Gute Remakes sind nicht unmöglich
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Der Filmbranche gehen die Ideen aus, heißt es immer wieder. Vor allem mit Blick auf Hollywood und die großen Studios, die in den letzten Jahrzehnten immer wieder zu Neuverfilmungen greifen, um durch bekannte Titel noch einmal ein Publikum ins Kino zu locken. Besonders moderne Remakes haben sich den Ruf erarbeitet, trotz großer Budgets billig zu wirken, lieblos zu sein, unverhohlen zu zeigen, dass es hier vor allem ums Geld geht. Doch es gibt einige Beispiele aus der Filmgeschichte, die zeigen, dass eine erneute Verfilmung derselben oder einer ähnlichen Geschichte nichts Schlechtes sein muss. Im Gegenteil sind einige der wichtigsten und bekanntesten Werke im Kern Remakes.
Aktuell hat der Filmclub Bozen ein solches Remake in das Programm aufgenommen. Die Rede ist von Für eine Handvoll Dollar, der letzte Woche von meiner Kollegin Sarah Franzosini besprochen wurde. Der Italo-Western war mitverantwortlich für die Erfindung dieses Subgenres und veränderte den Blick auf den klassischen, amerikanischen Western, der von heroischen Saubermännern geprägt war. Sergio Leone hat sich hierbei an einer Neuverfilmung versucht, wenngleich auch ohne Erlaubnis. Denn die Geschichte basiert auf dem japanischen Film Yojimbo – Der Leibwächter von Akira Kurosawa. Lediglich das Setting wurde verändert, anstatt in Japan spielt der Film im Wilden Westen. Beide Filme sind für sich großartig und zeigen die erzählte Geschichte auf ihre ganz eigene Art und Weise. Hier lässt sich nicht von einer ideenlosen Kopie sprechen – eigene Einfälle und ein eigener Stil treten deutlich hervor und erschaffen einzigartige Filme.
Kurosawa ist hierbei ein gutes Stichwort, waren doch noch mehr seiner Werke Vorbild für westliche Remakes. Aus Sieben Samurai wurde Die glorreichen Sieben von John Sturges – ebenfalls ein Klassiker. George Lucas wurde für sein Star Wars stark von Kurosawas Die verborgene Festung inspiriert, und im erweiterten Universum der Sternensaga finden sich immer wieder deutliche Anspielungen auf den japanischen Regisseur.
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Brian De Palma verfilmte Scarface von 1932 neu, John Carpenter Das Ding aus einer anderen Welt nach der Vorlage von 1951. In beiden Fällen hat die Neuverfilmung tiefere Spuren hinterlassen, wenngleich das die Qualität der originalen Werke nicht schmälert. Luca Guadagnino hat mit seinem Suspiria eine Neuinterpretation von Dario Argentos Original geliefert, und zeigt damit gut, dass Remakes eine eigene Identität brauchen, um aus künstlerischer Sicht zu funktionieren. Selbiges gilt auch für William Friedkin und Sorcerer, eine Neuverfilmung des französischen Films Lohn der Angst.
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Ihnen gegenüber stehen unzählige Remakes, denen es an eigenen Einfällen fehlt. Schlimmer noch ist es nur dann, wenn ein Remake nicht versteht, was das Original gut machte. So geschehen etwa bei der Neuverfilmung von Oldboy durch Spike Lee, einem eigentlich talentierten Regisseur, der jedoch den Kern des koreanischen Originals verfehlte und so die Frage nach dem Sinn des Remakes aufwirft.
Das eigentlich Interessante an Neuverfilmungen und ihren Originalen ist ohnehin zu sehen, in welcher Zeit, welcher Kultur, welchem Kontext sie entstanden sind. Allein deshalb lohnt es sich, gelungene Remakes ihrer Vorlage direkt gegenüberzustellen und zu sehen, wie verschiedene Filmemacher mit denselben Themen umgehen. Es ist deshalb lobenswert, dass der Filmclub Bozen das Prinzip Remake näher beleuchtet. Dadurch, dass im Fall von Yojimbo und dem Leone-Western beide Werke gezeigt werden, können sich interessierte Zuschauer*innen dem direkten Vergleich aussetzen. Und sie sollten es tun.