Die Atombombe war nur der Anfang
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Krieg. Krieg bleibt immer gleich. Mit diesen Worten beginnen die Videospiele der Fallout-Reihe. Seit Teil 3 entwickelt vom amerikanischen Studio Bethesda, zuvor von Black Isle Studios, hat sich die Serie einen festen Platz in den Reihen der zurecht gefeierten Spiele-Sagas gesichert. In Fallout hat die Welt den Atomkrieg bereits hinter sich. In den versprengten Resten der USA angesiedelt, erzählen die Spiele von der degenerierten Gesellschaft, die diese Kriege überlebt hat. Die Menschen bewohnen das verstrahlte Ödland, nur jene, die privilegiert und wohlhabend genug waren, sich vor der Katastrophe in einen der sicheren Bunker, genannt Vaults zurückzuziehen, führen ein Leben (scheinbar) frei von Gefahren. Denn oben ist es alles andere als sicher. Kriminalität, Gewalt, Betrug – das Ödland ist kein friedlicher Ort. In dieses Szenario wirft uns auch die Serien-Adaption, die von Bethesda Game Studios in Zusammenarbeit mit Amazon veröffentlicht wird. In acht Folgen erzählt die Serie eine Geschichte, die losgelöst von den Spielen existiert.
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Eine Frage der Perspektive
Während man im Spiel bloß eine Figur aus der Ego-Sicht steuert, präsentiert uns die Serie gleich drei Protagonisten. Zunächst wäre da Lucy, eine junge Frau und Vault-Bewohnerin, die durch einen unverhofften Schicksalsschlag den sicheren Bunker verlässt und an die unbekannte Oberfläche steigt. Maximus hingegen ist ein Knappe der Stählernen Bruderschaft, einer Art Sekte mit militärischer Ausrichtung. Er möchte seinem Herren dienen und im Rang aufsteigen, zieht dafür durch das Ödland, um die ihm aufgetragene Mission zu erfüllen. Als drittes wäre da ein sinistrer Ghoul, ein Mutant, der von der Strahlung mehr oder weniger zum Zombie gemacht wurde. Dennoch fähig zu denken, zieht der Ghoul als postapokalyptische Version eines Kopfgeldjägers durch das Ödland.
Anhand dieser drei Figuren erzählt die Serie von sehr unterschiedlichen Perspektiven auf die zerstörte Welt, Regeln und Moral. Während Lucy rechtschaffen und von daher etwas naiv auf die abgebrühten Bewohner der Oberwelt wirkt, zweifelt Maximus bald schon an den Werten der Bruderschaft, die von blindem Gehorsam geprägt sind. Der Ghoul hingegen ist skrupellos und schreckt nicht vor massiver Gewalt zurück. Er verfolgt nur sein eigenes Ziel, und nimmt dafür jedes Opfer in Kauf. Erst als sich die drei begegnen, sich ihre Wege kreuzen und dann wieder verlieren, müssen sie sich mit dem Denken der jeweils anderen auseinandersetzen. Das ergibt spannende Dynamiken. Allgemein lässt sich sagen, dass Fallout ein faszinierendes Gedankenexperiment bietet.
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Kompetent durch die Endzeit
Die Serie hebt sich von den zahlreichen misslungenen Videospieladaptionen ab. Sie erzählt eine eigene Geschichte und nimmt sowohl Welt wie auch Charaktere ernst. Deren Entwicklung ist zwar zuweilen etwas holprig erzählt und kann Klischees auch nicht vollständig umschiffen. Dennoch sind die Figuren gut gespielt, von Ella Purnell, Walton Goggins und Aaron Moten. Und auch Kyle MacLachlan, den die meisten vermutlich aus den Lynch-Werken Twin Peaks und Blue Velvet kennen, tritt auf. Den Szenen, durch die sich die Figuren bewegen, merkt man das hohe Budget der Serie an. Stylisch und durchinszeniert gibt sich diese Serie, sie unterhält und hat nur wenige Stellen, an denen Leerlauf herrscht. Untermalt werden viele Szenen von schmalzigen 50er Jahre-Songs, die manchmal etwas zu deutlich kommentieren, was in den Figuren innerlich vor sich geht.
Die Serie ist trotz aller Verwandtschaft zum Videospielt auch für jene geeignet, die mit Fallout bisher nicht in Berührung gekommen sind. Insgesamt sind es acht unterhaltsame Folgen, die allerdings nichts für Zartbesaitete sind. Fallout wartet mit so einigen Gewaltspitzen auf. Das Ödland kennt keine Gnade, genauso wenig wie seine Bewohner, der größte Feind, das zeigt sich bald, ist aber einer, der selbst die atomare Katastrophe überlebt hat: Der Kapitalismus.
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(c) Amazon