"So krass wie diesmal war es noch nie"
Herr Fabi, Sie werfen dem Präsidenten des Südtiroler Wirtschaftsrings in einer recht scharfen Pressemitteilung Ignoranz oder bewusste Instrumentalisierung vor. Was hat Ihnen Philipp Moser getan?
Andreas Fabi: Er behauptet zum Beispiel, dass ein Generaldirektor Fabi seit sieben Jahren überhaupt nichts gemacht hat und in der Privatwirtschaft schon nach einem Jahr weg wäre – und das bei bester Sendezeit in der deutschen und italienischen Tagesschau. Wir müssen uns ja viel anhören, was Leute privat sagen. Doch wenn der Präsident von einem Wirtschaftsring solch unqualifizierte Pauschalurteile abgibt, muss man irgendwann einmal einen Schlusspunkt setzen. Entweder soll er Daten nennen und sich konstruktiv einbringen, aber so einen Kleinkrieg unter der Gürtellinie lasse ich nicht gelten.
Statt dessen nennen Sie ein paar Daten. Oder fragen ihn, welcher private Betrieb in dieser Größenordnung es geschafft hat, rund ein Drittel der Führungspositionen in der Verwaltung abzubauen?
Immerhin haben wir in den vergangenen Jahren mit weniger Geld mehr Leistungen erbracht und sogar neue Dienste wie die Neuro-Reha in Sterzing aufgemacht. Und wir haben über 100 Stellen reduziert. Wenn wir den sanitären Bereich und die Technik ausnehmen, haben wir in der reinen Verwaltung nur mehr 400 Leute. Da sind wir jetzt dann allerdings am unteren Limit, weil die Bürokratie nimmt ja ständig zu. Aber vor allem muss man Herrn Moser vielleicht auch erklären, dass ich alljährlich klare Zielvorgaben von der Landesregierung erhalte, die ich bisher immer zur Gänze erreicht habe. Doch vielleicht behauptet er ja auch, dass die Landesregierung unfähig ist bei meiner Bewertung. Ich habe halt die Befürchtung, dass hier wieder ein geplanter Angriff auf das öffentliche Gesundheitssystem in Gang ist und deshalb alles schlecht gemacht wird.
„Ich habe kein Problem mit Buh-Rufen oder Pfiffen, aber da sind Beleidigungen und Beschuldigungen gefallen, die man nicht einmal wiederholen kann.“
Wieder?
Das kommt ja immer wieder von Wirtschaftsseite. Vor gar nicht allzu langer Zeit von Unternehmerverbandspräsident Stefan Pan oder der Handelskammer mit Michl Ebner, die auch behaupteten, die öffentliche Hand koste zu viel und das Personal sei zu teuer.
Apropos teures Personal. In der allgemeinen Suche nach Sparpotential wurde auch Ihr Gehalt noch einmal thematisiert. Warum verdienen Sie beispielsweise 70.000 Euro mehr als ihr Pendant beim Sanitätsbetrieb von Bologna, wie der Corriere dell’Alto Adige schreibt?
Ich weiß nicht, wie viel der Generaldirektor in Bologna verdient. Aber ich weiß, dass in Südtirol das Lohngefüge weitaus höher ist als im restlichen Italien. Außerdem bin ich mit rund 220.000 Euro im Jahr bei weitem nicht der Höchstverdiener im Betrieb, kostenmäßig werde ich nicht einmal unter den Top-100 liegen. Da ich einen Vertrag als Freiberufler habe, fällt ein großer Brocken an Sozialabgaben weg. Wenn ich 200.000 Euro habe, kommt noch 15 Prozent drauf, wenn die Ziele erreicht sind. Ein Primar mit meinem Lohn kriegt auf die 200.000 mit Abgaben und Überstunden sicher noch einmal 60.000 drauf.
Sie erleben bei weitem nicht die erste Sanitätsreform. Haben Sie ein Déjà-vu oder unterscheidet sich die Reform von anderen?
Also, wenn ich zum Beginn der achtziger Jahre zurückgehe, ist es sicher schon die sechste oder siebte Reform. Und klar, vieles wiederholt sich. Schon Otto Saurer hat versucht in den kleinen Spitälern bei Pädiatrie und Geburtshilfe was zu machen. Und er wollte damals schon mit einem Sanitätsbetrieb starten, aber hat sich nicht durchgesetzt. Dann sind es zuerst drei, und dann schließlich vier geworden, weil auch Eisaktal und Pustertal dazu kamen. Doch auch infolge der Klinischen Reform von 2010 waren wir zum Beispiel zwei Mal bis ein Uhr nachts bei Bürgerversammlungen in Sterzing. Aber damals noch im Rahmen einer zivilisierten Diskussion, nicht so krass wie diesmal.
„In Sterzing ist mir bewusst geworden, wie man imstande ist, die Menge aufzuheizen – und wie in der Menge dann tatsächlich jegliche Hemmschwelle verloren geht.“
Nicht so wie die Mahnwache in Sterzing am vergangenen Donnerstag?
Ja, denn so etwas habe ich tatsächlich noch nie erlebt. In Sterzing ist mir bewusst geworden, wie man imstande ist, die Menge aufzuheizen – und wie in der Menge dann tatsächlich jegliche Hemmschwelle verloren geht. Bei allem Verständnis für die Befürchtungen der Menschen, da ist man unter die Gürtellinie gegangen.
Wer hat die Menge aufgeheizt?
Da war schon der Bürgermeister maßgeblich dabei. Der hat da Sachen gefordert, von denen er selber weiß, dass sie nicht möglich sind – wie einen einfachen Beschluss des Landtags, um die Gesetze abzuändern. Doch vor allem war es der Ton. Man kann hergehen und den Leuten sagen, bleiben wir sachlich und bewahren wir ein Niveau. Oder man kann ins Mikro brüllen: Wir lassen uns unser Krankenhaus nicht nehmen, das unsere Väter mit Mühe aufgebaut haben.....
So dramatisch war’s?
Ich verstehe ja auch, wenn man vielleicht versucht, für die nächsten Wahlen Kapital zu schlagen. Doch das Problem ist dann eben, dass in so einer Menge Dynamiken losgehen... Also, ich habe kein Problem mit Buh-Rufen oder Pfiffen, aber da sind Beleidigungen und Beschuldigungen gefallen, die man nicht einmal wiederholen kann. Und die Landesrätin wollten sie nicht bei der Tür reinlassen, der Bürgermeister wollte unbedingt, dass sie etwas zu den Leuten sagt mit dem Mikro, deshalb haben sie alle Türen zugemacht. Die haben die Sicherheitskräfte erst nach der dritten oder vierten Aufforderung geöffnet.
„Mit rund 220.000 Euro im Jahr bin ich bei weitem nicht der Höchstverdiener im Betrieb, kostenmäßig werde ich nicht einmal unter den Top-100 liegen.“
Das war aber auch eine konkrete Kritik von Fritz Karl Messner an Landesrätin Stocker, dass sie die Menschen nicht direkt angesprochen hat.
Ich kann verstehen, dass sie nichts gesagt hat. Denn ich war schon eine halbe Stunde vorher oben und habe die Leute angesprochen. Doch da hat man sagen können, was man wollte, beim Bürgermeister haben sie applaudiert und bei mir gepfiffen und gebuht und ständig „Autonomie, Autonomie“ geschrien. Da war es wirklich vollkommen egal, was man gesagt hat.
Denken bzw. hoffen Sie, die Landesrätin hält dem gewaltigen Druck gegen die Reform stand?
Ich bin ein ziemlicher Realist geworden und denke, solch komplexe und schwierige Themen müssen in einzelnen Schritten angegangen werden. Sicher, im Moment wird so getan, als ginge es nur um die Geburtshilfen und Bezirkskrankenhäuser. Bei so einem heißen Thema wollen natürlich alle mitreden und mitentscheiden, das verstehe ich auch. Nur, in der Reform ist so viel an Vorschlägen drinnen, die kann ich nicht auf diese Punkte reduzieren.
Was sind für Sie die wichtigsten Punkte?
Ich hoffe vor allem, dass die Zeit endlich reif ist, das Gesetz so zu ändern, dass wir tatsächlich nur mehr einen Sanitätsbetrieb haben. Wenn das nicht gelingt, ist alles andere überflüssig und zweitrangig. Und natürlich auch die Aufwertung des Territoriums, über die auch schon ewig diskutiert wird ohne vom Fleck zu kommen. Ich bin zuversichtlich, dass diesmal etwas passiert. Bisher haben wir es immer irgendwie geschafft, mit weniger Geld trotzdem die Leistungen aufrechtzuerhalten oder sogar zuzulegen. Doch mittlerweile ist den meisten klar, dass dies nun nicht mehr geht.
220.000,0 € ist schon mal
220.000,0 € ist schon mal leicht untertrieben, so fängst an. Was die Sozialabgaben anbelangt: jeder (andere) normalsterbliche Freiberufler ist in einer Kammer eingeschrieben und wird dort zur Kasse gebeten, zwecks Pensionierung, die zum Teil erst mit dem Alter von 70 Jahren (die Politiker mögen hören und staunen!) erlangt wird. Wovon wird dann also Herrn Fabi's Pension finanziert, das würde mich interessieren.
Die nächste Augenauswischerei ist das Sparen am Personal: da wurden Arbeitsplätze abgebaut, ANGEFANGEN von den Reinigungskräften, aber bei den Investitionen war man in der Vergangenheit großzügiger als in der Schweiz und das hat auch den Schlamassel bewirkt. Die Krankenhäuser sind wie vier Sterne Hotels bestückt, was aber nichts nützt, denn die jungen Ärzte und die Kapazitäten fliehen z.T. ins Ausland. Und zudem nur zwei Beispiele: Hubschrauberlandeplatz im wackeligen KH Schlanders, sündteure Wäschereiabteilung im KH Meran, während die Wäsche jetzt aus Kostengründen verschickt wird und reden wir nicht von den immer wieder neu erworbenen Apparaten im Endlosbau KH Meran.
Zum Schluss: ich meine, die "Meute", wie sie Franz Pahl bezeichnete, Altdeutsch "Mopp" wird nicht angeheizt oder "aufgewiegelt" (wovor die Presse ja schon zur Genüge gewarnt wurde), nein, die Meute hat heute zum Großteil Schulbildung genossen, ist nicht mehr einzuschüchtern in der Kirche und auch nicht mehr für dumm zu verkaufen. Mit den Skandalen um die SEL, mit der Wirtschaftskrise, mit der Tatsache, dass der Mittelstand immer wieder zur Kasse gebeten wird, während andere munter weiterschmausen am Kuchen, der schon lange nicht mehr verteilt wird, mit all diesen Dingen, haben die Herren (wir sind ja nicht in Schweden mit Quote) ihre Karten verspielt und das will einfach niemand zur Kenntnis nehmen.
In risposta a 220.000,0 € ist schon mal di Oskar Egger
meines wissens ist ein "mopp"
meines wissens ist ein "mopp" etwas mit dem der fußboden gereinigt wird, die herkunft des namens ist alut duden ungeklärt. wahrscheinlich meinen sie den "mob", dieser begriff kommt aus dem englischen bzw. lateinischen (mōbile vulgus, etwa „das wankelmütige gemeine volk“), dessen radikale ausformung die "meuterei" sein kann. der mob veranstaltete tumult und aufruhr, aber er analysiert und diskutiert nicht. historisch gesehen erhob er sich zumeist nur für kurze zeit, machte krawall, zündelte und randalierte, verschwand mit dem aufkommen der arbeiterklasse und ihren organisationen. er war eine typische erscheinung des sog. lumpenproletariats in den vorindustriellen städten und somit das gegenteil eines aufbegeheren des bildungsbürgertums.
In risposta a meines wissens ist ein "mopp" di Michael Bockhorni
Sie haben Recht: meine
Sie haben Recht: meine altersbedingte Rechtschreibschwäche (da vorher nie da gewesen) macht mir zu schaffen. Hab's versäumt, nochmal nachzuprüfen. Mob war allerdings in diesem Sinne gemeint, ganz wie Meute oder Pöbel eben, also ironisch. Denn so wird es ja abgetan, das zu Recht aufbegehrende Bildungsbürgertum von den Entscheidungsträgern, oder?
In risposta a meines wissens ist ein "mopp" di Michael Bockhorni
...und danke für die
...und danke für die Korrektur.
Ich kann mir vorstellen, dass
Ich kann mir vorstellen, dass es nicht zu den einfachen Aufgaben gehört, einen Sänitätsbetrieb zu verwalten. Wir wollten aber aus vier Einheiten eine einzige machen. Nur mit dem Zweck, dass in der Direktion das Vierfache an Gehältern bezahlt werden konnte? Hoffentlich nicht. Für eine schlechte Arbeit sind 12.000 Euro im Jahr zuviel, für gute Arbeit wären 120.000 Euro jährlich leicht genug. Was läuft schief? Alles. Weil das ständig gepriesene hohe Leistungsniveau am Patienten ist nicht da und von einer effizienten, dienstverträglichen Kostenkontrolle keine Spur. Viel zuviel Leerlauf im Getriebe der Sanität. Immer noch werden Gelder beim Fenster hinausgeschmissen und auf der anderen Seite absurde Sparmaßnahmen angedacht und durchzusetzten versucht. Der Protest in den betroffenen Krankenhäusern ist mehr als verständlich und von "Anheizung" keine Spur. Dass der Sterzinger Bürgermeister zum Südenbock gestempelt wird, ist typisch für die SVP und somit für Südtirol. Aber diese Zeiten sind endgültig vorbei. Der SEL-Skandal, der Solidaritätsfond, der Rentenskandal und, und, und ... haben das Volk aufgeweckt. Die hundetfünfzig Leute für die Mahnwache in Schlanders sind der Beweis. In einem Tag, über Facebook auf die Beine gestellt. Und trotzdem hat Frau Stocker sich nicht gescheut, über eine Stunde das Einsparungskonzept zu erklären. Ich bin weggegangen, ich halte diese Schaumschlägerei nicht mehr durch. Die sachliche Diskussion hat aber gezeigt, dass die Leute mitdenken und deshalb auch mitentscheiden wollen. Es werden Bürgerbewegungen und Bürgerlisten wie die Pilze aus dem Boden schießen, darauf kann sich die SVP gefasst machen. Eine Frage ist mir an jenem Abend offen geblieben, die ich an Dr. Fabi gestellt hatte: "Machst du, was die Martha will oder die Martha, das was du willst?" Die Antwort gebe ich mir selber: " Beide machen, was der Sanitätsdirektor Dr. Mayr will". Es lebe die Gesundheit und der Hausverstand!
Eine kleine Zusatzbemerkung
Eine kleine Zusatzbemerkung sei noch erlaubt: Es könnte noch krasser kommen, Herr Dr. Fabi, es könnte sein, dass nicht Angestellte der Krankenhäuser den Job verlieren, sondern das vorhin genannte "magische Dreigestirn". Unterschätzt bitte nicht das zürnende Volk!