Weihnachtlicher Wettbewerb
Das Weihnachtsmarkt-Geschäft ist in vollem Gange. Noch zwei Wochen sind es bis zum Heiligen Abend und der Ansturm auf die großen – und kleinen – Christkindlmärkte im ganzen Land. Doch die ungezwungene vorweihnachtliche Stimmung wird nun durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gestört. Die Stände an den Weihnachtsmärkten müssen in Zukunft ausgeschrieben werden.
Das entschied der EuGH im Zuge eines Verfahrens, das nach der Neuvergabe für einen Kiosk mit Seezugang auf der Westseite des Gardasees und einem ähnlichen Fall in Olbia auf Sardinien vor den Richtern in Luxemburg gelandet war. Den Betreibern waren die bestehenden Verträge praktisch automatisch verlängert worden. Andere Interessenten, die dadurch keine Chance auf die Betreiberkonzession erhalten hatten, zogen vor Gericht. Und bekamen bereits im Sommer dieses Jahres Recht. Das EuGH-Urteil stützt sich auf Art. 12 zu EU-Konzessionen im wirtschaftlichen Interesse. Darin heißt es: “Ist die Zahl der für eine bestimmte Dienstleistungstätigkeit verfügbaren Genehmigungen aufgrund der Knappheit begrenzt, so wenden die Mitgliedstaaten ein neutrales und transparentes Verfahren zur Auswahl der Bewerber an und machen insbesondere die Eröffnung, den Ablauf und den Ausgang dieses Verfahrens angemessen bekannt.”
Fairness und Transparenz will der Gerichtshof demnach garantieren, wenn es darum geht, gewerblichen Anbietern den begrenzt zur Verfügung stehenden öffentlichen Raum zugänglich zu machen – und das über ein öffentliches Ausschreibungsverfahren. Betroffen sind Kioske, Badestelle, Würstelbuden, die üblichen Marktstände und eben auch die Stände der Weihnachtsmärkte. Doch was ändert sich dadurch für die Gemeindeverwaltungen und die Standbetreiber selbst? Besteht etwa das Risiko, dass Südtirols Christkindlmärkte von Billiganbietern überschwemmt werden?
Beruhigt durch die Stille Zeit
“Revolution werden die neuen Regeln kein mit sich bringen”, schätzt der Europarechtsexperte Walter Obwexer die Lage ein. Denn es liege immer noch in der Hand der öffentlichen Verwalter, die Vorgaben und Qualifikationen für Standbetreiber vorzuschreiben. “Etwa, dass regionale Produkte angeboten werden oder die Betreiber zweisprachig sein müssen.” Dadurch könne der typische Charakter und die lokale Wertschöpfung der Märkte gewährleistet bleiben. Solange die Ausschreibungskriterien objektiv nachvollziehbar und für EU-Anbieter nicht diskriminierend seien, sei “vieles möglich”, so Obwexer laut mehreren Medienberichten. Beschwichtigung kommt auch von Landeshauptmann und Wirtschaftslandesrat Arno Kompatscher. “Es muss niemand die Sorge haben, dass nun die billigsten Anbieter zum Zug kommen, denn letztlich müssen unsere Christkindlmärkte ganz eindeutig eine Südtiroler Geschichte bleiben”, zitiert ihn die Dolomiten.
Anpassen müssen sich die Gemeindeverwaltungen infolge des EuGH-Urteils aber doch. Wenn Konzessions- oder Vertragsverlängerungen in Zukunft durch offizielle Ausschreibungen erfolgen müssen, bedeutet das vor allem eines: ein Mehr an Bürokratie.
In Bozen, wo der größte Christkindlmarkt in Südtirol (80 Stände befinden sich am und rund um den Waltherplatz) stattfindet, will man sich das Urteil und die sich daraus ergebenden Folgen erst einmal genau anschauen. Dass sich großartig etwas ändern wird, damit rechnet man im Verkehrsamt nicht. Bereits heute werden einige der Stände ausgeschrieben, andere hingegen, jene “historischen”, werden regelmäßig an dieselben Betreiber vergeben. Wieder andere finden Jahr für Jahr neue Betreiber. “Die Ordnung des Bozner Christkindlmarktes legt bereits jetzt genau fest, welche Vorgaben die Ansuchenden erfüllen müssen und nach welchen Kriterien die angebotenen Produkte von der zuständigen Kommission bewertet werden”, heißt es aus dem Verkehrsamt. Dazu zählen etwa die Qualität, der Bezug zu Weihnachten und die lokale Herstellung. In Bozen sieht man also keine weiteren Schwierigkeiten auf sich zukommen, doch “falls Abänderungen zu machen sind, werden wir sie machen”, steht im Verkehrsamt fest.