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Gestoppte Kampagne
Foto: LPA
Wie man es macht, macht man es falsch.
Als die IDM vor ein paar Wochen mit ihrer Winterkampagne für Südtirol startete, brach ein Sturm der Entrüstung los. Die Kritik: Wie kann man jetzt mitten in der Corona-Krise Fotos von Menschen ohne Maske und Sicherheitsabstand veröffentlichen.
Dann folgte vergangene Woche der kollektive Aufschrei gegen die Anti-Covid-Kampagne der Landesregierung. Ab 22. Oktober rief das Land mit einer Kampagne zur Einhaltung der Anti-Covid-Regeln auf. Mit den Schüsselworten „Abstand, Hygiene, Maske“ und „Jetzt alle“, sowie den Spruch: „Bevor es zu spät ist“ startete die Landesregierung in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb eine Bewusstseinskampagne, mit der man zur Eigenverantwortung in der Vorbeugung gegen das Coronavirus aufrufen wollte.
Menschenleere Orte, Plätze und Straßen in verschiedenen Südtiroler Städten sind auf den Plakaten und Zeitungsinserate zu sehen. Aber ebenso eine erschöpfte Sanitätsbedienstete, ein älterer Herr, der die Hände vor Gesicht schlägt oder ein Kind, das traurig aus dem Fenster schaut.
Auch hier hagelte es Kritik. Aber im gegenteiligen Sinn. Die Botschaft der Plakate sei zu hoffnungslos, zu schockierend und für diese Zeiten einfach zu wenig optimistisch. Überhaupt hätten das Land und die Agentur, die für die Sujets verantwortlich zeichnet, alles falsch gemacht.
Die Front der Kritiker reichte dabei von Christa Ladurner von der „Allianz für Familie“ über selbsternannte Werbefachleute bis zum Kabarettisten und Schauspieler Lukas Lobis. Aber auch die Grünen und das Team K nutzten die Kampagne um die Landesregierung abzuwatschen
Ulrich Stofner, Arno Kompatscher Ressortdirektor und oberster Kommunikationschef des Landes, musste Ende vergangene Woche die undankbare Aufgabe übernehmen, die Kampagne wortreich als sinnvoll und zielführend zu verteidigen. “Gerade jetzt braucht es die klare Ansage, dass wir alle die Sicherheitsregeln einhalten müssen, sonst ist es zu spät”, begründete Stofner die amtlichen Werbeschaltungen.
Vorzeitiges Ende
Wie sich jetzt herausstellt, war diese Anstrengung aber eine unnütze Trockenübung. Denn die umstrittene Kampagne wurde still und leise vorzeitig beendet.
Ursprünglich sollte die Kampagne von 22. Oktober bis zum 15. November laufen. Am späten Montagnachmittag hat die für die Medienplanung zuständige Agentur aber alle Aufträge schriftlich umgehend gestoppt. Das heißt: Die bereits gebuchten Inserate sollen nicht mehr erscheinen.
Bezahlt werden sie vom Land aber doch. Nur, dass die Medienunternehmen die fünf verbleibenden Tage für den bereits geplanten dritten Teil der Kampagne gutschreiben müssen.
Der Grund für den Meinungsumschwung ist nicht ganz klar. Entweder in der Landesregierung hat man nach der heftigen Kritik kalte Füße bekommen oder man ist der Meinung, dass jetzt wo ein Lockdown für Südtirol bevorstehe, die Kampagne nicht mehr sinnvoll oder nützlich sei.
Unabhängig von den Überlegungen, die zum vorzeitigen Ende der Kampagne geführt haben, wird jetzt aber deutlich wie unkoordiniert und uneinig man derzeit innerhalb der Südtiroler Landesregierung ist, um den richtigen Weg aus dieser akuten Krise zu finden. Nicht nur in Sachen Lockdown und Schulschließungen scheint es innerhalb der Südtiroler Regierung unterschiedliche Auffassungen zu geben.
Widmanns Bilder
Denn ausgerechnet am selben Tag an dem die Kampagne des Landes gestoppt wird, starten Thomas Widmann und Florian Zerzer eine neue Aktion. Der Gesundheitslandesrat und der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes liefern einigen ausgewählten Medien Bilder aus der Bozner Intensivstation. Der Einblick soll bewusst schockieren und den Menschen den Ernst der Situation vor Augen führen. „Vielleicht ergeben sich die Corona-Leugner, wenn sie diese Fotos sehen“, begründen Widmann und Zerzer ihre persönliche Kampagne gegenüber dem Alto Adige.
Dabei haben diese Bilder aus der Intensivstation eine ganz andere Qualität und Wucht. Im Vergleich zu den Plakaten des Landes, die man vergangene Woche so wortgewaltig kritisiert hat, sind diese Fotos realistischer Horror pur. Drastischer kann man Angst wohl kaum mehr schüren.
Drastischer kann man Angst wohl kaum mehr schüren.
Vor diesem Hintergrund wird die Einstellung der Landeskampagne aber noch obsoleter. Zudem macht dieses Vorgehen eines mehr als deutlich: In der Landesregierung scheint die recht Hand nicht mehr zu wissen, was die linke tut.
Update am 10.11.2020, 15.00 Uhr
Ressortdirektor Uli Stofner hat uns folgende Stellungnahme zum Artikel zukommen lassen, die wir gerne abdrucken:
"Durch die heutige Entscheidung der Landesregierung zum Lockdown ist eine neue Kommunikationsphase eingeleitet. Die ersten beiden Phasen der Kampagne (Leere Plätze zuerst, dann Leute) hatten das Ziel, die Entwicklung der Infektionszahlen so zu beeinflussen, dass ein Lockdown verhindert wird. Aufgrund der jetzigen Entscheidung der Landesregierung zum Lockdown erhält jetzt die Kampagne plangemäß neue Inhalte, die bisherigen Inhalte werden ersetzt, um jeglichen Widerspruch zwischen politischer Entscheidung und Kampagne und Kommunikation auszuschließen."
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Nach "Conny und Covy" ein
Nach "Conny und Covy" ein weiterer Tiefpunkt. Warum können nicht professionelle Werber*innen diese Aufgabe übernehmen? In Zeiten wie diesen braucht es Sensibilität und Expertise, keinen Dilettantismus.
In risposta a Nach "Conny und Covy" ein di Stereo Typ
... wie schreibt der Autor?;
... wie schreibt der Autor?; "... und selbsternannte Werbefachleute" ... also jene Werbefachleute, denen hinterher niemand widerspricht, muss man mir noch präsentieren. Vieles ist eben Ansichtssache.
Man zeige einen intensivraum
Man zeige einen intensivraum der nicht schockiert.
Bilder von Intensivstationen
Bilder von Intensivstationen schockieren uns genauso wenig wie Bilder von Krieg oder Tod. Man wird mit solchen Bildern überfrachtet, so das es unser Herz kaum noch wirklich berührt. Emotion und wirkliche Betroffenheit entsteht, wenn wir die Menschen kennen, die auf diesen Bildern zu sehen sind. Erst dann handeln wir.
In risposta a Bilder von Intensivstationen di Nadine Laqua
bei mir wirken sie gerade
bei mir wirken sie gerade deshalb, weil im März ein älterer Freund im (alten) Bozner Krankenhaus an SARS-COV19 und diversen Vorerkrankungen gestorben ist!
Der Kampf gegen das
Der Kampf gegen das Coronavirus stellt Südtirols Gesundheitssystem ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Es gibt seit langem bekannte, gravierende Mängel. Ich verstehe nicht, warum nach der 1. Welle die Intensivbetten nicht deutlich erhöht wurden. Tirol hat 200, wir haben 80. Warum fehlt es immer noch an Beatmungsgeräten? Warum wurden nicht Labors errichtet, die Massentests ermöglichen und schnell auswerten. Ich würde gern wissen, wie viele Pflegekräfte und Ärzte seit der 1. Welle neu aufgenommen wurden. Anstatt täglich über neue Maßnahmen zu diskutieren, ist die volle Konzentration auf die Gesundheitsversorgung zu richten und hier sind Maßnahmen zu treffen, die einen Quantensprung ermöglichen. Dazu braucht es Mut und die Bereitschaft zu Entscheidungen, die auch nicht immer den bürokratischen Weg einhalten.
In risposta a Der Kampf gegen das di Josef Prantl
Am Besten wäre es Prof.
Am Besten wäre es Prof. Gänsbacher mehrfach zu klonen dann bräuchte man sich auch nicht über die Wirksamkeit von Bildern auseinander zu setzen.
In risposta a Der Kampf gegen das di Josef Prantl
Lieber Josef, 2 Fragen: sind
Lieber Josef, 2 Fragen: sind die 80 bzw.200 Intensivbetten insgesamt oder nur jene, auf denen covid19 Patienten behandelt werden können.
Hat Nord und Osttirol dann auch das Personal um 200 covid19 Patienten intensivmedizinisch zu betreuen?
Um einen genauen Vergleich zu haben, muss man noch die Einwohnerzahl berücksichtigen. Bei der gleichen Einwohnerzahl hätte Südtirol nach diesem Schlüssel 120 Betten.