Oswald Schiefer: „Das Schlimmste ist, wenn man die Arbeit verliert“
Herr Schiefer, Sie als Unterlandler kennen einige Betroffene, die in diesen Tagen um ihre Existenz bangen. Die Arbeiter selbst wollen nicht sprechen.
Die Arbeiter stehen unter extremer Anspannung. Auch deshalb, weil noch nichts entschieden ist. Da will sich niemand hinauslehnen. Schon vor Weihnachten ging ja die Botschaft um, dass es einige gibt, die in die Mobilität überstellt werden. Dann wollte man ihn wohl nicht das Christkindl kaputt machen. Hat die Zeit verstreichen lassen. Aber jeder wusste: im Januar wird noch was kommen.
Klarheit gibt es immer noch keine
Das ist das Schlimmste. Niemand weiß, wie viele betroffen sind. Die Arbeiter werden von der Konzernleitung, die ja in Deutschland sitzt, im Ungewissen gelassen. Zuerst heißt es immer, die Belegschaft ist das Betriebskapital. Jetzt zählt jeder nur mehr seine eigenen Euros und will die eigene Haut retten.
Dann wollte man ihn wohl nicht das Christkindl kaputt machen. Hat die Zeit verstreichen lassen. Aber jeder wusste: im Januar wird noch was kommen.
Gespräche mit den Gewerkschaften stehen an. Was erwarten Sie sich?
Das ist ja auch ein großes Problem. Die Gewerkschaften engagieren sich nicht so sehr, weil wenige Arbeiter in der Gewerkschaft organisiert sind. Der Betrieb selbst hat das nicht so unterstützt.
Die negative Entwicklung lag schon länger in der Luft?
In den letzten Jahren hat die Würth in Rom rießige Investitionen gemacht. 50 bis 60 Hektar angekauft. Das ist natürlich zu unserem Nachteil. Denn jetzt heißt es, wir in Neumarkt sind zu weit weg vom Produktionsmarkt. Und bei uns wird jetzt abgebaut zu Gunsten von Rom.
Die Transparenz ist also Mangelware?
Da bin ich wirklich sehr enttäuscht von der Konzernleitung. Offenheit und Verantwortung schaut für mich anders aus. Immer wieder wurden in den letzten Jahren Stellen abgebaut, Arbeiter in die Frühpension geschickt, in die Mobilität überstellt. Eine schleichende Krankheit eben. Das ist das Schlimmste. Ein schneller Tod wie bei der Hoppe kommt mir da noch besser vor. Da gibt es dann Solidarität und Hilfsmaßnahmen. Und bei uns?
Wie es einem Arbeiter der Hoppe erging lesen Sie hier.
Welche Hilfe schwebt Ihnen vor?
Wir fordern endlich Klarheit. Und dann soll jeder, den es betrifft, kommen. Ich bin persönlich für jedes Gespräch verfügbar. Wir müssen da sein, für die Arbeiter, schauen wie es weiter geht. Niemand soll sich allein gelassen fühlen. Solidarität ist entscheidend.
Eine schleichende Krankheit eben. Das ist das Schlimmste. Ein schneller Tod wie bei der Hoppe kommt mir da noch besser vor. Da gibt es dann Solidarität und Hilfsmaßnahmen. Und bei uns?
Krise sind da, um sie zu meistern?
Es ist menschlich verständlich, dass jeder zunächst auf sich schaut und froh ist, wenn es ihn nicht trifft. Aber ich möchte klar signalisieren und auch an die Landesverwaltung appellieren: Wir müssen schauen, die Arbeiter gut unterzubringen, wie das auch bei der Hoppe passiert ist. Die Würth war ja in guten Jahren ein fleißiger Steuerzahler fürs Land. 40 Millionen jährlich gingen da teilweise ein. Jetzt soll das Land von dem etwas zurück geben. Nicht der Würth, denn das ist ein Fass ohne Boden, aber den Arbeitern.
Wie genau kann das ausschauen?
Umschulungsprojekte sollen angedacht, Arbeitsplätze gefunden werden. Die Familien, die in schwierige Situationen kommen müssen unterstützt werden. Schnell und unkompliziert.
Das Schlimmste, was einem im Leben passieren kann ist, wenn einem die Arbeit abhanden kommt. Die Identität geht verloren. Die Leute kommen nicht nur in eine finanzielle, sondern auch in eine menschliche Schieflage. Dem müssen wir entgegen wirken.
Sie geben den Arbeitern Hoffnung. Selbstmordberichte sind Ihnen bekannt.
In Venedig war in den letzten Jahren immer wieder davon zu hören, dass Unternehmensgründer und Arbeiter sich das Leben genommen haben. In Südtirol wird das mit den Selbstmorden immer unter den Teppich gekehrt. Das Schlimmste, was einem im Leben passieren kann ist, wenn einem die Arbeit abhanden kommt. Die Identität geht verloren. Die Leute kommen nicht nur in eine finanzielle, sondern auch in eine menschliche Schieflage. Dem müssen wir entgegen wirken.