Politica | Digitalisierung

Alles neu macht die SAIM

Beim Südtiroler Sanitätsbetrieb verteidigt man die erneuerte Zusammenarbeit mit der SAIM. Schließlich soll auch das Unternehmen selbst umgekrempelt werden.

Warum hat man sich beim Südtiroler Sanitätsbetrieb (Sabes) dafür entschieden, die Südtirol Alto Adige Informatik und Medizin GmbH, kurz SAIM, mit der Neuerstellung der digitalen Patientenakte zu beauftragen? Wo doch bereits im Vorfeld des Entschlusses vor wenigen Monaten eine Vielzahl von Zweifel angemeldet worden waren – und sogar auf der offiziellen Präsentation des IT-Masterplans der Sabes Anfang Dezember 2015 zu lesen stand: “Der Auftrag an die SAIM mag aufgrund der Schwierigkeiten in der Vergangenheit Verwunderung hervorrufen”. Verwundert und entsetzt war vor allem Paul Köllensperger gewesen. Für den Aufbau der digitalen Patientenakte sollen mehrere Millionen Euro an jenes Unternehmen gehen, das seit seiner Gründung als PPP-Modell (Public Private Partnership) 2004 “eine Katastrophe” (Paul Köllensperger) im Bereich Informatik für den Gesundheitsbereich und der Vernetzung der Strukturen der Ärzte und der Ärzte angerichtet hat? Für den Landtagsabgeordneten des Movimento 5 Stelle war die Sache klar: “Diese Entscheidung muss rückgängig gemacht werden und das Land muss aus der SAIM aussteigen”, sagte er vor einem halben Jahr.


Alternative und Ausstieg kaum machbar

Doch beim Sanitätsbetrieb ist man von der SAIM als Partner nicht abgerückt. Die Gründe dafür haben Experten und Vertreter des Südtiroler Sanitätsbetriebs sowie mehrere Landesbeamte den Landtagsabgeordneten am Donnerstag erläutert. Nun reicht die Sabes die Argumente, die für eine weitere Beauftragung der SAIM sprechen, im Detail nach. Und antwortet damit indirekt auch auf die Kritiken und Zweifel von Köllensperger, die dieser auch nach der Berichterstattung im Landtag geäußert hatte. Insbesondere hatte der 5-Sterne-Politiker auf eine Marktanalyse gepocht und die Einholung eines Gegenangebots zu jenem der SAIM gefordert. “Der Rechtsrahmen für eine Marktkonsultation ist für öffentliche Betriebe klar definiert”, heißt es aus dem Sanitätsbetrieb. Es wäre ein Vergabeverfahren notwendig geworden, bevor eine Marktkonsultation hätte stattfinden können. “Das Vergabeverfahren, aus dem die SAIM als Gewinner hervorging, hat aber bereits 2004 stattgefunden”, erinnert die Sabes. Daher hätten weitere Angebote nur innerhalb eines neuen Ausschreibungsverfahrens eingeholt werden können. Doch die Zeit drängt, der Sanitätsbetrieb hat “keine Zeit mehr zu verlieren”. Mit den Arbeiten zur Umsetzung der digitalen Patientenakte soll schnellstmöglich begonnen werden, “denn die bestehenden Systeme sind in Teilen nicht stabil und kommunizieren nicht untereinander”. Das Problem ist bekannt: drei verschiedene IT-Systeme in Bozen, Meran und Brixen-Bruneck, zwischen denen der Datenaustausch nahezu unmöglich ist, weil eine einheitliche IT-Strategie auch nach der Schaffung des Südtiroler Sanitätsbetriebs im Jahr 2007 fehlt.

Die ‘alte’ SAIM hat mit der ‘neuen’ SAIM nur noch den Namen gemeinsam.

Nicht zuletzt deshalb hatte man bei Sanitätsbetrieb und Land die Unumgänglichkeit einer IT-Reform erkannt. Doch dieses Mal sollte es anders werden als 2004. Die Informatisierung des Südtiroler Gesundheitswesen durch die SAIM soll professioneller begleitet, detaillierter geplant und im Rahmen einer neuen Unternehmensstruktur passieren. “Um Fehler zu vermeiden und bestehende Problematiken zu lösen”, hieß es im Dezember des Vorjahres bei der Präsentation des IT-Masterplans. Dass man dabei weiterhin auf die SAIM GmbH setzt, hat unter anderem auch mit dem Vertrag zu tun, den das Land 2004 mit dem Unternehmen abgeschlossen hat. “Ein möglicher Ausstieg aus dem bestehenden Vertrag mit der SAIM”, so die Experten am Donnerstag, “würde eine weitere Verzögerung und höchstwahrscheinlich hohe Kosten sowie juristische Probleme nach sich ziehen”. Ein Ausstiegsszenario sei von einem unabhängigen Unternehmen, NetSquare, überprüft worden, das schließlich die Fortführung der Zusammenarbeit mit der SAIM empfohlen hatte.

Es gilt keine Zeit mehr zu verlieren, denn die bestehende Systeme sind in Teilen nicht stabil und kommunizieren nicht untereinander.


Alter Partner, neuer Partner

Aber nicht mit jener SAIM von 2004. Denn das Statut des PPP-Unternehmens soll abgeändert werden. “Damit werden der Gesellschaft aus öffentlichen und privaten Teilhabern neue Spielregeln auferlegt”, erläuterten die Experten im Landtag. Außerdem wird der Verwaltungsrat in Verhandlungen von fünf auf drei Mitglieder reduziert. “Die ‘alte’ SAIM hat mit der ‘neuen’ SAIM nur noch den Namen gemeinsam”, unterstreicht man beim Sanitätsbetrieb. Dieser kündigt an, seine Rolle als Mehrheitseigentümer (die Sabes hält 51 Prozent an der SAIM, 46,5 Prozent gehören der Insiel Mercato AG, 2,5 Prozent Datef) “stärker betonen” zu wollen. Zudem wird eine strukturierte und qualifizierte Projektleitung eingeführt, klare Kriterien und Maßnahmen sowie Vertragsstrafen festgelegt. “Man hat dieses Mal ein seriöseres Projekt auf die Beine gestellt als 2004, das muss ich den Zuständigen zugute halten”, gesteht sogar Paul Köllensperger. Und doch, für ihn wäre es “aus unternehmerischer Sicht” sinnvoller gewesen, sich auf dem Markt umzuschauen. Auch um zu verstehen, ob der Preis, der an die SAIM für ihre Arbeiten gezahlt wird, angemessen ist. Zumindest ist es die günstigste Option, wie man beim Sanitätsbetrieb nachgerechnet hat:

“Und nicht zu vergessen”, heißt es aus dem Sanitätsbetrieb, “die SAIM ist kein rein privates Unternehmen, sondern mehrheitlich im Besitz des Südtiroler Sanitätsbetriebes”. Ein Großteil der finanziellen Mittel, die an die SAIM fließen, sei also als Finanzierung eines Tochterunternehmens anzusehen. Paul Köllensperger hatte davon gesprochen, dass das Land “als Melkkuh“ in diesem PPP-Modell fungiere. Doch vielmehr sei der Sanitätsbetrieb als Mehrheitseigentümer, derjenige, der die Richtung vorgebe, “in welche das Unternehmen zu entwickeln hat”. Was das im Falle eines anderen Partners als der SAIM bedeuten würde, steht für den Sanitätsbetrieb fest: “Mit der Beauftragung eines anderen Unternehmens würde beides (Geldmittel und Kontrollfunktion, Anm.d.Red.) wegfallen.”