Economia | grundeinkommen

„Wir sind noch immer gerne Fremdbestimmer“

An gleich drei Abenden ist kommende Woche eine der zentralen Figuren der internationalen Grundeinkommensbewegung in Südtirol zu Gast. Ein Vorgeschmack auf Daniel Häni.*
bildschirmfoto_2016-10-14_um_12.45.32.png
Foto: salto

Salto.bz: „Wer bestimmt, wenn jeder selbst bestimmt“: Unter diesem Titel werden Sie in der kommende Woche in Bruneck, Meran und Brixen für ein bedingungloses Grundeinkommen eintreten. Geht es dabei allem voran um eine Machtfrage? 

Daniel Häni: Ja, im Kern geht es um eine Machtumverteilung. Mehr Macht beim Einzelnen. Mit einer bedingungslosen Existenzsicherung sind wir weniger manipulierbar. Wir werden dafür mehr bei unserer Verantwortungsfähigkeit angesprochen. Wir können angstfreier auch mal Nein sagen. Es geht um mehr Selbstbestimmung. Daher kommt die große Gegnerschaft.

 So mancher Kritiker behauptet ja, dass eine Gesellschaft mit Grundeinkommen weit weniger sozial wäre als unsere heutige Wirtschaftsordnung. Zum Beispiel, weil auch Millionär noch monatlich bedingungslos jene rund 1500 Euro erhalten würden, die Sie in der Schweiz als das definiert haben, was ein Mensch unbedingt zum Leben braucht.

 
Das ist sogar sehr wichtig. Das Grundeinkommen ist von allen und für alle. Es räumte auf mit der feudalistischen Vorstellung, dass die Reichen für die Armen sorgen würden. «Sozial» ist nicht, den Armen zu helfen, sondern sich nicht über sie zu stellen. Das Grundeinkommen ist ein Grundrecht, wie das Stimm- und Wahlrecht.

Unser heutiger Sozialstaat beruht auf dem Prinzip: Wer arbeiten kann, der muss". Sie wollen das mit einem bedingungslosen Grundeinkommen umdrehen, und sagen: «Wer nicht muss, der kann». Warum ist laut Abstimmung in Schweiz nur jede/r fünfte Bürger/In bereit, sich auf ein solch verheißungsvolles Versprechen einzulassen? 


Die Menschen tun sich schwer, Gewohnheiten zu ändern. Die Mehrheit meint immer noch besser zu wissen, was für die anderen gut ist. Wir sind noch immer gerne Fremdbestimmer. Es braucht also viel Geduld und Aufklärung. Die Erde wurde schließlich auch nicht von einem Tag auf den anderen rund. Im Kanton Basel-Stadt gab es übrigens einen Ja-Stimmenanteil von 35% und in einigen Stadtbezirken in Zürich und Genf sogar auf Anhieb eine Mehrheit. Bemerkenswert sind auch die 69% der Schweizer und Schweizerinnen, die damit rechnen, dass es eine zweite Abstimmung zum Grundeinkommen geben wird. Das Thema ist nicht vom – wie einige vermuten würden – sondern auf dem Tisch.

Zwei der häufigsten Argumente gegen das Grundeinkommen sind: „Das können wir uns nicht leisten“ und „Wer macht dann all die schmutzigen und monotonen Arbeiten, die nicht das Selbstverwirklichungspotential bieten, das Grundeinkommen ermöglich soll".  Was sind die Antworten darauf?


Dass wir es uns nicht leisten können, ist ein Irrtum. Das Grundeinkommen ist kein zusätzliches Einkommen. Es ist nicht mehr Geld. Vielmehr stellt sich die Frage, wie lange wir es uns noch leisten wollen, Menschen in unnötigen Abhängigkeiten belassen zu wollen. Es müsste mal berechnet werden, wie hoch der volkswirtschaftliche Schaden ist, solange wir noch kein bedingungsloses Grundeinkommen haben. Monotone - also berechenbare - Arbeiten werden sehr wahrscheinlich in Zukunft noch deutlich mehr von Robotern übernommen werden. Schmutzige Arbeiten sind oft Arbeiten, die den Schmutz wegmachen. Die müssen wir entsprechend der Leistung in Zukunft besser wertschätzen, dann würden wir sie wahrscheinlich auch weniger als schmutzig ansehen.

* Daniel Häni ist Unternehmer, Mitbegründer der Schweizer Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen und wichtiger Treiber der internationalen Grundeinkommensbewegung. Er ist Co-Autor des Buches „Was fehlt, wenn alles da ist? Warum das bedingungslose Grundeinkommen die richtigen Fragen stellt“. Daniel Häni wird im Rahmen von Markus Lobis Veranstaltungsreihe „quer.denken. – Impulse für den Wandel“ in Südtirol auftreten – jeweils um 20 Uhr am 18. Oktober im Jugend- und Kulturzentrum UFO Bruneck, am 19. Oktober in der Cusanus Akademie Brixen und am 20. Oktober 2016 in der Urania Meran.