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SVP auf Brautschau

Am 13. November finden erstmals landesweit die Wahlen zu den SVP-Ortsausschüssen statt. Doch warum sollte sich jemand heutzutage noch in “dieser Volkspartei” engagieren?
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Foto: Salto.bz

Was macht eine Partei, die von sich selbst sagt, “Platz für alles außer extreme Positionen” zu bieten, in Zeiten, in denen sich immer weniger Menschen mit der herkömmlichen Art und Weise, Politik zu machen, identifizieren; in Zeiten, in denen die Bereitschaft, sich (partei-)politisch zu engagieren zusehends sinkt und immer mehr das “Ich” und weniger das “Wir” im Vordergrund steht? Die Herausforderungen für eine Sammelpartei, wie es die Südtiroler Volkspartei nach wie vor sein möchte, sind groß. Das weiß auch Philipp Achammer. Doch der SVP-Obmann will der Parteienverdrossenheit entgegenhalten, wie er am frühen Montag Nachmittag betont. Sein Rezept, um die Volkspartei den Menschen (wieder) schmackhaft zu machen: Ihnen das Gefühl und die Möglichkeit geben, vor Ort etwas bewirken zu können. Wie? Indem sie sich in den über 290 Ortsgruppen, die die SVP in ganz Südtirol hat, engagieren.
Am Sonntag, 13. November finden zum ersten Mal landesweit die Wahlen zu den SVP-Ortsausschüssen statt. Eine Gelegenheit, die die Parteileitung nutzt, um daran zu erinnern, warum es auch nach 70 Jahren noch angebracht sein kann, in der SVP mitzumachen und “Teil dieser Volkspartei” zu sein.


Zeiten ändern sich – und die SVP?

Wenn am Sonntag, 13. November, 220 SVP-Ortausschüsse neu bestellt werden, gibt es gleich mehrere Premieren: “Erstmals werden die Wahlen im ganzen Land am gleichen Tag durchgeführt”, erklärt Obmann Philipp Achammer, flankiert von seinen Stellvertretern Daniel Alfreider, Angelika Wiedmer und Zeno Christianell. Zudem wurde im neuen Parteistatut, das im Mai dieses Jahres verabschiedet wurde, die Amtszeit der Ausschüsse vereinheitlicht und auf 5 Jahre verlängert. “Und schließlich”, so Achammer weiter, “wird es für die Parteimitglieder zum ersten Mal möglich sein, online ihre Stimme abzugeben”. Das Online-Voting wird an drei Tagen und vor der traditionellen Urnenwahl mit Stimmzettel am 13. November stattfinden. Am 9., 10. und 11. November können die Parteimitglieder mithilfe eines Kodex, der ihnen zugeschickt wird, ihre Stimme anonym abgeben.

Die Absicht dahinter ist klar: Die Wahlbeteiligung, die bei den bisherigen Ortsausschusswahlen zwischen einem Drittel bis 50 Prozent lag, steigern. Und: Mehr Menschen, vor allem Jugendliche, sollen Lust und Interesse auf die Partei bekommen. Dass die Mitglieder der SVP immer weniger werden, ist kein Geheimnis. Die Behauptung, “die Südtiroler Volkspartei ist mit über 37.000 Mitgliedern die mit Abstand stimmenstärkste und am dichtesten vernetzte Partei Südtirols” auf der SVP-Homepage mag wohl den Tatsachen entsprechen. Aber das Ziel von 50.000 Mitgliedern war Ende 2015 klar verfehlt worden. Ganz zu schweigen von jenen Zeiten, als noch über 80.000 Südtirolerinnen und Südtiroler ein Parteikarte mit dem Edelweiß besaßen.


Auf Brautschau

Unter dem Motto “Ja! Ich will…” geht die SVP nun im Herbst 2016 auf Mitgliederfang. “Immer nur Nein sagen ist zu wenig”, erläutert Achammer den Kampagnenslogan; Kritik sei zwar stets willkommen, auch innerhalb der Partei, aber “wir wollen Menschen dazu motivieren, konkret etwas zu ändern”, so Achammer. Und wo könnte das naheliegender sein als vor Ort, im Heimatdorf oder der Heimatgemeinde? “Die Ortsgruppen, von denen es durchschnittlich mehr als zwei in jeder Gemeinde gibt, sind die kleinsten Teilstücke im Mosaik Volkspartei”, veranschaulicht Daniel Alfreider, “und jedes einzelne Mitglied ist wichtig im Gesamtbild. Vergessen wir nicht, dass es die Mitglieder sind, die seit 70 Jahren die Richtung der Partei vorgeben”. Das soll auch künftig so bleiben, betont der Parteiobmann. Den Vorwurf, Ortsgruppen und -ausschüsse dienten einzig dem Parteikarten-Sammeln und der Durchführung von Wahlkampagnen, weist Achammer entschieden zurück: “Die Ortsausschüsse sind das Aushängeschild der SVP vor Ort, sie geben die grundsätzliche Arbeit der Partei auf Gemeindeebene vor und entscheiden bei der Kandidatenwahl und der Besetzung der Gremien wie Gemeindeausschüssen mit. Darüber hinaus ist im neuen Parteistatut das Initiativrecht festgelegt, mit dem Ortsausschüsse Themen auf Bezirks- und Landesebene einbringen und somit Einfluss ausüben können.”


Fragezeichen Wipptal

Bis 29. Oktober besteht die Möglichkeit, Parteimitglied zu werden und am 13. November seine Stimme abgeben zu können. Ebenfalls bis 29. Oktober haben interessierte Mitglieder Zeit, ihre Kandidatur für einen der 220 Ortsausschüsse einzureichen. Dass nicht alle 290 Ortsausschüsse neu gewählt werden, hat übrigens mehrerlei Gründe. Der brisanteste ist dabei wohl die Tatsache, dass die Kontakte zwischen dem Bezirk Wipptal und der Parteileitung in Bozen nach wie vor auf Eis liegen. Nach dem Beschluss der Landesregierung, die Geburtenstation in Sterzing zu schließen, hatten die Vertreter der örtlichen Bezirksleitung den Kontakt zu Bozen abgebrochen.

Aus diesem Grund scheinen die rund 20 Wipptaler Ortsgruppen unter den Ortsgruppen, die am 13. November ihre Ausschüsse wählen, nicht auf. Noch im Laufe dieser Woche soll es ein Treffen zwischen Parteileitung, Bezirksvertretern geben. Mit dabei wird auch Landeshauptmann Arno Kompatscher sein, der am Montag Nachmittag in der letzten Reihe aufmerksam den Worten seines Parteiobmannes und dessen Stellvertretern lauscht. “Ich hoffe, dass sich die Situation und die Beziehungen wieder normalisieren”, wünscht sich Philipp Achammer für das Treffen mit den Wipptalern. Falls sich sein Wunsch erfüllt, “gilt es zu schauen, ob die technischen Voraussetzungen gegeben sind, auch im Wipptal die Ortsausschüsse am 13. November zu wählen”, sagt Achammer zuversichtlich.