Bürger wenden, die ihre Arbeit verloren haben, die zurzeit kein Einkommen haben, die nicht wissen, wann sie wieder anfangen können zu arbeiten und wie sie diese schwierige Zeit überbrücken können. Das Arbeitslosengeld ist längst ausgelaufen, Versicherungs- und Rentenbeiträge werden nicht mehr eingezahlt. Auch wenn es keine optimale Lösung ist, dass diese Personen momentan stets nur einmalige Zahlungen, also den „Bonus“ erhalten, ist es immerhin etwas. Saisonsangestellte beispielsweise, die momentan keine Tätigkeit ausüben und keine Leistungen beziehen, konnten bis Mai um Finanzierungen ansuchen (2.400 Euro insgesamt, also 800 Euro über drei Monate hinweg), für die jetzt auch eine Verlängerung vorgesehen ist. Zudem können innerhalb Juni alle befristeten Angestellten in der Landwirtschaft um einen Bonus ansuchen. Und dann gibt es die Corona-Hilfe für Südtirol: Viele Leute haben in den Monaten Januar bis April schon die entsprechenden Anfragen eingereicht, bisher über die Bezirksgemeinschaften oder direkt über SPID.
Wir hoffen, jetzt mehr Klarheit zu schaffen.
Und nun wird für diese Südtiroler Coronahilfen ab nächstem Monat auch das Patronat zuständig sein?
Ja, ab dem 11. Juni können jetzt die neuen Covid-Leistungen von der Provinz Südtirol auch über unser Patronat eingereicht werden. Sie können von ArbeitnehmerInnen, aber auch von Selbstständigen, FreiberuflerInnen, GelegenheitsarbeiterInnen mitsamt ihren Familiengemeinschaften mit Wohnsitz in Südtirol angefragt werden.
Wie ist die Resonanz von Bürgerseite auf die Coronahilfen?
Es gab viele Anfragen. Die Bezirksgemeinschaften nehmen schon keine Anträge mehr an und verweisen bereits auf die Patronate. Die Bürger fragen sich nun, wo sie hingehen müssen, oder auf wieviel Unterstützung sie Anrecht haben. Es wurde zwar kommuniziert, dass die Leistung weiterbezahlt wird, aber nachdem diese Zeiten unsicher sind, sind Viele bei bürokratischen Komplikationen in Sorge. Deshalb hoffen wir, jetzt mehr Klarheit zu schaffen und den Bürgern schon Termine vergeben zu können, wenn wir ab 11. Juni dann die Anträge stellen können.
Es war wichtig, dass die Provinz ein Hilfspaket in die Wege geleitet hat.
Würden Sie sagen, dass sich die Arbeit im Inca-Patronat durch Corona verändert hat?
Ja, sehr. Vor allem, weil es so viel Unsicherheit unter den Menschen gab. Viele Personen haben die Arbeit verloren, zum Beispiel im Gastgewerbe. Nachdem viele am Anfang der Pandemie um Arbeitslosengeld angesucht haben, wurde sofort der Bonus von 600 Euro im Monat ausbezahlt, und dann waren alle erst einmal relativ beruhigt. Im letzten Frühjahr gab es ja noch die allgemeine Hoffnung, im Sommer die alte Tätigkeit unter normalen Umständen wieder aufnehmen zu können. Im Herbst hatten dann viele kein Anrecht mehr auf das Arbeitslosengeld. Man hoffte immer noch darauf, dass man im Winter wieder arbeiten könnte. Als das dann auch nicht erfolgte, war das an so mancher Stelle ein Grund zur Besorgnis. Deshalb war es wichtig, dass die Provinz ein Hilfspaket in die Wege geleitet hat, wir sind dafür sehr dankbar. Auch für den Bonus, der auf staatlicher Ebene über das INPS/NISF ausbezahlt wurde, denn dieser hat vielen Menschen geholfen, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Arbeitslosigkeit hat teilweise ganze Familien getroffen, die dann ohne Einkommen waren. Seit dem Winter haben sich dann wieder viele Menschen Gedanken über eine eventuelle finanzielle Not machen müssen, weil sie einfach nicht wussten, wann sie wieder anfangen könnten zu arbeiten, und ab wann sie wieder ein geregeltes Einkommen haben könnten.
Die Telefone haben die ganze Nacht durch geklingelt.
Und Sie waren in solchen Fällen die Anlaufstelle für eine entsprechende Beratung?
Genau, wir waren immer die Anlaufstelle. Das Patronat Inca-CGIL/AGB war immer offen, natürlich waren wir zu Beginn der Pandemie nicht vor Ort im Büro, aber immer telefonisch und per Mail zu erreichen. Die Telefone haben die ganze Nacht durch geklingelt. Sobald es wieder möglich war, haben wir versucht, über Termine und mit allen dazugehörigen Sicherheitsmaßnahmen wieder dafür zu sorgen, dass Bürger wieder bei uns im Büro vorbeikommen konnten. Und es gab Einiges zu tun: Hätten wir noch zwanzig weitere Mitarbeiter gehabt, dann wären die ebenfalls sehr gut beschäftigt gewesen.
Sie haben sich also um diese Bürgernähe bemüht. Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit für das Patronat sonst noch wichtig?
Wichtig ist, dem Bürger zum Recht zur verhelfen und sein Recht gültig zu machen. Das ist unsere Aufgabe. Es gibt zurzeit beispielsweise 17 verschiedene Arten, einen Rentenantrag zu stellen. In so einem Fall ist der Bürger oft auf sich allein gestellt. Wie kann jemand alleine abwiegen, welche Möglichkeit die beste ist? Es ergeben sich oft auch Fragen zum Arbeitslosengeld, wie lange es beispielsweise noch bezogen werden kann. Wer Versicherungs- und Sozialbeträge einzahlt, hat auch das Recht, diesbezüglich unterstützt zu werden.
Seit wann arbeiten Sie für das Inca-Patronat?
Seit knapp über 20 Jahren. Mir gefällt die Arbeit, auch wenn sie aufwendig und voller Verantwortung ist. Um bei uns zu arbeiten, muss man mit Herz bei der Sache sein, es ist eine sehr soziale Tätigkeit. Man braucht ebenfalls eine fundierte Ausbildung und Selbstsicherheit.
Und man muss einen kühlen Kopf in Stresssituationen wie der aktuellen bewahren können, richtig?
Natürlich. Heute in Bozen in unserem Hauptsitz in der Romstraße standen die Personen Schlange. Viele vereinbaren mit uns einen Termin, aber häufig kommen auch zusätzlich Menschen, die sich draußen anstellen.
Wer es bevorzugt, kann sich für das Ansuchen auch an ein Patronat wenden.
Viele werden auch Fragen zur Corona-Hilfe Südtirol haben. Was können sie den Menschen noch darüber sagen?
Das Land hat zu diesem Thema informiert, zu den Leistung an sich und mit entsprechendem Hinweis, dass der Antrag auch über die Patronate gestellt werden kann. Die Unterstützungsmaßnahme „Covid-Hilfe 2021“ besteht aus 3 Leistungen:
„Ergänzung der Soforthilfe Covid 19“ oder aus einer oder beiden Leistungen „Covid-Soforthilfe 2021“ und „Covid- Beitrag für Miet- und Wohnungsnebenkosten 2021“.
Die Ergänzung der Soforthilfe Covid-19 kann von Allen angefragt werden, die bereits die Soforthilfe Covid-19 erhalten haben und die Höhe des Betrages errechnet sich aus der Differenz zwischen der für 3 Monate erhaltenen „Covid-19 Soforthilfe“ und dem Dreifachen der neuen „Covid-Soforthilfe 2021“. Die Covid-Soforthilfe 2021 kann von denjenigen angefragt werden, die keine Soforthilfe Covid-19 gewährt bekommen haben, und wird über drei Monate ausgezahlt, beispielsweise bei zwei Familienmitgliedern 900€ pro Monat. Die Leistung Covid-Beitrag für Miet- und Wohnungsnebenkosten 2021 können von Einzelpersonen und Familien angefragt werden, die keine Soforthilfe Covid-19 erhalten haben. Hier beträgt die Hilfe bei zwei Familienmitgliedern beispielsweise 655 Euro im Monat, über einen Zeitraum von drei Monaten.
Der Antrag für die „Covid-Hilfe 2021“ wird über den Online-Dienst „myCivis“ der Provinz Bozen gestellt. Wer es bevorzugt, kann sich für das Ansuchen auch an ein Patronat wenden, um sicher zu gehen, dass alles richtig eingetragen ist und dass alle Fragen diesbezüglich bestmöglich geklärt werden.
Die Covid-Hilfe 2021 ist nicht steuerpflichtig und der Dienst von Seiten des INCA-Patronats kostenlos. Die Ansuchen können ausschließlich online, spätestens ab 11. Juni 2021 und innerhalb 30. September 2021, 12.00 Uhr eingereicht werden.