Società | Erntefest

Der Garten, l'orto - ein Glücksfall

Im Bozner „Orto Semirurali Garten“ geben sich Gartenarbeit und Integration die Hand. Im Jahreskreislauf.

Gartenarbeit ist mehr als säen, pflanzen, jäten, gießen und ernten. Gartenarbeit ist Jahreslauf, ist Kontakt mit der Natur und ist bei Donne-Nissà Kontakt mit dem Anderen. Das Erntefest am Wochenende von Samstag 21. und Sonntag 22. September soll Einblicke geben in die Gartenarbeit von knapp 60 Personen, in die Austellung „our garden – your garden“, soll Eintauchen lassen in Bangladesische Esskultur und Garten(kultur)filme wie etwa „God save the green.“

Meine Karotte

2010 initiierte Donne-Nissà den ersten gemeinsam, bepflanzten Garten in Bozen, „è un orto comunitario, interculturale e condiviso“, sagt Hilary Solly Leiterin der Organisation Donne-Nissà, die sich um die Belange von Migrantenfrauen kümmert. Jedes Jahr werden es mehr GärtnerInnen, die Auslastung ist erreicht, jeweils zwei Familien oder mindestens drei Personen teilen sich einen Anbaubereich von fünf Quadratmetern. „Abbiamo scoperto che è importante per loro avere un orto, che possono gestire come gli piace. Se c'è solo un giardino per tutti, non funziona. Perché ognuno vuole avere la su carota".  Nach Grundsätzen des biologischen Gartenbaus werden die Gärten bewirtschaftet, regelmäßig gibt es Treffen mit den GartenbesitzerInnen in denen Bepflanzungen, gemeinsame Aktionen oder Probleme besprochen werden.

GärtnerInnen mit unterschiedlichen Ansprüchen

„Il gruppo è molto eterogeneo“, sagt Solly und schmunzelt. Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Alte und junge Gartenbauer treffen sich im „Orto“ ebenso wie verschiedene Kulturen: Engländer, Polen, Deutsche, Letten und auch Südtiroler sind mit von der Partie, viele aus der Zone von Don Bosco. Einige betrachten den Garten als reine Erntestätte. Für andere ist er weit mehr geworden, ein Lebensmittelpunkt. Frauen aus Bangladesh etwa besuchen den Garten täglich. Aufgewachsen in ihrer Heimat mit riesengroßen Feldern, die bewirtschaftet werden müssen, sind diese kleinen Gärten mitten in Bozen für die Bangladesh-Frauen eine Insel. „Loro hanno una grande voglia di coltivare, è un punto di incontro per queste donne che non vanno nel bar a prendere un caffè. Per loro l'orto è una ragione per uscire di casa.“ Die Schüchternheit dieser Frauen sei oft sehr groß, der Garten ein Grund um aus ihrer Isolation heraus zu treten, eine andere Sprache zu hören, "è un primo passo verso l'integrazione", erklärt Solly.

"Per loro l'orto è una ragione per uscire da casa.“

                      

Ich und die Anderen

Auf etwa 1.000 qm, die bis vor wenigen Jahren in Bozen noch brach lagen, wachsen nun Kürbisse, Zucchini, Tomaten oder Gurken, ranken Bohnen, schimmern Johannisbeeren oder Himbeeren im Sommer durch. Gemüsebeet reiht sich an Gemüsebeet - fast 500 m² sind verbaut. Der Rest ist gemeinsam genutzte Fläche: Gartenhäuschen, Geräteschuppen, Kompostieranlage, Wasserbecken. Auch ein Treffpunkt ist vorgesehen, wo Austausch statt finden kann, denn Gartenarbeit ist mehr als die Ernte von Obst und Gemüse. Verantwortung übernehmen, für den eigenen Bereich, für die Bedürfnisse anderer. Der Erfolg gibt den Macherinnen von Donne Nissà recht: Die Gemeinde Bozen hat der Organisation den Grund mittlerweile kostenlos überlassen.

Gartenpädagogik ist längst salonfähig geworden, hält Einzug in Schulen, in Suchtprojekte oder in Integrationsarbeit wie in Bozen. Im Kontakt mit der Natur liegt Kraft, liegt Ruhe und Besonnenheit, ist Geduld von nöten. Mißerfolge gehören dazu. Garten ist Leben und das Erntefest heißt Freude, über das was war und das was wieder kommt. "Per noi il lavoro nell'orto non finisce mai", sagt Solly. "Adesso che finiamo la stagione progettiamo già la prossima. Con tutti." Ein Projekt von allen also, gelebte Demokratie im Garten.

Das Erntedankfest findet am Samstag den 21. September zwischen 14 und 22 Uhr im Semirurali-Garten an der Ecke Bari/Alessandriastraße statt. Am Sonntag, 22 September sind Garten plus Ausstellung Teil des Boznerradtags und von 9:30 bis 16:30 geöffnet. Die zweitägige Veranstaltung des Gartens endet mit der Präsentation des Dokumentarfilms “Banganà”, der dem Zuschauer das Leben der Wodaabe-Nomaden im Niger näher bringt. Den Film leitet der im Niger arbeitende Anthropologe Francesco Sincich ein. Um 19 Uhr in der "Rotonda", Alessandriastraße 47/b.