Società | Diskussion

Pestizide: Der Kampf geht weiter

Der Frühling hat uns wieder, die Apfelbäume blühen – und die Pestizid-Diskussion kann wieder neu losgehen. Zwei Beispiele aus den Sozialen Netzwerken.

„Ich blogge, also bin ich“, ist das Motto von Werner Kräutler. Nach rund 20 Jahren Journalismus hatte sich der gebürtige Basler und Wahl-Tiroler einst geschworen, nie mehr publizistisch tätig zu sein. Zu viel Schere im Kopf, zu viele Handlanger von HerausgeberInnen und PolitikerInnen ortete er damals um sich. Nun allerdings, im digitalen Zeitalter, sieht Kräutler neue Chancen, Ansichten und vor allem die Kritik an herrschenden Zuständen niederzuschreiben – und macht davon mit Begeisterung auf seinem Blog Tirol isch toll Gebrauch. Dort wirft er den kritischen Blick auch immer wieder einmal über den Brenner, zeigt sein aktueller Eintrag. „Europaweit wird zwar eine heftige Diskussion über die Gefährlichkeit von Glyphosat, Pestiziden und Insektiziden geführt. Nur in einem Land gibt es diese Diskussion in den politisch devoten “Leitmedien” kaum bis gar nicht: in Südtirol“, so der provokante Auftakt. Gewürzt wurde er in einer am Wochenende über Facebook verbreiteten Version noch mit dem Südtirol-Logo und der Inschrift „Pestizidtirol“. Eine kreative Abwandlung, mit der er sich der Blogger offenbar doch zu weit hinausgelehnt hatte – denn das Pestizid-Tirol-Logo sucht man auf seinem Blog mittlerweile vergebens. Doch darüber hinaus scheut sich der Tiroler keineswegs, es sich mit der Online-Version des Leitmediums anzulegen – mit einem offenen Brief an die Stol-Redaktion, in der Kräutler harsche an einem Artikel zum Bienensterben vom vergangenen Freitag übt.

„Ihr habt mit Eurem Beitrag in STOL-Beitrag das Musterbeispiel eines Versuches abgeliefert, den LeserInnen “Sand in die Augen zu streuen“. Oder ist es lediglich eine völlig misslungene PR-Arbeit multinationaler Konzerne die Ihr in der Redaktion durchgewunken habt? Ich würde das gerne wissen.“

Kräutler kritisiert darin unter anderem die Behauptung, zwischen Obstbauern in Südtirol und Imkern würde eine „Win-win-Situation“ bestehen - oder auch die von Stol zitierten „negative Schlagzeilen aus dem Ausland, die in Südtirol einfach wiedergegeben würden ohne auf unser Bemühen und unsere gut funktionierende Zusammenarbeit hinzuweisen.

„Welche negativen Nachrichten aus dem Ausland sind es eigentlich noch, die Euer SVP-Duodezfürstentum urplötzlich und offenbar tsunamiartig überschwemmen?  Sind es die ausländischen Behauptungen, wonach es wissenschaftlich belegbar sei, dass Chemiegifte – insbesonders die in Südtirol gerne und massenhaft eingesetzten Neonicotinoide – weltweit zu einem dramatischen Bienensterben führen? Kommt es in Südtirol einer Volksverhetzung gleich, wenn ausländische Presseorgane davon berichten, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO Glyphosat als potentiell krebserregend bezeichnet?“

Doch es sind nicht nur die „bösen Ausländer“, die im Internet unsere Obstwirtschaft in Misskredit ziehen. Auch aus Naturns wurden in den vergangenen Tagen via Facebook aktuelle Zeugnisse der Problematik geliefert. „Mitten im schönen Naturns wird Gift gespritzt, in fließende Gewässer vor den Fenstern und Türen der Anrainer und das in 14 Tagen 10 Mal, um 7 Uhr morgens. Skandalös für die Nachbarn und Gäste. Schönes Naturns?“ - so der Begleittext zu folgenden Fotos.

Die Diskussion, die sie auslösten, schwanken zwischen Empörung, ein wenig Verteidigung und Nachdenklichkeit. Die findet sich zum Beispiel in folgender Überlegung eines Users: „Das Problem mit diesen unseren Kommentaren bleibt, dass wir ein Droh- uns Angstszenario zeichnen, das GEGEN eine Interessensgruppe gerichtet scheint. Ob, wir die so ANGEPRANGERTEN, damit von der Notwendigkeit eines Umdenkens überzeugen können?“ Bislang kann eine solche Frage wohl eindeutig mit Nein beantwortet werden. Doch wer sagt, dass die neue Saison nicht auch neue Wege und Einsichten eröffnet?