Economia | Paukenschlag

Die Übernahme

Die beiden Beteiligungsunternehmen „Euregio Finance AG“ und „Botzen Invest AG“ fusioniern. Dabei schluckt der David den vermeintlichen Goliath.

Fusion klingt besser als Übernahme. Doch in Wirklichkeit wäre der zweite Begriff passender.
Offiziell läuft das Ganze unter der Bezeichnung Fusion. Seit Wochen liegt das Fusion-Projekt im Firmenregister der Handelskammer zur Einsicht auf. Von den Verwaltungsräten der beteiligten Gesellschaften bereits im vergangenen Jahr genehmigt, soll die Fusion in den nächsten Wochen umgesetzt werden. Bereits die offizielle Bezeichnung spiegelt dabei das Kräfteverhältnis wieder: „Projekt einer Fusion durch Einverleibung der Euregio Finance AG in die Botzen Invest AG“.
Es ist das Zusammengehen der beiden größten Finanzierungsgesellschaften der Region Trentino-Südtirol. Gleichzeitig ist diese Fusion aber auch das überraschende Ende eines ehrgeizig gestarteten Projekts: der Euregio Finance AG.

Große Pläne

Am 3. Oktober 2003 wird in Bozen die Euregio Finance AG gegründet. Gesellschafter des Unternehmens sind über 30 bekannte Südtiroler Unternehmer. Die Aktionärsliste liest sich wie ein Who is Who der Südtiroler Wirtschaft.
Präsident des Verwaltungsrates ist auch heute noch Franz Senfter, sein Stellvertreter Franz Staffler. Geschäftsführer wird der Manager und D'Alema-Berater Gilberto Gabrielli. Im Aufsichtsrat sitzen auch heute noch Walter Außerhofer und Norbert Plattner.
Von Anfang an hat die Euregio Finance AG besonders gewichtige Unterstützung in zwei Bereichen: in der Politik und in der Bankenwelt. Maßgeblich an der Gründung beteiligt ist das Duo Norbert Plattner und Gerhard Brandstätter, die wenig später an die Spitze der Stiftung Sparkasse bzw. der Bank berufen werden. Zudem erhält das Unternehmen seinen politischen Ehrenschutz durch Landeshauptmann Luis Durnwalder. Durnwalder begrüßt die Gründung der Finazierungsgesellschaft öffentlich mit eindeutigen Worten:

Wenn es um die Finanzierung von Großprojekten in der Region geht, brauchen wir Initiativen wie die Euregio Finance. Heimische Unternehmer sollen die Chance erhalten, sich an lokalen Projekten zu beteiligen.“

Die Euregio Finance schielt zu Beginn vor allem auf das Jahrhundertprojekt Brennerbasistunnel. Doch am Ende geht diese Rechnung nicht auf. Trotz bester Voraussetzungen wird die Euregio Finance Ag nicht wie geplant zu einer großartigen Erfolgsstory.

 

Harte Landung

Die Euregio Finance hat heute ein Gesellschaftskapital von 9.379.534 Euro und 42 Gesellschafter. Die größten Aktionäre sind die Senfter Holding SPA (17,37%), Franz Stafflers IFI AG (10,34%), die Veroneser CIS SPA (9,46%), Gilberto Gabrielli (9,17%), Nofra Srl (7,21%), die Bauarbeitergenossenschaft CLE (6,39%), Alps Finance Srl (6,32 %) GK Service GmbH (5,48%) und Hans Krapfs Haka Spa (4,435).

Euregio Finance: Kein rosiger Geschäftsgang.

Die Euregio Finance hat und hatte zwar ein halbes Dutzend Beteiligungen, der Geschäftsgang des Unternehmens sieht aber alles andere als rosig aus.
So ist etwa die Beteiligung der Euregio Finance an der „Rosengarten AG“, die unter anderem die Fernsehsender „Sdf“ und „Video Bolzano 33“ betreibt, inzwischen erloschen. Der Grund, die Finanzierungsgesellschaft beteiligte sich nicht mehr an der letzten Kapitalerhöhung. Kleinere Beteiligungen besitzt die Euregio Finance bei dem Palmöl-Kraftwerk „Bolzano Energia“ in Franzensfeste, das bis heute nicht realisiert wurde. Oder bei der Südtiroler Sparkasse, wo die Euregio Finance 2008 um über 450.000 Euro Aktien erworben hat. Mit allen diesen Beteiligungen hat man bisher viel Geld verloren.
Einziger Lichtblick ist die 5-Prozent-Beteiligung an der „FT Energia Spa“, einer Tochter der „La Finanziaria Trentina SPA“. Die FT Energia Spa hält 11,87 Prozent des Trentiner Stromversorgers Dolomiti Energia. Diese Beteiligung wird mit rund 4 Millionen Euro bewertet.

Der kleine Bruder

Die „Botzen Invest Ag“ entsteht 2009 auf kirchliche Initiative. Das Trentiner „Istituto Atesino di Svilupo SPA“ (ISA) und das Südtiroler „Diözesaninstitut für den Unterhalt des Klerus“ (DIUK) wollen eine Finanzierungsgesellschaft gründen. Es kommt eine Reihe von Unternehmern aus Südtirol und dem Trentino dazu.
Heute hat die „Botzen Invest Ag“ ein Gesellschaftskapital von 20 Millionen Euro und 23 Gesellschafter. Die größten Aktionäre sind die ISA SPA (32%), Hellmuth Frasnellis Investa GmbH (8%), das DIUK (4,8%), die Pedross Immobilien GmbH (4%), die MHM Holding GmbH (4%), die Progress Holding Spa (4%), Walter Pichler (4%), Paolo Forardori (4%), die Forst Bier AG (4%), die B-Capital Srl (4%) und die Rubner Vermögensverwaltung GmbH (4%). Präsident des Verwaltungsrates ist Ivo Barchetti, sein Stellvertreter Giorgio Franceschi.
Von der Euregio Finance Ag anfänglich als kleiner Bruder belächelt, überholt die Botzen Invest aber schon bald den mächtigen Konkurrenten. Bereits im dritten Geschäftsjahr erreicht die Botzen Invest den Break Even und schreibt Gewinne. Seit 2011 hat die Botzen Invest rund 1 Million Euro an Gewinn gemacht. In demselben Zeitraum hat die Euregio-Finance einen Verlust von rund 4,5 Millionen Euro angehäuft.

Lukrative Beteiligungen

Der unterschiedliche Geschäftsgang der beiden durchaus vergleichbaren Unternehmen wird vor allem an den Beteiligungen ersichtlich. Die Botzen Invest AG hält insgesamt an 12 Unternehmen Beteiligungen. Der Großteil davon durchaus lukrativ.
So ist die „Botzen Invest“ an drei Photovoltaik-Parks, der „Amico Sole Srl“, der „Sella Invest Sas“ und der „Pois Holding Srl“ beteiligt. Das Unternehmen hält auch 80 Prozent der Innsbrucker „Green & Clean GmbH", die eine Waschsalonkette mit 14 Standorten in Wien betreibt.
 

Bozen Invest: Im dritten Geschäftsjahr bereits in der Gewinnzone.

Zusammen mit der Brauerei Forst hat man die „Spiller GmbH“ gegründet, die 5 Bierlokale in verschiedenen italienischen Städten eröffnet hat. Mit 30 Prozent ist das Finanzierungsunternehmen aber auch an der „Haas GmbH“ beteiligt, die derzeit das PPP-Projekt einer Krankenhauswäscherei für den Südtiroler Sanitätsbetrieb in Auer fertigstellt. Zudem ist die Botzen Invest mit 27 Prozent auch an der neuen Brixner Privatklinik „Brixsana GmbH“ beteiligt. Dazu kommen noch einige kleinere Beteiligungen.
Die eindeutig lukrativste Investition ist aber eine 5,5-Prozent-Beteiligung an der „Eisackwerk Mühlbach GmbH“. Hellmuth Frasnellis Unternehmen betreibt das Kraftwerk Mühlbach und macht nach Steuern rund 6,5 Millionen Euro Gewinn im Jahr. Rund 250.000 Euro an Dividenden bekommt die Botzen Invest jährlich davon ausbezahlt.

Die Bewertung

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass sich die Rollen zwischen Euregio Finance und Botzen Invest längst vertauscht haben. Nach Informationen von salto.bz kommt die Initiative zur Fusion deshalb auch von der Euregio Finance. Die Verschmelzung ist eine Option, bei der niemand das Gesicht verlieren soll.
Dass es eine Fusion mit ungleichen Vorzeichen ist, kommt auch aus der Bewertung zum Ausdruck, die dem eingereichten Fusionsprojekt zugrunde liegt. In zwei Due Diligence wurden die beiden Unternehmen zum Stichtag 30. Juni 2015 bewertet. Demnach ist die Botzen Invest AG 25.125.000 Euro wert. Während die Euregio Finance AG auf einen Wert von 5.847.000 Euro kommt. Ein Verhältnis von 4 zu 1 zugunsten der Botzen Invest.

Die neue Gesellschaft

In den nächsten Wochen werden die Gesellschafterversammlungen der beiden Finanzierungsgesellschaften das Fusionsprojekt gutheißen. Dann wird die neue Gesellschaft operativ werden. Der umständliche Name des neuen Unternehmens „Botzen Invest Euregio Finance AG“.
Das Unternehmen soll ein Gesellschaftskapital von 24.560.000 Euro haben und ebenso viele Aktien zum Nominalwert von je einem Euro. Treten keine Gesellschafter zurück, wird die neue Finanzierungsgesellschaft 62 Aktionäre haben.
Die größten Aktionäre nach der Fusion sind dann die heutigen Botzen Invest Gesellschafter. Die ISA SPA mit 26,02 Prozent, die Investa GmbH (6,51%), das DIUK (3,91 %), die Pedross Immobilien GmbH (3,26%), die MHM Holding GmbH (3,26%), die Progress Holding Spa (3,26%), Walter Pichler (3,26%), Paolo Forardori (3,26%) die Forst Bier AG (3,26%), die B-Capital Srl (3,26%) und die Rubner Vermögensverwaltung GmbH (3,26%).
Erst danach folgen die bisherigen Euregio Finance-Gesellschafter. Die Senfter Holding SPA wird 3,25 Prozent halten, die IFI AG 1,92%, die CIS SPA 1,76% und Gilberto Gabrielli 1,70%.
Damit wird auch klar, wer wen geschluckt hat. Der kleine Bruder den vermeintlich großen Bruder.

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