„So nicht, Herr Heller“
salto.bz: Frau Kofler-Engl, nach der Vorstellung des Heller-Konzepts im vergangenen November hatte man das Gefühl, dass es abgesehen von den Grünen überall nur Zustimmung für das neue Hofburggarten-Projekt gibt. Nun mehren sich langsam die kritischen Stimmen. Wie nehmen Sie selbst die Stimmung in Brixen wahr?
Waltraud Kofler-Engl: Mein Eindruck ist, dass der Auftrag für die Neugestaltung des Obstbaumgartens der Hofburg an André Heller, der vom Tourismusverein erfolgte, zunächst sehr schnell und strategisch hinter den Kulissen erfolgte. Das heißt, viele Menschen, die zu diesem Thema durchaus kritische Positionen und Gedanken vertreten, haben nicht davon gewusst und waren zu den geschlossenen Vorstellungen auch nicht eingeladen. Dort waren mehrheitlich Politiker, die Vertreter der Kirche, einzelner Vereine, Wirtschaftstreibende und die Gemeinderäte präsent.
Sie als Direktorin des Amtes für Bau- und Kunstdenkmäler waren ebenfalls anwesend. Wann hat man Sie über die Heller-Pläne informiert?
Dass Herr Heller als Gestalter beauftragt wird, habe ich offiziell im Mai 2017 erfahren, nachdem er bereits in Brixen gewesen war und eine Delegation von Brixnern ihn mit Bürgermeister Peter Brunner und Landtagsabgeordnetem Christian Tschurtschenthaler im April 2017 in seinem ANIMA-Garten in Marokko besucht haben. Herr Tschurtschenthaler hat mich über die Absicht, die eigentlich bereits eine Tatsache war, informiert. Ich ersuchte um eine Aussprache mit dem Bürgermeister und wurde gebeten, Herrn Heller anlässlich seines erneuten Besuches in Brixen am 16. Juni gemeinsam mit dem Landeshauptmann, Bischof Muser, Landesrat Achammer, den Vertretern des Tourismusvereins und der Hofburg durch den Garten zu führen.
Und welche Meinung hatten Sie?
Ich haben damals betont, dass es im Obstbaumgarten nicht um eine künstlerische Neugestaltung geht, dass für André Heller die gleichen Bedingungen gelten müssen wie sie Grundlage für den Wettbewerb waren und die historische denkmalpflegerische Seite mit der Vorgabe eines Obstbaumgartens maßgebend sein muss. Schließlich handelt es sich um ein seit Jahrzehnten geschütztes historisches Gartendenkmal. Ich habe dem Bürgermeister gegenüber auch meine Verwunderung über die Vorgangsweise einer neuerlichen Änderung zum Ausdruck gebracht. Nur liegt es nicht in meiner Macht die Gemeinde von einer Planungsänderung abzuhalten, ich habe mit Herrn Heller genauso zu verhandeln wie mit anderen auch. In Folge habe ich André Heller alle dienlichen Unterlagen, Texte zur Bedeutung des Gartens und die Kriterien der Denkmalpflege als Grundlage für die Restaurierung und Gestaltung übermittelt.
Es ist nicht das erste Mal, das Sie einem Gestalter diese Kriterien vorgeben.
Die Gemeinde hat den Garten vor zehn Jahren angemietet und zahlt dafür seither aus Steuergeldern eine Pacht von 25.000 Euro pro Jahr. Nach einem ersten Anlauf ein Eventprojekt aus der Feder von Steiner Sarnen zu realisieren, das von der Denkmalpflege abgelehnt wurde und auch auf großen Widerstand der Bürgerinitiative Pro Pomarium stieß, entschied sich die Gemeinde Brixen einen europaweiten zweistufigen Wettbewerb mit einer hochkarätigen Jury auslobte. Daran beteiligten sich 50 Landschaftsarchitekten aus ganz Europa, zehn lieferten schließlich ein Projekt, aus denen dann jenes der Meraner freilich landschaftsarchitektur als Sieger hervorging.
Sprich: Es wurde bereits sehr viel Energie, Vorbereitungszeit und Geld investiert?
Genau, aber es gab dann auch ein Ergebnis, das nicht nur einstimmig von der Wettbewerbsjury, sondern auch vom Gemeinderat und der Stadtregierung geteilt worden ist. Allen voran hat der ehemalige Bürgermeister Albert Pürgstaller die Vorbereitung und das Siegerprojekt in einer sehr guten und überzeugenden Art und Weise weitergetragen. Er hat die Qualitäten, die Bedeutung und die Potentiale des Ortes erfasst, obwohl er Jahre davor ebenfalls für eine andere Art von Gestaltung eingetreten war.
Sie meinen das Projekt von Steiner Sarnen Schweiz?
Ja. Auch damals ging es darum, eine „touristische Attraktion“ zu schaffen; man sprach von einer „Schönwetter-Attraktion“, mit der man Touristen dazu bringt, in die Stadt zu kommen oder dort zu bleiben.
Statt dessen wurde nach der breiten Ablehnung des Projekts der europaweite Wettbewerb ausgeschrieben.
Ja. Bürgermeister Pürgstaller hatte sich die Angelegenheit damals sehr zu Herzen genommen und sich mit dem Garten befasst. Er hat nicht nur geprüft, was der Denkmalschutz vorgibt, sondern auch gefragt, was die BürgerInnen wollen. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit Vertretern der Gemeinde, der Kurie, der Hofburg, der Architekten und der Landschaftsarchitekten, in der ich auch vertreten war, hat Ideen, Wünsche und Vorgaben gesammelt, diskutiert und dann auch die Ausschreibung vorbereitet.
"André Heller hat ein Exposé vorgelegt, das bei aller Wertschätzung für seine Person und seinen ANIMA-Garten in Ourika bei Marrakesch, kaum sichtbare Bezüge zu Brixen und zur Hofburg hat, sondern vielmehr seine eigenen künstlerischen Ideen eines Gartens zeigt."
Doch irgendwann hieß es dann plötzlich, das Siegerprojekt sei zu unattraktiv.
Ja. Ein undifferenziertes Urteil, das ich wie viele andere – und zwar nicht nur Fachleute – überhaupt nicht teile.
Es bremste aber die Umsetzung des freilich-Projekts schon bald ein...
Eigentlich hatte die Stadtregierung unter Bürgermeister Pürgstaller geplant, das Projekt in drei Baulosen zu realisieren. Der erste Schritt wurde noch umgesetzt, also die Entfernung der überalterten Apfelplantage, die Aufbereitung des Bodens, das Ansähen einer Blumenwiese und die Öffnung des Gartens im Sommer 2014 als provisorische und bescheidene Übergangslösung, um den BürgerInnen einen ersten freien Zutritt zu gewähren. Zudem gab es einige schöne Veranstaltungen wie Sommerkino und Konzerte. Doch dann kamen 2015 die Gemeinderatswahlen und bald darauf gab es Stimmen, dass die neue Stadtregierung und vor allem die Touristiker unzufrieden mit dem Projekt sind, weil es unattraktiv sei.
Oder zu hohe Führungskosten mit sich bringe, wie immer wieder in der Presse zu lesen war.
Die Schätzung von 500.000 bis 600.000 Euro Führungskosten im Jahr stammt laut meiner Information vom Versuchszentrum Laimburg, das man mit der Berechnung beauftragt hatte. Ich habe von einem erfahrenen und äußerst realistischen Experten aus Deutschland, Manfred Handke aus Bad Homburg, der dort einen Obstbaumgarten führt, eine Schätzung eingeholt, die ich auch offiziell an den Bürgermeister übermittelt habe. Handke kam bei Einrechnung aller Spesen, also bis hin zu Werkzeug, Computer oder Telefon, auf Pflege- und Führungskosten von maximal 100.000 bis 110.000 Euro. Mir wurde die Schätzung der Laimburg nie ausgehändigt, weshalb mir ihre Summe schleierhaft ist. Wahrscheinlich hat man nach Vorgabe der Gärten von Trauttmansdorff hohe Marketing- und Werbekosten berechnet. Auf die Schätzung von Herrn Handke habe ich übrigens nie eine Reaktion erhalten.
Schließlich hatte man sich im Hofburggarten ohnehin schon weit von Siegerprojekt entfernt. Stattdessen wurde 2016 und 2017 das Mais- bzw. Hanflabyrinth samt Soliman-Spektakel realisiert und nun folgt der große Magier Heller, der alle zu verzaubern scheint.
Offensichtlich hatte die Stadtregierung keine besseren Ideen als den Garten dem Tourismusverein für kommerzielle touristische Sommernutzungen zu überlassen. Die Interventionen wären zudem genehmigungspflichtig durch die Denkmalpflege gewesen. Es wurde aber nicht einmal darum angefragt. Stattdessen verletzte man mit metertiefen Gräben für Wasserleitungen und ein Wasserbecken archäologische Schichten und ließ dann im Herbst eine Brachfläche zurück. Ich kenne und beobachte den Garten seit Jahren und habe nie vorher eine derartige Verwahrlosung der Randflächen beobachtet wie im letzten September und Anfang Oktober: die Trauben in den Weinlauben waren nicht gepflückt, an der Rebe verfault oder vertrocknet, das nicht gemähte, vertrocknete Gras voller Katzen,- und Menschenkot, die Pavillons an der Südmauer als Abstellflächen und für den Müll genutzt.
Doch prinzipiell darf die Stadt den Garten wohl nach ihren Vorstellungen nutzen?
Natürlich kann die Stadt den Garten zur Nutzung weitergeben, falls der Eigentümer einverstanden ist. Nur, und dies erlaube ich mir als Bürgerin zu sagen, mag der Tourismusverein laut Aussage seines Geschäftsführers Werner Zanotti zwar rund 400 Mitglieder vertreten, aber er vertritt wohl kaum die Allgemeinheit. Die Pacht und die Auslobung des Wettbewerbs wurden von allen Steuerzahlern getragen. Und die Brixner Bevölkerung hat im Zuge der Vorbereitung zum Wettbewerb, mit dem ein Bürgerbeteiligungsverfahren einherging, und anlässlich von Direktbefragungen an Tagen der offenen Tür klar geäußert, was sie sich wünscht.
Was wünschen sich die BrixnerInnen?
Einen Obstbaumgarten, der den Bezug zur Geschichte und zur Hofburg wahrt, die denkmalpflegerischen Rahmenbedingungen respektiert, einen Ort der Ruhe mit Möglichkeiten des erholsamen und festlichen Aufenthalts und der Begegnung für Brixner und ihre Gäste aller Altersstufen. Einen Garten, der für alle BürgerInnen kostenfrei zugänglich ist und der die öffentliche Hand im Sinne des Allgemeinwohls auch etwas kosten darf - wie ein Schwimmbad, das auch nicht kostendeckend arbeitet, aber der Gesundheit der Bürger dient. Zudem wurden für die Pflege des Gartens Möglichkeiten der Beteiligung von Sozialgenossenschaften und von Bürgergruppen angesprochen. Der Begriff „Urban Gardening“ war damals zwar noch weniger bekannt als heute, der Wunsch danach wurde jedoch bereits laut.
Es gibt auch Menschen, die sagen, die Frau Kofler-Engl will nur „ihr Projekt“ durchdrücken.
Das ist nicht mein Projekt. Ich war zwar Mitglied der Jury, die das Projekt von freilich landschaftsarchitektur übrigens einstimmig ausgewählt hat. Dort saßen aber noch eine Reihe anderer Leute, Bürgermeister Pürgstaller, der damalige Präsidenten der Hofburg Josef Gelmi, der Direktor der Hofburg Hans Kronbichler, Architekt Josef March, der Leiter des Stadtbauamtes, Frau Professor Erika Schmidt von der TU Dresden, eine Landschaftsarchitektin und ein Vertreter der Architekten.
Und Sie alle waren vom freilich-Projekt überzeugt?
Ja. Das Siegerprojekt des Wettbewerbs respektiert die 700 Jahre alte Gartenkultur mit allen ihren Elementen, vorhandenen Bauten und Strukturen, wird dem genius loci gerecht und legt im Sinne des „Weiterbauens- und Denkens“ eine zurückhaltende zeitgenössische Gestaltung über den Bestand und die Gartenfläche, die den Bedürfnissen der BürgerInnen gerecht wird und große Freiheiten der Nutzung zulässt. Das Projekt wurde in einem zweiten Schritt von den ArchitektInnen an zusätzliche Wünsche der Stadtgemeinde angepasst, detaillierter ausgearbeitet und hätte durchaus weitere Optimierungspotentiale wenn man das Budget nicht derart gekürzt hätte. Zudem waren die Vertreter der Hofburg und die Kurie damals trotz Angeboten und Bitten nicht bereit, den Zugang durch die Hofburg zu gewähren und es musste eine ungünstige Zugangsmöglichkeit an der Westseite angedacht werden. Wenn nun dem Exposé von Andre Heller der Zugang durch die Hofburg als neue, eigene Idee und Qualität zugedacht wird, so entspricht dies nicht den Tatsachen.
Und wie beurteilen Sie André Hellers Projekt insgesamt?
André Heller hat ein Exposé vorgelegt, das bei aller Wertschätzung für seine Person und seinen ANIMA-Garten in Ourika bei Marrakesch, kaum sichtbare Bezüge zu Brixen und zur Hofburg hat, sondern vielmehr seine eigenen künstlerischen Ideen eines Gartens zeigt. Das funktioniert in Marokko, wo er auf einem Wüstenstück seinen persönlichen und eigenfinanzierten Gartentraum realisiert hat. Solche Ideen könnten auch in Südtirol ohne Einschränkungen an einen neutralen Ort, auf der grünen Wiese, realisiert werden.
Doch nicht an einem Ort mit einer jahrhundertelangen Biographie wie dem Hofburggarten?
Nein, der Hofburggarten ist keine beliebig verwertbare Freifläche. Er ist in Zusammenhang mit dem 1989 bis 1991 wieder bepflanzten Ziergarten, dem Herrengarten, ein historischer Obstbaumgarten und steht damit als Gartendenkmal unter Schutz. Die denkmalgeschützte Hofburg mit den Gartenanlagen ist heute noch der sichtbarste Ausdruck des Fürstbistums Brixen. Diesem großen einzigartigem Zeugniswert und der hohen historischen und kirchlichen Bedeutung muss die zukünftige Nutzung entsprechen. Der Gedanke des Paradieses mit zahlreichen blühenden und fruchttragenden Bäumen bedarf bei einem Obstbaugarten auch keiner künstlichen Herleitung. Die Bäume mit ihrer unterschiedlichen Gestalt im Jahreswechsel – austreiben, blühen, grünen, reifen, ernten und ruhen,- sowie die Früchte sind die eigentlichen Attraktionen und geeignet das Prinzip des Wachsens, Werdens und Vergehens, des Lebens und Sterbens zu vermitteln.
"Die Zerstörung dieses einmaligen historisch bedeutsamen Gartens wäre ein großer Verlust, ein nicht wieder gutzumachender Fehler, eine Schwächung der Denkmalpflege und der dort vorhandenen Expertise mit Präzedenzwirkung."
Diese Einzigartigkeit haben mittlerweile auch schon Fachleute aus anderen europäischen Ländern in einem Offenen Brief an den Landeshauptmann, den Bischof, den Bürgermeister und andere Vertreter der Politik und der Öffentlichkeit unterstrichen.
Die Stellungnahme ging auch an das Amt für Bau- und Kunstdenkmäler und ich teile sie voll und ganz. Ich habe mich in den vergangenen zehn Jahren sehr intensiv mit diesem Garten beschäftigt und im Herbst 2015, gemeinsam mit Partnern eine internationale Fachtagung „Obstgärten: Produktionsstätten, Bedeutungsträger, Kulturdenkmale. Das Brixner „Pomarium“ im geschichtlichen und gartenbaulichen Kontext“ organisiert, an der 150 Fachleute aus ganz Europa teilnahmen. Leider kamen damals die Vertreter der Stadtgemeinde und des Tourismusvereins der Einladung zur Tagung nicht nach. Doch alle ReferentInnen und Teilnehmer waren sich einig, dass der Brixner Hofburggarten einzigartig in Europa ist.
Warum?
Weil es europaweit keine so gut erhaltene Anlage mit einer bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurückreichenden, also beinahe 700 Jahre alten, Obstgartenkultur, mehr gibt. Die Mauern, Panoramapavillons, Weinlauben, Wegachsen und Zugänge aus der Renaissance, das spätbarocke Gartenhaus, klassizistische Pavillons, das noch freie Grundstück der ehemaligen Orangerie und eine reiche archivalische Überlieferung samt Ansichten, Plänen, Rechnungen, Reiseberichten und Instructionen für die Gärtner sind erhalten. Der Obstgarten war keine einfache Streuobstwiese, sondern eine gestaltete Anlage mit Versorgung,- Repräsentation - und Aufenthaltsqualität, er ist in seiner Nutzungskontinuität und der architektonischen Ausstattung wirklich ein Unikum. Der Austausch mit europaweit tätigen ExpertInnen hat mich als Denkmalpflegerin in der Bewertung des Gartens bestärkt und abgesichert. Die denkmalpflegerischen Rahmenbedingungen, die dem Wettbewerb zugrunde gelegt wurden, basieren also nicht auf meiner subjektiven Bewertung oder Einschätzung. Sie sind wissenschaftlich fundiert, entsprechen den internationalen Kriterien zur Gartenpflege und Restaurierung und sind als solche auch gesetzlich zu berücksichtigen.
Doch Andrè Heller bricht sie in seinem Vorschlag?
André Heller ist ein Künstler, der seine Ideen realisieren will. Er hat bei der Präsentation am 13. Dezember deutlich zu verstehen gegeben, dass er nach Brixen geholt wurde, um hier als Heller einen Garten zu entwerfen und nicht, um sich an die Vorstellungen der Kritiker oder der Denkmalpflege zu halten.
Haben Sie ein konkretes Beispiel, wo der Vorschlag mit den Vorgaben der Denkmalpflege bricht?
André Heller setzt eine Gartenpartie mit Hügelformationen, Wasserflächen, geschwungenen Wegen, Skulpturen und Wasserspielen in die Mitte des Gartens, der von meterhohen grünen Hecken umgeben ist. Dieser Garten im Obstbaumgarten hat keinen funktionalen, formalen, pflanzlichen oder gartenkulturellen Bezug zur Hofburg und zur Geschichte des Gartens, der seit Jahrhunderten wie ein Teppich südseitig vor der Hofburg liegt. Zudem zerstört er die seit der Renaissance nachweisbare Wegachse von der Hofburgbrücke zum südseitigen Ausgang und unterbindet die Sichtachsen auf die Hofburg, die Pavillons, die Stadt und die umgebende Kulturlandschaft.
Doch auch er stellt einen Bezug zur Geschichte her.
Heller argumentiert, die Bepflanzung der umgebenden Gartenfläche mit Apfelbäumen im Morse-Alphabet würde gleichsam der Schutzmantel der Geschichte sein und müsse als Bezug auf das historische Pomarium genügen. Doch das ist kein Ersatz für die Obstbaumkultur, sondern lediglich eine kaum realisierbare Spielerei. Die Vielfalt historischer und heutiger Obstsorten ist die echte Attraktion des Gartens.
Muss man ihn deshalb für immer so konservieren?
Die Denkmalpflege und der Garten lassen unter Berücksichtigung der gebauten Strukturen, der Wegführungen und der Pflanzung viele Freiräume für eine neue Nutzung. Sogar neue Bauten könnten integriert werden. Das ist übrigens vom Wettbewerbsprojekt vorgesehen. Allerdings nicht entlang der Südmauer, wo zwei kleine klassizistische Pavillons stehen und die von Heller vorgesehenen Neubauten zudem die freie Sicht und die Wirkung des Chinesischen und Japanischen Turms stören würden. Für einen gewünscht zeitgenössischen Neubau als Cafe und Empfang stünde die Fläche der ehemaligen Orangerie an der Nordmauer zur Verfügung; ein Ort mit beinahe mediterranen, klimatischen Bedingungen und damit auch für den winterlichen Aufenthalt geeignet. Denkmalpflege bedeutet nicht, keine Veränderungen vornehmen zu dürfen. Sie bedeutet vielmehr die Strukturen, Qualitäten und Kontinuitäten zu erhalten, wo notwendig weiter zu entwickeln sowie neue Anforderungen im Rahmen und im Dialog in den erhaltenswerten Bestand zu integrieren. Es wäre dagegen kurzsichtig und ein großer Verlust, eine über Jahrhunderte währende Kultur auf eine kurzlebige Inszenierung zu reduzieren.
Wie geht’s nun weiter? Es gibt einen Eigentümer und gewählte Volksvertreter, die vom Projekt begeistert scheinen. Es gibt sogar schon eine Lex Heller, also eine Anpassung des Vergabegesetzes, die in diesem Fall eine Direktvergabe ermöglichen würde und den politischen Willen, ein Projekt von Landesinteresse daraus zu machen. Hat die Denkmalpflege die Macht, dennoch alles über den Haufen zu werfen?
Sie hat zumindest das Denkmalschutzgesetz auf ihrer Seite. Der Garten steht seit mehreren Jahrzehnten unter Denkmalschutz, wurde bereits vom ersten Südtiroler Landeskonservator Karl Wolfsgruber als erhaltenswertes Pomarium verteidigt. Hellers Projekt muss also der Denkmalpflege zur Begutachtung vorlegt werden. In Anbetracht einer möglichen Auftragsvergabe habe ich André Heller und der planenden Architektin Carmen Wiederin bereits bei der zweiten Präsentation im Dezember 2017 in Brixen deutlich sagen müssen, dass die im Exposé vorgesehenen Eingriffe dem Denkmalcharakter des Gartens nicht gerecht werden. Ich habe Herrn Heller, die Stadtgemeinde Brixen und indirekt auch den Landeshauptmann ersucht, die Vorgaben der Denkmalpflege, die nicht meine persönlichen sind, zu berücksichtigen und diesen einmaligen historisch bedeutsamen Garten nicht zu zerstören. Es wäre ein großer Verlust, ein nicht wieder gutzumachender Fehler, eine Schwächung der Denkmalpflege und der dort vorhandenen Expertise mit Präzedenzwirkung. Ob Heller und sein Team die Einwände berücksichtigen, an den kritischen Punkten arbeiten und den Entwurf entsprechend verändern, weiß ich nicht. Ich habe seither keine Informationen.
Es wäre aber gesetzlich möglich, dass das Projekt gemäß dem Entwurf im Exposé weiterentwickelt und mit einem Rekurs gegen das negative Gutachten der Denkmalpflege durchgesetzt wird?
Möglich, aber nicht klug. Im Falle eines Rekurses hätte die Denkmalpflege nur die Möglichkeit der Stellungnahme, die Entscheidung läge dann bei der Landesregierung.
Die Landesregierung könnte das Projekt also durchboxen, indem sie das negative Gutachten der Denkmalpflege aufhebt bzw. negiert?
Ja, diese Möglichkeit sieht das Gesetz vor. Doch es ist noch zu früh, um abzuschätzen, ob die Stadtgemeinde Brixen oder die Landesregierung diesen Weg tatsächlich einschlagen würde. Jedenfalls täten sie nicht gut daran, sich an der Zerstörung des Obstbaumgartens als prägende Komponente des Ensembles Fürstbischöfliche Hofburg, als Ort der Obstkultur mit großer Sortenvielfalt und der Gartengeschichte seit dem Mittelalter bis heute zu beteiligen.
Die äußerst wichtigen und
Die äußerst wichtigen und interessanten Ausführungen der Expertin Waltraud Kofler Engl sind noch durch einige Zahlen zu ergänzen: Otto Jolias Steiner hat für seinen undurchführbaren Vorschlag 80.000 Euro erhalten, die Durchführung des Wettbewerbes hat 120.000 Euro gekostet, die Miete ist inzwischen von 25.000 auf rund 27.000 Euro jährlich angestiegen, für sein erstes Exposé hat André Heller angeblich "nur" 40.000 Euro erhalten. Es wurden also bisher ziemlich genau 500.000 Euro vergeudet, denn das einzig brauchbare Ergebnis aus diesen zehn Jahren, das Siegerprojekt des Wettbewerbes, wurde als zu wenig attraktiv verworfen. Hier wird also nicht nur an der Zerstörung eines Kulturdenkmales, sondern auch an der Vernichtung öffentlicher Gelder gearbeitet.
Die Grundfrage ist doch: Soll
Die Grundfrage ist doch: Soll der Garten touristisch genutzt werden, als Publikumsmagnet, dann ist Heller sicher der Garant dafür. Soll der Garten aber im Rahmen des Denkmalschutzes "erneuert" werden, das heißt besser in unsere Zeit passen und der Bevölkerung offen stehen, ist das eigentliche Gewinnerprojekt das richtige. Wie so oft stehen sich kulturelle und politisch-wirtschaftliche Interessen gegenüber.
Hier geht es darum, dass
Hier geht es darum, dass demokratisch gewählte Politiker ein Kulturdenkmal zerstören wollen und unsere Steuergelder zum Fenster hinausschmeißen. Es ist notwendig, Fehlentscheidungen dieser Art publik zu machen, damit sich die Wähler bei der nächsten Wahl überlegen, wem sie ihre Stimme geben.
Ach Frau Kofler-Engl,
Ach Frau Kofler-Engl, verlagern wir den Frust doch anderswo hin! Allzuviel wurde von dem Kulturgut bis heute ja nicht erhalten und vielleicht sorgt der helle Heller ja dafür, dass zumindest die finanziellen Löcher wieder gestopft werden, die die umsichtige Verwaltung bisher aufgebaggert hat. Es ist ja nicht nur Marokko, Heller hat am Gardasee und in Hall schon die Besucher begeistert, was dem Denkmalpflegekuratorium in Südtirol bis heute wohl nicht so ganz gelungen ist.
In risposta a Ach Frau Kofler-Engl, di Oskar Egger
Frustriert ist nicht nur Frau
Frustriert ist nicht nur Frau Kofler Engl, sondern jeder Südtiroler und jeder Südtirol-Gast, dem die Erhaltung unserer Kulturgüter am Herzen liegt. Wer meint, dass Kultur überflüssiger Luxus ist, der kann ja für die Errichtung einer Go-Kart-Rennstrecke im Hofburggarten plädieren. Das würde wohl am meisten Geld einbringen.
In risposta a Frustriert ist nicht nur Frau di Hartmuth Staffler
...na ja, die sind ja einiges
...na ja, die sind ja einiges gewöhnt bisher in Südtirol! Go-Kart? Schwarz-weß-Maler...
Kunst vs. Kultur, Kommerz vs.
Kunst vs. Kultur, Kommerz vs. Konservativismus - das ewige Dilemma, seit es staatliche Denkmalpflege gibt. Nicht nur in Südtirol. Wer hat recht? Beide natürlich. Die Wahrheit liegt ja immer im Auge des Betrachters. Für das Publikum ein unterhaltsamer Boxkampf, und wie drollig: Es darf beide Kontrahenten mit seinen aus der Rippe geschnittenen Steuergeldern bezahlen. Ring frei zur nächsten Runde bis zum Knock out!