Cultura | Kunstgarten

Keinen Heller?

Wer hat bereits ein Geschenk zum Valentinstag? Aus gutem Grund eine Recherche im Hinblick auf den Feiertag am Freitag. Mit viel Liebe (im Eisacktal) zusammengetragen.
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Foto: Limbus
  • Die titelgebende Redewendung ist keine Verballhornung! Sie bezieht sich auf einen großen Künstler der Gegenwart und auf eine kleine Münze, die über mehrere Jahrhunderte als Zahlungsmittel in Deutschland und Österreich diente. Der Name ist eine Abwandlung zum Herkunftsort Schwäbisch Hall. Im Lauf der Jahrhunderte wurde aus dem dort geprägten schweren "Haller" ein einfacher "Heller". Die Redewendung ist seit dem Verschwinden der Münze um 1800 selten geworden. Nicht aber in Brixen. Dort ist ein großer Heller – er gab bereits als kleines Kind gerne den Prediger vor dem Spielaltar – in Form einer „Lichtgestalt“ aufgetaucht, um sich in der Bischofsstadt gartenbautechnisch zu verwirklichen. 

  • Warten auf den Hofburgarten: André Heller und Günther Oberhollenzer bei der Vorstellung des Projekts vor zwei Wochen. Foto: Othmar Seehauser

    An der Seite des künstlerischen Hohepriesters aus Wien war letztens auch Günther Oberhollenzer nach Brixen angereist, um in seiner Funktion als "Messdiener" den Medien und Brixner Gemeinderatsmitgliedern das Projekt zum Heller-Garten schmackhaft zu machen. Das Video aus der Gemeindestube ist leider nicht mehr abrufbar. Oberhollenzers seltsame Rolle als selbstloser „Lobbyist“ für Heller`sche Kunst hat einige Beobachter und Beobachterinnen des Kunst-Projektes stutzig gemacht. „Er macht im abgesandelten Künstlerhaus einen versöhnlichen Job und ist bekannt dafür, dass er einen populären Kunstbegriff vertritt“, heißt es dazu aus Wien. Seine bislang unbezahlt gebliebene Intervention in Brixen sorgt für Stirnrunzeln. 
     

    Ich lasse mich nicht ausnützen...


    „Herr Oberhollenzer hat zum aktuellen Zeitpunkt kein formelles Mandat von Seiten der Gemeinde Brixen“, heißt es auf Nachfrage von SALTO aus dem Brixner Rathaus. Die Gemeinde habe entschieden, „einen unabhängigen Kunstexperten bereits in der frühen Planungsphase des Projekts einzubeziehen“, heißt es weiter. Außerdem: „Herr Oberhollenzer hat seine Beratungsleistungen auf freiwilliger Basis angeboten. Er hat daher auch keine monetäre Vergütung erhalten. Die Gemeinde hat entschieden, ihm diese beratende Rolle zuzugestehen, da seine Unterstützung eine wertvolle Ergänzung für das Projekt darstellt und den hohen Qualitätsanspruch des gesamten Vorhabens unterstreicht“. Ob er seine Expertise für den Künstler André Heller und den lokalen Kunstmarkt nur aus freien Stücken mache, wollte SALTO von Oberhollenzer wissen? „Ich lasse mich nicht ausnützen“, entgegnet dieser und bestätigt, dass er gerne „für die Kunst“ arbeite, aber auch als „großer Verfechter“ gelte, „dass künstlerische / kuratorische / kulturelle Arbeit auch fair bezahlt“ würden. Zum Zeitpunkt liege „tatsächlich noch keine offizielle Beauftragung meinerseits vor“, bestätigt er und betont, dass er sich „lediglich in beratender Funktion eingebracht“ hätte, „ohne eine formelle Vereinbarung oder Vergütung“
    Keinen Heller für einen Experten, bei einem Projekt mit einem Gesamt-Budget von 14 Millionen Euro? Diese Vorgehensweise geht doch nicht – bei aller Liebe zu Kunst.

  • Mögliches Valentinsgeschenk: "Kunst ist keine objektive Wissenschaft wie die Mathematik oder Physik. Sie ist ein visuelles Medium, das unsere Sinne anspricht..." Foto: Limbus

    Von der Liebe zur Kunst nennt sich Günther Oberhollenzer vielbeachtetes Essay, welches er in Buchform vor wenigen Jahren veröffentlichte. Während die Abhandlung bestens als Buchgeschenk zum nahenden Valentinstag passen kann, steht die Bezahlung Oberhollenzers in Brixen auf wackeligen Beinen. Noch. „Nachdem das Vorprojekt nun genehmigt wurde und klar scheint, dass Hellers Projekt weiterverfolgt wird“, warte er nun, „auf eine entsprechende Ausschreibung, um ein Angebot meinerseits einzureichen und konkrete Beratungsleistungen für die Kunst im Rahmen des Projekts anzubieten“, teilt Oberhollenzer mit. Seine Rechnung wird aufgehen.
    Warum aber ein vermittelnder Kunstexperte? Konnte Heller seine Arbeit nicht ausreichend selbst erklären? „Die Funktion eines unabhängigen Kunstexperten spielt eine entscheidende Rolle dabei, den künstlerischen Anspruch des Projekts und die Qualität der Kunstwerke zu sichern, ohne dass mögliche Interessenkonflikte entstehen“, heißt es dazu aus dem Rathaus Brixen. Die Zeilen klingen – unmittelbar vor dem Valentinstag – nach vorsichtiger Gegenliebe aus der Bischofsstadt und einer eher verhaltenen Feierlichkeit. Apropos Feierlichkeit: dem einst in Brixen wirkenden Geistlichen Nikolaus Cusanus wird bis heute nachgesagt, dass er Mitte des 15. Jahrhunderts den Feiertag des heiligen Valentin abgeschafft habe, da er der Meinung war, dass (vor allem) die Männer an dem einst in dieser Gegend arbeitsfreien Tag, doch besser der Arbeit nachgehen sollten, um nicht wie an Feiertagen üblich, „ihr Hab und Gut bei Wein und beim Würfel- oder Kartenspiel auszugeben“
    Ob nun auch die Stadt Brixen mit ihrer Liebe zum Größenwahn alles verspielt? Und auf der anderen Seite einen Kunsthistoriker leer ausgehen lässt?
     

    Es wird sich am Ende wohl alles auf die Frage der zu erwartbaren Parkplatznöte und zu den möglichen Besucherströmen zuspitzen.

  • Aus Liebe zu Brixen: André Heller erklärt seine Gartenidee. Foto: Othmar Seehauser

    Dabei liegt doch ein gut nutzbares Areal für Kunst unmittelbar vor der Haustür Brixens (und in nächster Nähe der Autobahnausfahrt Brixen Nord), wo bei "aller Liebe des Landes", es durchaus vorstellbar wäre, den wenig nachhaltigen Heller-Garten in die Festung Franzensfeste zu verlegen. „Ich denke immer wieder darüber nach, was aus der Franzensfeste kulturell langfristig werden könnte“, gibt sich Oberhollenzer nachdenklich. Er glaube aber „wie Heller den Garten spezifisch für Brixen und die dortigen Gegebenheiten konzipiert hat, ist dieser nicht auf einen anderen Ort, auch nicht auf die Franzensfeste transferierbar.“ Laut ihm würde das Zusammenspiel von Franzensfeste und dem (Kunst)Garten „kein stimmiges Bild“ ergeben, hingegen „Heller und Brixen aber schon“.
    Es wird sich am Ende wohl alles auf die Frage der zu erwartbaren Parkplatznöte und zu den möglichen Besucherströmen zuspitzen. Brixen möchte, wie es aktuell aussieht, einfach viele PKW`s und noch viel mehr Leute in sein kleines Zentrum lotsen, um dort – wohl nicht aus Liebe zu einem Garten – alle zünftig zur Kasse zu bitten. 

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Hartmuth Staffler Lun, 02/10/2025 - 14:51

32 Heller hatten in Süddeutschland den Wert von einem Batzen, was sich ja auch im Studentenlied "Ein Heller und ein Batzen, die waren beide mein" ausdrückt. "Der Heller ward zu Wasser, der Batzen ward zu Wein". Die Münze ist übrigens nicht "um 1800 verschwunden", wie es in diesem Beitrag heißt, sondern bis zum März 1925 in Österreich im Umlauf geblieben. Dann wurden Krone und Heller von Schilling und Groschen abgelöst.

Lun, 02/10/2025 - 14:51 Collegamento permanente
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Konny Lun, 02/10/2025 - 15:01

Geschmitzt, geschmitzt beschrieben und kurz durchleuchtet dieses Treiben um den Garten,-der wohl, wie schade, keiner werden darf, um vom Volke liebevoll auch so benannt zu werden. Hier zeigt's sich wieder mal aufs Neue und man spürt wie unwissend die BürgerInnen und Bürger dieser Gemeinde / dieses Landes, gehalten werden. Ich denke, weil aktuell, wie wird's wohl mit "KI" dann weitergehen? Es fröstelt mich schon jetzt wenn der Tag kommt an dem man mich dann "zwingt" IHN - den Garten -, zu betreten.

Lun, 02/10/2025 - 15:01 Collegamento permanente
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Herta Abram Lun, 02/10/2025 - 16:01

Was ist eigentlich ... Segregation? Was könnte Segregation mit dem Hofburggartenprojekt zu tun haben?

Begriffe aus der kommunalen Szene - einfach erklärt:
Segregation ist nichts anderes als eine räumliche Abbildung sozialer Ungleichheit in einer Gesellschaft...
Ich denke die Machtpartei versucht zu verschleiern, dass hinter ihrem Hellergartenbestreben, die klare räumliche Trennung von Gutverdienern und finanziell schlechter gestellten Bewohnern steht.

Lun, 02/10/2025 - 16:01 Collegamento permanente