Der Kronplatz-Paragraph
Das Schreiben ging Anfang Dezember 2016 hinaus: “Ich ersuche Sie, die weitere Vorgangsweise mit dem zuständigen Landesrat abzustimmen, damit die geplante Finanzierung des Vorhabens von 3 Millionen Euro für die anstehenden Jahre 2017 und 2018 vorgesehen werden kann.” Das Versprechen zwischen den Zeilen, die Landeshauptmann Arno Kompatscher an den Präsidenten der Kronplatz AG und zur Kenntnis an Landesrat Florian Mussner, dessen Ressortdirektor Valentino Pagani und die Direktorin der Abteilung Museen, Karin Dalla Torre, schickt, taucht einige Monate später in einem Beschluss auf, den der Gemeinderat von Bruneck einstimmig genehmigt.
In der Zwischenzeit ist etwas vorgefallen, das in der Bozner Pascolistraße für Verstimmungen sorgt. Dort, wo die Abteilung Museen untergebracht ist, spricht man hinter vorgehaltener Hand von einer “Schweinerei”.
Auf den ersten Blick ist nicht ersichtlich, warum. Dafür muss man die Zeit etwas zurückdrehen.
Ad hoc für den Kronplatz?
Es ist das Jahr 1963. Am Brunecker Hausberg wird die erste Aufstiegsanlage der Kronplatz Seilbahn AG in Betrieb genommen. Mit ihr wird auch die Bergstation eröffnet. Später funktioniert man die Struktur mit einer Fläche von rund 1.600 Quadratmetern zu einem Restaurant um, seit 1984 steht das Gebäude leer. Mehr als dreißig Jahre später reift die Idee heran, die alte Bergstation zu einem Museum umzubauen. Die Kronplatz Seilbahn AG treibt das Vorhaben voran: In Zusammenarbeit mit dem Tiroler Archiv für Photographie soll nach Generalsanierung und Ausbau der Bergstation ein Museum für Bergfotografie entstehen. “Photo Mountain Art”, kurz PMOA soll es heißen und neben den Museumsräumen einen Veranstaltungsaal für 200 Personen und einen gastronomischen Betrieb beherbergen.
Bauen und verwalten will das Museum die Kronplatz AG. Die Gemeinde Bruneck beteiligt sich finanziell nicht an der Errichtung. An öffentliches Geld wird die Aktiengesellschaft trotzdem kommen. Und zwar über die Abteilung Museen. Bis vor Kurzem wäre das eigentlich nicht möglich gewesen. Doch die Landesregierung hat eingegriffen und die Kriterien zur Förderung von Museen abgeändert – eigens für die Kronplatz AG, wie so manch einer den Eindruck hat.
Das Problem – und seine Lösung
Ende des Vorjahres wendet sich die Kronplatz Seilbahn AG direkt an die Landesregierung. Und fragt nach, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, Gelder aus dem Fördertopf der Abteilung Museen zu beziehen. Man erhofft sich bei einer Investitionssumme von 6 Millionen Euro einen maximalen Beitrag von 50 Prozent, sprich 3 Millionen Euro. Die will die Landesregierung auch bereitstellen, wie aus dem Schreiben des Landeshauptmannes an die Kronplatz AG später offensichtlich hervorgehen wird.
Zunächst aber wendet sich der zuständige Landesrat Florian Mussner an die Rechtsabteilung des Landes und gibt bei Renate von Guggenberg ein Gutachten in Auftrag.
Deren Antwort lautet Nein. Weder erlauben die geltenden Richtlinien zur Förderung von Museen und Sammlungen, Antragstellern mit Gewinnabsicht – etwa einer AG –, Beiträge zu erhalten. Noch dürfen Gemeinden als Gesuchstellende zugestandene Förderbeiträge an Dritte weitergeben. Das bestätigt die Anwältin des Landes in einem Schreiben vom 30. November 2016.
“Es ist daher notwendig, die gegenständlichen Kriterien in diesem Sinne zu ändern”, empfiehlt von Guggenberg und liefert einen entsprechenden Änderungsvorschlag mit: Art. 3, der sich auf die Anspruchsberechtigten von Fördergeldern bezieht, müsste am Ende von Absatz 4 um den Satz “Die Gemeinden können den Beitrag jenen Subjekten abtreten, denen sie die Umsetzung des Bauvorhabens auf der Grundlage einer eigens dafür abgeschlossenen Vereinbarung übertragen haben” ergänzt werden.
Vom Rat zur Tat
Landeshauptmann Arno Kompatscher höchstpersönlich informiert den Präsidenten der Kronplatz Seilbahn AG, Werner Schönhuber, am 1. Dezember 2016 über die rechtliche Hürde und wie sie aus dem Weg zu schaffen ist – und schreitet zur Tat. Bereits zwei Monate später genehmigt die Landesregierung mit dem Beschluss Nr. 147 vom 7. Februar 2017 die Änderung der Förderrichtlinien wie von Renate von Guggenberg vorgeschlagen. Der Verdacht, dass dies zum Vorteil der Kronplatz AG passieren könnte, kommt niemandem. Zumindest wird er nicht öffentlich laut.
In Bruneck scheint man nur darauf gewartet zu haben, denn jetzt geht es Schlag auf Schlag. Damit die Gemeinde Bruneck in Bozen um die Beiträge ansuchen kann, muss der Gemeinderat grünes Licht für das Bergfotografie-Museum geben. Am 22. Februar wird das Projekt den Gemeinderäten präsentiert. Zwei Tage vorher hat der technische Landesbeirat das Vorhaben positiv begutachtet.
Während der Debatte im Gemeinderat betont man, dass der Gemeinde selbst keine Kosten entstehen, sie wohl aber beim Land um einen Beitrag ansuchen wird. Der Landeshauptmann habe der Kronplatz Seilbahn AG einen Investitionsbeitrag “in Aussicht gestellt”, heißt es in dem Beschluss, den der Gemeinderat einstimmig absegnet. Die eilig herbeigeführte Ad-hoc-Abänderung der Förderungsrichtlinien bleibt unerwähnt.
Am 20. März stimmt der Brunecker Stadtrat schließlich der Unterzeichnung der Vereinbarung, die die neuen Förderrichtlinien als Voraussetzung für den Zugang zu den Landesbeiträgen vorsieht, mit der Kronplatz AG zu.
Verstimmte Abteilung
Bislang sind die 3 Millionen Euro, die über die Abteilung Museen an die Gemeinde Bruneck gehen und schließlich bei der Kronplatz AG landen sollen, “noch nicht zugewiesen”, teilt die Abteilung Museen auf Anfrage mit, und bestätigt, mit der Abwicklung des Projekts betraut worden zu sein. Dort hatte man sich erwartet, dass die Landesregierung der Gemeinde Bruneck die Summe im heute (10. August) in Kraft getretenen Nachtragshaushalt bereitstellen wird.
Dass die Gelder noch nicht zugewiesen wurden, ändert nichts an der Tatsache, dass der Winkelzug der Landesregierung auf Missfallen stößt. 2016 hat die Abteilung an 72 Antragsteller rund eine Million an Förderbeiträgen vergeben. Im Falle der Kronplatz AG würden nun 3 Millionen Euro einem einzelnen Privaten zugeschanzt. Darüber soll auch die Abteilungsdirektorin not amused sein, heißt es aus sicherer Quelle. Karin Dalla Torre weilt zur Zeit im Urlaub und war für salto.bz vorerst nicht zu erreichen. Derweil fragt man sich anderswo: “Überall soll gespart werden – wie wird man die Zahlung rechtfertigen, wenn der Rechnungshof anklopft?”
Wär hätte denn nicht gerne
Wär hätte denn nicht gerne die millionenschweren Brunecker auf seiner Seite. Jetzt wo die Wahlen kommen...