Società | Obdachlosigkeit

Es muss weitergehen

In wenigen Tagen sperrt der Bozner Verein Schutzhütte B1 Rifugio in Haslach im Rahmen seines Projektes Dorea zwei Wohnungen für sechs obdachlose Frauen auf.
Projekt Dorea
Foto: Ryutaro Tsukata von Pexels

Dorea bedeutet in altgriechischer Sprache Geschenk. Der Verein Schutzhütte B1 Rifugio schenkt nun sechs obdachlosen Frauen die Möglichkeit, sich selbstständig zu machen. Zwei Wohnungen mit 85 und 35 Quadratmeter Wohnfläche sollen ihren Weg dafür ebnen. Die Unterkünfte wurden vom Wohnbauinstitut WOBI zur Verfügung gestellt, 15 Freiwillige haben in den vergangenen Wochen die Wohnungen geputzt, ausgemalt und mit gebrauchten Küchen und Möbeln eingerichtet. Paul Tschigg, ein engagierter Freiwilliger, leitete die Renovierungsarbeiten. Die Frauen, die bisher im Zeilerhof von Hellmuth Frasnelli in Gries untergebracht waren, finden nun für ein halbes Jahr eine neue Unterkunft. 

Häusliche Gewalt, mangelnde Ausbildung, Arbeitsverlust und Armut bringen Frauen traumatisiert auf die Straße.

In das Projekt werden unverheiratete Frauen, wenn möglich ohne Kinder aufgenommen, da der Platz für Familien nicht reicht. Außerdem müssen sich die Frauen weiterbilden. Sie besuchten Sprachkurse oder online Weiterbildungen vom Europäischen Sozialfonds (EFS). Einige werden zu Altenpflegerinnen ausgebildet, eine Frau startet im Herbst eine Ausbildung zur Pflegehelferin an der Landesfachschule für Sozialberufe Hannah Arendt in Bozen. „Es muss weitergehen, das auf jeden Fall“, bestätigt Caroline von Hohenbühel, die Vorsitzende des Vereins Schutzhütte B1 Rifugio. Ausgewählt wurden die Frauen in Hinblick auf ihre Notsituation. Welche es am schwierigsten hat, bekommt den Platz. Wenn eine Frau geht, wird der Platz für eine andere frei.  

 

 

Sechs Frauen, zwei Wohnungen 

 

Caroline von Hohenbühel begleitet die Frauen schon seit längerer Zeit. Einige hatten ihre Kinder in Afrika gelassen, andere wohnten bis jetzt in einer Kirche oder wurden von der Caritas zu ihr geschickt. Sie ist bei ihrer Arbeit oft mit schwierigen Situationen konfrontiert: „Häusliche Gewalt, mangelnde Ausbildung, Arbeitsverlust und Armut bringen Frauen traumatisiert auf die Straße. Dort sind sie erneut psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt.“  

 

 

Seit der Pandemie sind vermehrt Frauen mit Migrationshintergrund von der Obdachlosigkeit betroffen. Das hat der seit 2015 bestehende Verein aufgrund gestiegener Anfragen erfahren.
„In den Wohnungen werden die Frauen so eingeteilt, wie sie sich untereinander verstehen“, gibt die Leiterin an. Eine der Frauen, eine zukünftige Studentin, bekommt ein Einzelzimmer, sie muss im Herbst viel lernen. Eine Ungarin hat viele Jahre auf Bozens Straßen gelebt, bevor sie im Projekt Dorea Schutz gefunden hat. Weitere Frauen aus Nigeria waren bei ihrer Flucht brutaler Gewalt ausgesetzt und versuchen sich jetzt, in Südtirol ein sicheres Leben aufzubauen. 

Welche es am schwierigsten hat, bekommt den Platz. Wenn eine Frau geht, wird der Platz für eine andere frei. 

Die Miete an das Wohnbauinstitut, Kosten für Strom, Heizung, Wasser, Müll, Lebensmittel, Arztbesuche, Medikamente oder Verwaltungsspesen übernimmt der Verein Schutzhütte B1 Rifugio. Arbeitende obdachlose Frauen beteiligen sich an den entstehenden Kosten, Frauen auf Arbeitssuche oder in Ausbildung können kostenlos dort leben. Ihr Fortschritt wird aber immer wieder kontrolliert. Sonst müssen andere Lösungen her. 

Von Hohenbühel freut sich über die neuen Möglichkeiten für die obdachlosen Frauen und dankt den Verantwortlichen des Wohnbauinstitutes, der Gemeinde Bozen und des Landes Südtirol für die Unterstützung. Das Projekt Dorea ist eine Fortführung des Bozner Winterhauses im Jahr 2019/2020 und des Wohnprojektes im Zeilerhof 2020/2021. 

Rund 8.000 bis 10.000 Euro werden jährlich für die Finanzierung der Projekte gebraucht. Die bisher angefallenen Spesen im Zeilerhof konnten durch Spenden aus dem In- und Ausland, durch den Verkauf des Buches zum Winterhaus, durch Beiträge des Lutherischen Weltbundes und der Evangelischen Kirche in Italien und ihren Gemeinden finanziert werden. Das Projekt Dorea ist auf fünf Jahre ausgelegt und benötigt Spenden für das Fortbestehen der Initiative.