Politica | Ämterhäufungen

Gerhard Brandstätter: "Mehr Privacy für meine Klienten"

Gerhard Brandstätter sagt im salto.bz Interview: "Meine Kanzlei vertritt zu 95 Prozent Privatmandate. Es gibt keine Ämterverstrickung." Zum Pensionsskandal mein Brandstätter: "Es wurden Fehler gemacht."

Herr Brandstätter, Sie beendeten mit dem heutigen 13. März Ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat der SEL-Tochtergesellschaft Hydros. Wie lange waren Sie bei der Hydros tätig, und warum jetzt der Rücktritt?
Ich war bei der Hydros fünf Jahre als Aufsichtsrat tätig, und ich hab auch von vornherein gesagt, dass ich es damit belassen möchte. Mein Beitrag als Jurist im Aufsichtsrat, nach der Gründung der neuen Gesellschaft zwischen SEL und Edison, sehe ich als beendet; abgesehen davon ist zu Recht auch eine Frauenquote eingeführt worden. Betonen möchte ich herbei, dass das Aufsichtsratsmandat, das ich inne hatte ein indirektes ist. Die Hydros ist ja sozusagen ein „Enkelkind“ des Landes.

Sie sitzen nicht nur in Aufsichtsräten, Sie sind ja in vielen anderen Entscheidungsgremien drinnen. Unzählige private Firmen wollen von Ihrem Wissen profitieren, aber auch in Firmen, die im öffentlichen Interesse stehen, wie Bahnhofsareal, Hotel Therme Meran, TIS oder Stiftung Sparkasse sind Sie vertreten. Führt an einem Gerhard Brandstätter kein Weg vorbei?
Ich möchte betonen, dass ich mit meiner Kanzlei zu 95 Prozent rein private Mandate habe. Das einzige öffentliche Gremienmandat ist der Vorsitz im Verwaltungsrat der Areal Bozen ABZ A.G. Da bin ich seinerzeit gebeten worden als Jurist die Ausschreibung des Wettbewerbs zu begleiten und die Ausschreibung war ein großer Erfolg. Ich hab das fünf Jahre, kostenlos, wie auch die anderen Verwaltungsratsmitglieder, auf meinem Vorschlag hin, gemacht. Auch von dort werde ich jetzt zurücktreten, denn meine Aufgabe ist nach der gelungen Ausschreibung beendet.

Ich möchte betonen, dass ich mit meiner Kanzlei zu 95 Prozent rein private Mandate habe. Das einzige öffentliche Gremienmandat ist der Vorsitz im Verwaltungsrat der Areal Bozen ABZ A.G.

Die TIS ist heute eine rein private Kapitalgesellschaft und in dieser sitze ich, von der Handelskammer benannt, nicht vom Land, als Jurist neben zwei Wirtschaftsberatern im Aufsichtsrat. Meine Tätigkeit in der Stiftung Sparkasse ist bekannt, u.a. ist es gelungen die feindliche Übernahme der beteiligten Sparkassenbank zu verhindern und doch eine sozial-, kulturell- und forschungsrelevante Tätigkeit für Land und Leute zu entwickeln.

Und trotzdem danken es Ihnen die BürgerInnen nicht?
Beim Bahnhofsareal hab ich mir gesagt: das ist eine Sache für Land und Leute, auf hohe Entschädigungen hab ich verzichtet. Einen Dank darf man sich nicht erwarten, für das was man tut. Das ist schon eine Enttäuschung, wenn nicht gesehen wird, was man auch Gutes tut.

Das ist schon eine Enttäuschung, wenn nicht gesehen wird, was man auch Gutes tut.

Ihr Arbeistpensum ist intensiv
Im Schnitt sind es 14 Stunden am Tag, sieben Stunden am Wochenende. Das praktiziere ich so seit 35 Jahren. Mittags bin ich nie daheim. Aber damit will ich nicht großtun, ich arbeite gerne, es macht mir Spaß. Gesundheitlich wirkt sich das jetzt aber schon aus.

Als Vorsitzender der SVP-Wirtschaft sowie als Rechtsanwalt und Sprachrohr vieler bekannter Politiker im Lande ist eine Ämterverstrickung doch nicht abstreitbar. Sie vertreten Thomas Widmann, zeichneten für die Beratung in Sachen SEL verantwortlich, haben auch die Verteidigung von Michl Laimer übernommen. Jetzt vertreten Sie Luis Durnwalder.
Ich bin nicht das Sprachrohr vieler Politiker, sondern der Rechtsanwalt einiger und es ist doch die private Entscheidung jeder einzelnen Person, von wem sie sich vertreten lässt. Es gibt auch andere Anwälte die PolitikerInnen vertreten. Wenn Thomas Widmann mir vertraut, dann ist das seine Entscheidung. Das sind keine institutionellen Aufträge. Ich lass mich vom Chirurgen operieren, dem ich vertraue und ich lass ich mich von einem Anwalt vor Gericht vertreten, weil ich ihm vertraue. Was ich mir wünschen würde, wäre hier mehr Privacy für meine Klienten; nicht für mich, ich kann beruflich damit leben.
Da gibt es keine Ämterverstrickung. Unsere Vertragstätigkeit für SEL ist hinlänglich bekannt, einen Dr. Laimer vertrete ich weiter, weil es berufsethisch und menschlich disqualifizierend wäre, einen Mandanten fallen zu lassen, sobald er in große Schwierigkeiten gerät und Durnwalder habe ich schon des öfteren vertreten, eben weil er in mir mit Vertrauen den Anwalt sieht und nicht eine öffentliche Person.

Ich lass mich vom Chirurgen operieren, dem ich vertraue und ich lass ich mich von einem Anwalt vor Gericht vertreten, weil ich ihm vertraue. Was ich mir wünschen würde, wäre hier mehr Privacy für meine Klienten; nicht für mich, ich kann beruflich damit leben.

Sie können gut damit leben, in der Öffentlichkeit zu stehen?
Das ist mein Beruf. Sicherlich ist eine Sichtbarkeit nicht immer vorteilhaft. Aber in Rechtsverfahren schadet die Sichtbarkeit in erster Linie dem Klienten. In einem Rechtsstaat sind die Ermittlungen im Prinzip geheim, es gilt das Ermittlungsgeheimnis. Nehmen wir den Fall Durnwalder: Wir sind hier in einer Ermittlungsphase und jeder redet vom Durnwalder-Verhör, das finde ich nicht gut. Aber dass ein Anwalt, der medienrelevante Verfahren vertritt, in der Öffentlichkeit steht, ist so und ich kann damit leben.

Zwischen privat und öffentlich unterscheiden Sie also sehr klar. Sie vertreten als Anwalt das Land in keinster Form?
Wir haben, sofern ich mich erinnere, kein einziges Mandat, in dem wir die Landesverwaltung in irgendeiner, gerichtlichen Instanz vertreten. Es gibt viele andere Kanzleien, die das Land vertreten, wir gehören jedenfalls nicht dazu.

Bei der Ernennung von Aufsichtsräten in Landesgesellschaften oder Gesellschaften mit Landesbeteiligung will Arno Kompatscher fortan absolute Transparenz walten lassen. Fürchten Sie den Verlust von Einfluss?
Das verstehe ich nicht - auf diese Ernennungen hatte und habe ich in keinster Weise und Funktion einen Einfluss. Die Ernennung ist immer eine Vertrauenssache: Man ernennt jemanden, zu dem man Vertrauen hat und dazu gehört auch Transparenz. Die Entscheidung von Arno Kompatscher kann ich deshalb absolut unterstützen. Auch ich baue in meiner Arbeit auf Korrektheit und Kompetenz.

Die Ernennung ist immer eine Vertrauenssache: Man ernennt jemanden, zu dem man Vertrauen hat und dazu gehört auch Transparenz;

Auch für den ungeliebten Bozner Flughafen setzen Sie sich nach wie vor ein. Viele BürgerInnen können den Sinn dieses Flughafen einfach nicht verstehen. Ist es nicht Zeit endlich zu zuhören?
Ich hab den Flughafen nicht verteidigt, weil ich ihn einfach verteidigen will. Man darf auch nicht nur schauen was er kostet, da kosten andere Infrastrukturen oft ein Vielfaches, sondern was er bringt und die Umwegrentabilität ist auf jeden Fall da. Denken wir an die Universität, an die Thermen, an die Museen an Ötzi, an das Unesco Welterbe, an Sport–, Kultur-, Bildungs- und Wirtschaftsveranstaltungen und Kongresse. Es braucht für Südtirol eine regionale Erreichbarkeit, in einem Europa der Regionen, mit einen regionalen Flughafen, wie ihn eben andere Regionen haben. Natürlich, hat es an Aufklärung gefehlt, es wurden Fehler gemacht, aber schließlich darf man nicht vergessen, dass wir nicht einen Flughafen gebaut, sondern nur einen Militärflughafen der nie geschlossen würde, auch einen zivilen, sinnvolleren und umweltgerechteren Nutzung zugeführt haben.

Natürlich, hat es an Aufklärung gefehlt, es wurden Fehler gemacht, aber schließlich darf man nicht vergessen, dass wir nicht einen Flughafen gebaut, sondern nur einen Militärflughafen der nie geschlossen würde, auch einen zivilen, sinnvolleren und umweltgerechteren Nutzung zugeführt haben.

Für viele BürgerInnen stellt sich doch die Frage wer diesen Flughafen eigentlich nutzt.
So kann man nicht argumentieren. Es wird viele Leute geben, die den Flughafen nicht nutzen, aber auch viele, die das Vinschger Bahnl nicht nutzen. Heißt das dann, dass wir es nicht brauchen? Nein, auf keinem Falle! Der Flughafen ist für den Standort Südtirol wichtig, es geht um eine gute, Erreichbarkeit und Anbindung Südtirols um im Europa der Regionen mitkonkurrieren zu können.

Die Menschen in Südtirol fordern mehr Transparenz, wollen sich nicht länger für dumm verkaufen lassen. Hätten Sie sich gedacht, dass der Frust der SüdtirolerInnen so tief sitzt?
Die Enttäuschung und Verärgerung ist gerechtfertigt und kann und muss verstanden werden. Es wurden schwere Fehler gemacht und zu wenig kommuniziert und auch eine Aufklärung hat gefehlt. In Sachen Pensionen geht mir die Analyse jetzt aber zu wenig weit.

Was muss gemacht werden?
Die Grundmisere ist das Pensionssystem in Italien überhaupt und da zahlen wir alle mit. Und das gehört grundlegend reformiert. Dieses Pensionssystem können wir uns nicht mehr leisten, die Verschuldung der nächsten Generation ist einfach untragbar und unverantwortbar. Die Minipensionen, die erhöhten Pensionen, das hätte man viel früher reformieren müssen. Und ja, die Politikerpensionen stellen eine besondere Schwachstelle dar, die von vornherein hätte reformiert werden müssen, z.B. auf dem Prinzip der Selbstvorsorge oder des Beitragssystems.

Und ja, die Politikerpensionen stellen eine besondere Schwachstelle dar, die von vornherein hätte reformiert werden müssen, z.B. auf dem Prinzip der Selbstvorsorge oder des Beitragssystems.

Südtirol steht gerade nicht gut da. Auch die nationalen und europäischen Medien sind aufmerksam geworden. Auf die Politikerrenten, auf den Skandal der Freiheitlichen.
Natürlich ist die ganze Diskussion für das Image von Südtirol eine Belastung. Aber es ist notwendig, dass die Diskussionen geführt werden, mit der Konsequenz, dass man zu einer raschen Aufarbeitung schreitet.

Wie kann jetzt in der aufgeheizten Stimmung mehr Sachlichkeit gelingen?
Es ist jetzt wichtig seriös und konstruktiv zu reagieren und zu arbeiten. Man muss gezielte Maßnahmen ergreifen, und auch auf nationaler Ebene eine Rentenrevision einfordern. Südtirol ist ein kleines, fleißiges Land. Das war es immer, und das ist es auch jetzt noch und wir haben für Land und Leute viel erreicht. Fehler müssen wir eingestehen und korrigieren, aber weiterarbeiten an dem doch erfolgreichen Konzept unserer sozialen Marktwirtschaft.