Società | Studie

Aus der Haft in die Arbeit

Häftlinge sollen zukünftig arbeiten dürfen. Dafür macht sich die Caritas stark. 200 Südtiroler Betriebe bekunden Interesse. Aber auch Bedenken werden laut.

Rund 200 Südtiroler Unternehmen wären bereit, Arbeit an Häftlinge im neuen Gefängnis von Bozen zu vergeben. So das Ergebnis einer von der Caritas in Auftrag gegebene Studie. Im Rahmen des Projekts “Innerhalb der Gefängnismauern arbeiten, um draußen frei zu sein” wurden insgesamt 465 Südtiroler Firmen gefragt, ob sie bereit wären, mit dem Gefängnis zusammenzuarbeiten. Und den Häftlingen dadurch eine bessere Wiedereingliederung nach der Entlassung zu ermöglichen. Denn Arbeit während der Haft ist dafür erwiesenermaßen eine wichtige Voraussetzung: Die Rückfallquote von Haftentlassenen in Italien liegt derzeit bei 68 Prozent. Bei Häftlingen, die ihre Strafe im alternativen Vollzug ableisten, indem sie arbeiten und einen Beruf erlernen, sinkt diese Quote auf 19 Prozent.


Anklang bei den Unternehmen, keine Freude bei den Freiheitlichen

“Besonders groß ist das Interesse an einer Zusammenarbeit bei jenen Betrieben, deren Bedarf an Arbeitskräften saisonbedingt großen Schwankungen unterworfen ist und die auch Arbeitskräfte ohne besondere Ausbildung beschäftigen können”, berichtet Heiner Schweigkofler. Zu diesen gehören laut Auskunft des scheidenden Caritas-Direktors vor allem Unternehmen des produzierenden Gewerbes: “Angefragt wurden Betriebe in der Holzindustrie, in der Lebensmittelproduktion und -verarbeitung, im Maschinenbau sowie in der Metallverarbeitung.”

Wie stellt man sich bei der Caritas nun die Kooperation mit den Unternehmen vor? “Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Art und Weisen, wie die Häftlinge beschäftigt werden könnten. Einmal, indem die Produktion im Gefängnis stattfindet – dafür müssten allerdings die entsprechenden Räume und Strukturen geschaffen werden.” Ein Beispiel dafür wären etwa die bereits bestehenden Kooperationen einiger italienischer Gefängnisse mit den Weltläden. Dort gibt es etwa zur Weihnachtszeit Panettone, der in den Haftanstalten hergestellt wurde.

Häftlinge bei der Herstellung von Panettone im Gefängnis von Padua. Foto: padova24ore.it

“Die zweite Variante wäre, die Häftlinge in Leiharbeit in die jeweiligen Betriebe zu schicken, falls sie Anspruch auf Teilfreiheit haben”, erklärt Schweigkofler. Dagegen laufen die Freiheitlichen Sturm. “Den Vorschlag, Häftlinge mittels Leihverträge an Betriebe mit saisonalen Arbeitsschwankungen zu ‘vermitteln’ finde ich bedenklich”, so Pius Leitner. “Das riecht nach Beschaffung billiger Arbeitskräfte.” Grundsätzlich sei er dafür, dass Straftäter nach dem Absitzen der Gefängnisstrafe eine Chance verdienen, wieder in ein normales Leben zurückzukehren – “wenn man Häftlingen jedoch die Möglichkeit eröffnet, während der Haftzeit einer Arbeit nachzugehen, braucht es dazu schon klare Kriterien.”


“Es wäre wichtig, dass diese Möglichkeit gäbe”

Diese fehlen derzeit aber noch. Wie die Zusammenarbeit zwischen Gefängnis und Südtiroler Unternehmen genau ausschauen soll, das sei laut Caritas-Direktor Schweigkofler “noch zu schauen”. “Die Grundsteine sind gelegt worden, alles weitere wird sich zeigen”. In der Caritas hofft man, dass die Anregungen aus der Studie bei der Führung des neuen Gefängnisses – mit dessen Bau im heurigen Herbst begonnen werden soll – in Betracht gezogen wird. Auch bräuchte es mehr Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen, durch die das Gefängnis den Bürgern näher gebracht werden müsse. Denn die Freiheitlichen stehen mit ihren Bedenken nicht alleine da. Auch die 465 angefragten Betriebe hätten laut Studie Misstrauen und Vorurteile gegenüber den Häftlingen zum Ausdruck gebracht.

“Wir hoffen, dass unser Beitrag berücksichtigt wird und dass in Bozen ein Gefängnis entsteht, welches die Menschenwürde der Strafgefangenen und des Gefängnispersonals wahrt und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Das würde für die ganze Stadt mehr Sicherheit bedeuten und die Chance, gemeinsam zu wachsen”, betont Schweigkofler gemeinsam mit seinem Amtskollegen Paolo Valente, “darüber hinaus würde auch die Wirtschaftsattraktivität unseres Landes steigen.”

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