Economia | Arbeitsmarkt

Großbetriebe: Gleichstellung bleibt Fremdwort

Frauen verdienen in Südtirols großen Betrieben fast 30 Prozent weniger als Männer. Warum Gleichstellungsrätin Simone Wasserer ihr Job manchmal frustriert.
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Foto: © Oswald Stimpfl

Wie steht es um die arbeitsrechtliche Situation von Frauen in Südtirols großen Betrieben? Alle zwei Jahre erhalten Italiens Gleichstellungsrätinnen einen Überblick über die Löhne und Beschäftigungsverhältnisse in Betrieben mit über 100 Mitarbeitern. In Südtirol wurde vor zwei Jahren zur Eingabe der Daten im Rahmen eines ESF-Projektes eine eigene Software entwickelt, dank der die Daten nun wesentlich valider sind als in der Vergangenheit. Ermutigender werden sie deshalb nicht, stellte Gleichstellungsrätin Wasserer heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Landesrat Robert Bizzo und Silvia Vogliotti vom Arbeitsförderungsinstitut AFI/IPL klar. Das für sie markanteste Ergebnis aus der vom AFI aufgearbeiteten Erhebung in 134 Unternehmen mit insgesamt 34.095 Beschäftigten? „Selbst wenn man nur Vollzeitarbeitsverhältnisse vergleicht, liegen die Löhne von Frauen in diesen Betrieben um 28 Prozent unter denen der Männer.“ Zum Vergleich: Im Durschnitt beträgt der so genannte Gender Pay Gap in Italien 17 Prozent.

Einige der Gründe dafür sind ebenfalls aus dem Bericht ersichtlich. Gerade einmal 6,2 Prozent der beschäftigten Frauen haben eine höhere Führungsposition, im mittleren Management liegt der Frauenanteil bei 18 Prozent. Dazu kommt die starke Konzentration der Frauenbeschäftigung auf bestimmte – meist schlechter bezahlte – Branchen wie das Bildungswesen, das Gesundheits- und Sozialwesen oder das Gastgewerbe.

Sorgen bereitet Wasser auch der anhaltende Geschlechterunterschied in den Anstellungsverhältnissen: In den Großbetrieben haben 81 Prozent der Männer einen unbefristeten Vertrag, bei Frauen sind es nur 75 Prozent. „Im öffentlichen Dienst haben wir mit einem Verhältnis von 81 zu 71 eine ganz ähnliche Situation“, so die Gleichstellungsrätin.

Teufelskreis

Ein Panorama, das den bekannten Teufelskreis nach sich zieht: Da Frauen unsicherere und schlechter bezahlte Arbeitsverhältnisse haben, sind sie diejenigen die nach wie vor den Großteil der Familienarbeit und unbezahlten Arbeit übernehmen – in Südtirol beispielsweise 90 Prozent der fakultativen Elternzeit. Statt neue und partnerschaftliche Lösungen innerhalb von Familien und Betrieben voranzutreiben, verfestigen sich aufgrund solcher Fakten die bestehende Rollenverteilung und das bestehende Lohngefälle – bis hin zu dem weit höheren Risiko für Altersarmut, dem Frauen ausgesetzt sind.  „Manchmal ist es wirklich frustrierend“, bekennt die Gleichstellungsrätin, „ich höre mich seit fünf Jahren die selben Dinge predigen, doch nicht einmal auf Ebene der großen Betriebe, die in diesem Bereich eigentlich Vorreiter sein sollten, gibt es eine nennenswerte Verbesserung“.

Die kontinuierliche Beobachtung der Situation in den Betrieben ist laut Landesrat Roberto Bizzo eines der Mittel, um politisch gezielt gegen steuern zu können. Eine Maßnahme dafür wäre bereits nach dem Bericht vor zwei Jahren beschlossen worden: Gutscheine für Dienstleistungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Betriebe vergeben können und dafür Irap-Erleichterungen erhalten. Doch obwohl die Voraussetzungen für die Maßnahme bereits mit dem Finanzgesetz 2012 geschaffen worden waren, happert es bis heute bei der Umsetzung, bedauert Simone Wasser. Gut Ding braucht in dem Bereich offenbar tatsächlich Weile.