Ambiente | Skiverbindung

Langtauferer Lektionen

Wohin soll sich der Wintertourismus gerade abseits der großen Skigebiete entwickeln? Heimatschützer aus ganz Tirol und dem Trentino haben darauf eine klare Antwort.
Langtauferer Berge
Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Wollen mir eine phantasielose Fortschreibung bestehender und abgenützter Tourismuskonzepte nach dem Motto "Mehr vom Gleichen“? Oder sollten gerade die wenigen naturbelassenen und ursprünglichen Gebiete im Land auf sanfte, authentische und nachhaltige Angebote setzen? Die Antwort auf diese Fragen fällt Heimatpflegern aus Tirol, Südtirol und dem Trentino nicht schwer. Vielmehr haben sie ihr diesjähriges Treffen ganz dem Anliegen gewidmet, gemeinsam gegen den geplanten skitechnischen Zusammenschlusses Langtaufers-Kaunertal mobil zu machen.  Seit bald 30 Jahren wird immer wieder über einen Anschluss des  kleinen Skigebietes Maseben im idyllischen Langtaufers an das Kauntertaler Gletscherskgebiet diskutiert. Nun ist mit der Oberländer Gletscherbahn AG ein Investor gefunden, der die Realisierung des ersten länderübergreifenden Gletscherskigebietes bereits innerhalb des kommenden Jahres angehen will. 200 Gesellschafter aus der gesamten Region stellten ein Eigenkapital in Höhe von 4,7 Millionen Euro auf; die geplante Investitionssumme beläuft sich laut Medienberichten auf 22 Millionen Euro. Geschäftsführer der Oberländer Gletscherbahn AG ist der Meraner Steuerberater Paul Jakomet. Den Großteil der Investitionskosten sollen die Kaunertaler Gletscherbahnen mit Investor Hans Rubatscher tragen. Zumindest bei den Heimatpflegern können die Investoren allerdings nicht punkten. Denn wie das grenzüberschreitende Urteil lautet:

„Das Projekt in der vorgelegten Form ist ein massiver Eingriff in eine der wenigen verbliebenen intakten Landschaften Südtirols mit einer Beeinträchtigung des sensiblen Ökosystems, die in überschaubaren Zeiträumen nicht wird rückgängig gemacht werden können.“

Darüber hinaus sei die Anbindung an den Kaunertaler Gletscher eine „einseitige Präjudizierung einer Ausrichtung auf Massentourismus, der keinen nachhaltigen Trend für die Region darstellt“.  Eine Bewertung, die nicht als "Fundamentalopposition" gegenüber Tourismusprojekten verstanden werden darf, unterstreichen die Gesamttiroler Heimatpfleger selbst. Vielmehr basiere sie auf Bedenken gegenüber mikro- und makroökonomisch fragwürdigen Vorhaben. Diese mögen zwar den Interessen einiger Weniger dienlich sein, meinen Peter Ortner und die Vorsitzenden der Tirol und Welschtiroler Verbände Konrad Roider und Walter Eccli. „Überlegungen zur Nachhaltigkeit und zur regionalen Entwicklung lassen sie jedoch gänzlich vermissen und somit im Interesse Südtirols im Allgemeinen und des Langtauferertals im Besonderen abzulehnen sind“, schreiben sie in der Abschlusserklärung der 30. Generalversammlung.

 

Demnach sollte sich Langtaufers mit Angeboten wie Wandern, Schitourengehen, Naturbeobachtung, Erlebnis- und Bildungsprogrammen als "wahre Wellness-Oase  fernab von „Jacuzzi und Turkish bath" profilieren. „Es mag stimmen, dass mit solchen Konzepten keine Massen angezogen werden“, schreiben die Heimatschützer. Doch Massentourismus sei auch das letzte, was das Langtauferertal brauche oder verkraften könne. Vielmehr soll dort mit "Können" "Autentizität" und "Nachhaltigkeit" in einen zukunftsträchtigen Tourismus investiert werden – mit Eigeninitiative und dem Wohlwollen der Landesverwaltung, wie sich die Heimatschützer wünschen. Überkapazitäten in Beherbergungsbetrieben die ohne Rücksicht auf die lokalen Gegebenheiten erweitert hätten, könnten damit zwar vielleicht nicht bereinigt werden. „Doch solch betriebswirtschaftliche Fehlentscheidungen mit einer nicht tragfähigen Großinvestition abfedern zu wollen, würde die Situation nicht verbessern, sondern lediglich das wirtschaftliche Gefüge einer gesamten Talschaft aufs Spiel setzen“, heißt es in dem Dokument. Die einzige erkennbare betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Projektes wird dort dann auch darin gesehen, dass durch die Verbindung die lange Zufahrt zur Talstation der Karlesjochbahn im Nordtiroler Kaunertal umgangen werden kann, die derzeit nur über eine nicht wintersichere Mautstraße erreichbar ist. Für die Südtiroler ist das aber ein Grund mehr gegen das Projekt zu sein, wie hervorgestrichen wird.

„Das Langtauferertal würde mit deutlich vermehrtem Verkehrsaufkommen zur Erhöhung der Attraktivität des Kaunertaler Gletscherschigebietes beitragen, dabei aber seine Identität und seine Alleinstellungspotenziale aufgeben, ohne selbst davon zu profitieren. Dass der Handlungsspielraum der lokalen Bevölkerung angesichts der Übermacht eines ausländischen Investors ziemlich eingeschränkt sein wird, dürfte elementar einsichtig sein.“

Wie auch schon der Alpenverein im vergangenen Jahr fordern die Heimatpfleger grenzüberschreitend die Entscheidungsträger in ihren jeweiligen Landesteilen auf, das Vorhaben entschieden abzulehnen.  Im Gegenzug sollte das Langtauferertal bei der Umsetzung zukunftsweisender, nachhaltiger und naturerhaltender Konzepte unterstützt werden.