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Vertraulicher Stadel

Die Kirche als Besitzer des Grieser Stadels verhandelt mit dem Land. Es soll keine Unterschutzstellung geben und das Gebäude als Landesarchiv adaptiert werden.
Il fienile di via Fago a Bolzano
Foto: Salto.bz Fabio Gobbato
Das Thema ist Chefsache.
Deutlich wird das allein an den Teilnehmern der Aussprache. Landeshauptmann Arno Kompatscher, Urbanistiklandesrätin Maria Hochgruber Kuenzer auf der einen Seite. Diözesanbischof Ivo Muser und der Prior des Klosters Muri Gries Pater Peter Stuefer auf der anderen Seite.
Das Thema des kirchlich-weltlichen Hochamtes vor einigen Wochen war dabei ein weit profaneres: Es geht um eine Immobilienoperation um den alten Stadel in der Bozner Fagenstraße. Involviert sind das Benediktinerkloster Muri-Gries und das „Diözesaninstitut für den Unterhalt des Klerus(DIUK). Wie es sich für die kirchlichen Stellen gehört, fordern beide Institutionen dabei eine Art Beichtgeheimnis ein. „Es wäre Wunsch von Kloster und DIUK, dass die Verhandlungen vertraulich geführt und keine medialen Initiativen losgetreten werden, bevor kein konkretes Einvernehmen erzielt wurde“, heißt es in einem Schreiben an die Landesverwaltung.
 
 
Der Wunsch nach besonderer Diskretion gründet in der Vorgeschichte. Denn es war ausgerechnet die Berichterstattung von Salto.bz, die im vergangenen Herbst einer Immobilienoperation unter kirchlicher Schirmherrschaft einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.
 

60 Wohnungen

 
Im September 2021 enthüllt Salto.bz exklusiv, dass die Urbanistik- und Landschaftsschutzkommission der Gemeinde Bozen am 24. August 2021 grünes Licht für den Abriss des Stadels in Gries gegeben habe.
Dieser Abriss kommt völlig überraschend. Denn drei Jahre zuvor, hat der Bozner Bürgermeister Renzo Caramaschi verkündet, dass die Gemeinde das riesigen Gebäude in der Fagenstraße erwerben und darin eine Art Kultur- und Verwaltungszentrum für das Stadtviertel Gries unterbringen wolle. Anfang 2019 steht auch die amtliche Schätzung. 12 Millionen will die Gemeinde für den Stadel hinblättern. Zudem bietet man den kirchlichen Besitzern auch einen Tausch mit dem direkt danebenliegenden Grieser Kulturheim oder anderen Grundstücken an.
 
 
Doch die Benediktiner wollen finanziell deutlich mehr. Deshalb enden die Verhandlungen mit der Gemeinde im Nichts. Schon 2015 war von den Patern bei der Gemeinde ein Projekt zum Abriss des Stadels und den Bau von 60 Wohnungen und einer Tiefgarage mit 115 Stellplätzen eingereicht worden. Nach den gescheiterten Verhandlungen mit der Gemeinde kommt diese Immobilienoperation wieder aufs Tapet.
Dabei kommt zum Vorschein, dass diese größte Scheune der Landeshauptstadt, die 1858 in den Katasterplan eingetragen wurde, absurder Weise nicht unter Denkmalschutz steht. Deshalb gibt die Gemeinde im vergangenen Sommer auch grünes Licht für den Abriss.
Doch nach dem Exklusiv-Bericht von Salto.bz regt sich breiter Widerstand. Nicht nur in der Stadtpolitik, etwa durch die grüne Regierungspartei, sondern auch in der Zivilgesellschaft. Über 1.000 Bürgerinnen und Bürger unterzeichnen einen Aufruf zur Erhaltung des Grieser Stadels.
Vor allem aber wird das Denkmalamt des Landes tätig. Landeskonservatorin Karin Dalla Torre stoppt im September 2021 den geplanten Abriss und erklärt, dass ihr Amt beabsichtige den historischen Stadel innerhalb von 6 Monaten unter Denkmalschutz zu stellen.
 

Kein Schutz

 
Doch daraus dürfte nicht werden.
Denn auf dem Gipfeltreffen zwischen Land und Kirche wurde jetzt beschlossen, neue Verhandlungen aufzunehmen. Die Grundzüge: Es soll keine Unterschutzstellung seitens des Denkmalamtes geben. Im Gegenzug verzichten die kirchlichen Besitzer auf ihre „wohlerworbenen Rechte“ zum Bau einer Wohnanlage mit 60 Wohnungen plus Tiefgarage und während der Verhandlungen auch auf den Abriss des Stadels.
Das Land plant in dem Stadel die Unterbringung eines Landesarchivs. Dazu sollen jetzt konkrete Verhandlungen aufgenommen werden. Geführt werden diese Verhandlungen mit einer Immobiliengesellschaft der Südtiroler Amtskirche.
 
 
Die „Immobila GmbH“ wurde am 12. November 1991 gegründet mit dem Unternehmenszweck „Bau, Kauf, Verkauf, Vermietung, Pacht und Verwaltung von Immobilien jeder Art“. Das Unternehmen mit einem Gesellschaftskapital von 112.200 Euro gehört zu 50 Prozent dem DIUK und zu 50 Prozent dem Benediktinerkloster Muri Gries. 14 Jahre lang bleibt die Immobilia GmbH ein Art Karteileiche und inaktiv, bis sie im Mai 2005 ihre Aktivitäten aufnimmt.
Der Verwaltungsrat des Unternehmens besteht aus dem Präsidenten, dem Schweizer Benediktinerpater und Ökonom des Klosters Paul Richard Schneider, dem Vizepräsidenten und  Geschäftsführer des DIUK Andreas Mumelter und dem Meraner Bankkaufmann Alfred Former. Der langjährige SVP-Ortsobmann von St. Jakob und ehemalige SVP-Fraktionssprecher im Leiferer Gemeinderat Mumelter steht als geschäftsführender Verwalter auch der Immobilia GmbH vor. Demnach ist man auch parteipolitisch unter sich.
Es wäre Wunsch von Kloster und DIUK, dass die Verhandlungen vertraulich geführt und keine medialen Initiativen losgetreten werden, bevor kein konkretes Einvernehmen erzielt wurde
Für die Verkaufsverhandlungen soll jetzt ein Verhandlungsteam ernannt werden, das aus zwei Vertretern des Landes und zwei Vertretern der Immobilia Gmbh besteht. In diesem Gremium sollen die wirtschaftlichen, steuerrechtlichen und verwaltungstechnischen Aspekte der Immobilienoperation ausgearbeitet werden.  Ebenso wird das Land eine Sanierungsstudie und ein Nutzungskonzept für den Grieser Stadel erstellen. Bereits vergangene Woche fand das erste Treffen mit der zuständigen Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer statt. Die konkreten Verkaufsverhandlungen sollen noch im März beginnen.
Dabei dürfte eines bereits im Vorfeld klar sei: Die kirchlichen Würdenträger versuchen alles um eine Unterschutzstellung des Stadels zu verhindern. Dann wäre nicht nur die geplante Immobilienoperation gestorben, sondern das Gebäude würde auch deutlich an Wert verlieren. Das Land spielt dabei anscheinend mit. Und ist auch bereit einiges an Steuergeld in den kirchlichen Klingelbeutel zu legen.