Wenn der Oma das Geld ausgeht
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Jedem Rentner und jeder Rentnerin solle das Leben ermöglicht werden. Das ist die Idee hinter dem Beschluss des Landtags, den Zuschuss für Wohnnebenkosten von 750 Euro pro Monat auf 1000 Euro pro Monat anzuheben. Jedoch ist das leichter gesagt als getan. Wie wird bestimmt, wem der Geldzuschuss zusteht? Wie soll das geregelt werden, damit keiner zu kurz kommt und niemand unverdient kassiert? Alfred Ebner, Vorsitzender der Landesgewerkschaft der Rentner, erwartet sich für die Umsetzung viele Hürden: „Die Idee ist die richtige, aber der Prozess muss richtig angegangen werden, damit er gerecht für alle ist.“
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Der Umfang des Beschlusses
Die neue Regelung ist kein Eingriff in die Renten selbst, diese sind nämlich staatlich geregelt. Das Land Südtirol habe keine Kompetenzen im Rentenbereich - sehr wohl aber im Bereich der Sozialleistungen, so Ebner. Also wird der Zuschuss für Wohnnebenkosten auf 1000 Euro gehoben. Im Landtag beschlossen, beschäftigt sich nun die Assessorin Pamer mit der praktischen Ausarbeitung der Sozialleistung. Ebner sieht diese höhere finanzielle Unterstützung grundsätzlich als gute Idee: „Es gibt ältere Menschen in Südtirol, die effektiv ein sehr geringes Einkommen haben. Diesen sollen wir unter die Arme greifen. Aber einfach wird es nicht.“
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Was sind die Probleme?
Zentrales Problem werde das Ausfindig machen der Rentner, die Anrecht auf den Zuschuss haben, so Ebner. So gäbe es in Südtirol ca. 175.000 Rentenbezüge, aber nicht mal 120.000 Rentner. Das bedeutet, dass es ca. 50.000 Rentner gibt, welche zwei Renten kassieren. Das Problem ist also, dass in Südtirol nicht mit Rentenempfänger gerechnet wird, sondern meist mit Renten. Summiert man die Bezüge, ergebe sich schon ein ganz anderes Bild: „Fakt ist, wenn man mit der alten Sozialleistung rechnet, die jetzt auf 1000 Euro erhöht wird, ergeben sich 350 Fälle. Man muss sich die Frage stellen, wieso nicht mehr Leute ansuchen und wie viel Armut es effektiv gibt.“
„Alle Menschen, die nicht genug Rente erhalten und nur schwer über die Runden kommen, müssen ausfindig gemacht werden.“ – Alfred Ebner
„Es wird schwer, ein System zu schaffen, welches automatisch die Rentner ausfindig macht die ein Anrecht auf diese Leistung haben“, erklärt Ebner. Viele Fälle seien kompliziert und erfordern genaueres Hinsehen: „Ein Beispiel: Viele Rentner sind noch verheiratet. Was, wenn der Ehemann eine hohe Rente bezieht und die Frau eine niedrige?“. Hier sei es von zentraler Bedeutung, mit dem Familieneinkommen zu rechnen und nicht mit Renten. Die Schwierigkeiten bei den Einzelfällen gehen aber noch viel tiefer: „Wenn jemand einen Großteil seines Lebens schwarzgearbeitet hat oder die Beiträge hinterzogen hat und dann im Alter 1.000 Euro Rente bekommt, werde ich perplex. Das ist nicht gerecht gegenüber dem Braven, der über viele Dienstjahre hinweg seine Beiträge eingezahlt hat.“
„Eine Mindestrente sollte nicht ein Anreiz sein, die Sozialausgaben zu vermeiden“ – Alfred Ebner
Zusammengefasst: Mindestrente aufstocken ist eine gute Idee, die den Menschen in prekärer Lage helfen kann. Jedoch muss sie richtig umgesetzt werden, um nicht ihr Ziel zu verfehlen. Jeder Fall muss einzeln betrachtet werden, um jedem das Gerechte zuzuteilen „Es ist nicht einfach, aber es gibt einen Weg, um diese Maßnahme sinnvoll durchzusetzen“, sagt Ebner.
„Damit die angepeilte Mindestrente funktioniert, braucht es strenge Kriterien. Ich erwarte mir vom Land eine entsprechend sensible Ausarbeitung“ – Alfred Ebner.
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Frauen sind öfters von tiefen Renten betroffen
Ebner zufolge seien es vor allem Frauen, die sich an den Schalter der CGIL wenden, um sich über Sozialleistungen zu erkundigen: „Früher haben Frauen meistens nur wenig oder gar nicht gearbeitet, weil sie die Kinder erzogen haben. Deshalb bekommen sie heute oft niedrige Renten“, erklärt Ebner. Die Hinterbliebenenrente entspricht 60% der Rente des Ehepartners, das sei oft weit unter tausend Euro. „Für diese Frauen ist es eindeutig gerechtfertigt, wenn sie die lokale Mindestrente kassieren“, so Ebner.
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Ein Appell
Niemand will an das Älterwerden denken, schon gar nicht an die Rente. Dennoch sollte man genau das tun, um sicherzustellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht: „Man muss den Leuten klarmachen, bitte kontrolliert eure Beiträge! Sonst ist man irgendwann alt und kommt plötzlich drauf, dass ein paar Monate Arbeit fehlen, eine Zeit lang nichts eingezahlt wurde und dann fehlt das Geld bei der Rente. Jeder, der arbeitet, sollte da früh dahinter sein, um keine bösen Überraschungen zu erleben.“
In Südtirol gibt es zum Glück viele zusätzliche Sozialleistungen, Beiträge für Hörgeräte, Zahnarzt und eben auch für Wohnnebenkosten, die Menschen in prekären Situationen unterstützen sollen. Das funktioniere in Südtirol bereits gut, meint Ebner, wenngleich die Einwohner und Einwohnerinnen Südtirols darüber noch besser informiert gehören. Viele Leute suchen jedoch willentlich nicht für Sozialleistungen an: „Zu viele Menschen schämen sich davor, als arm abgestempelt zu werden und fordern deshalb nicht mögliche Beiträge an. Nicht alle Menschen bekommen in Leben eine gerechte Chance, für Armut muss man sich nicht schämen - wenn jemandem eine Leistung zusteht, soll er sie anfordern, das sind keine Almosen.“
Niemand will als arm gelten und um Hilfen ansuchen. Aber besser, als kalt zu haben oder schlecht zu essen, sei es allemal, so der Vorsitzende der Fachgewerkschaft für Pensionisten.
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Was passiert jetzt?
Der Landtag hat also die Landesregierung – allen voran Assessorin Pamer – dazu beauftragt, die Erhöhung der Sozialleistung für Wohnnebenkosten zu erhöhen. Es bleibt abzuwarten, wie genau dieser Entscheidungsprozess vonstattengeht. Alfred Ebner erhofft sich, dass auch die Gewerkschaften in die Lösungsfindung eingebaut werden, um eine gute Idee auch zur funktionierenden Maßnahme zu machen.
Ein Beitrag von Nathanael Peterlini