Cultura | Salto Afternoon
Poesie, Hip Hop und Blockflöte
Foto: Samira Mosca
Den Anfang machte Mensah selbst, nach Danksagungen, Grußworten und Programmhinweisen von Bart van der Heide und den Organisatoren der Residency, dem Forum Museion Art Club Forum, Gruppe New Audiences (Andrea Bernard, Alex Giovanelli, Ada Keller; Tracy Oberti - Aufsicht Museion; Roberta Pedrini - Gruppenleitung). „Museion Factory“ ist der Name des neuen Formats, das noch im Herbst mit einer weiteren Residency fortgeführt werden soll: Als nächster Gast ist dabei die experimentelle Kompanie „Teatro de los sentidos“ aus Barcelona geladen.
Mensahs Text „Celebratory Water“ war, passend zur multilingualen Residency „not about Water, actually“. Vielmehr war es eine Feier der Sprache als Identität und Freiheit stiftendes Element. Einige Zeilen daraus waren besonders kraftvoll:
(…) what a privilege it is to die fed and clothedlike a glass bottle full of airI fill myself with everything in front and behind mespiritless but performing some kind of full
Die nicht zu neidende Aufgabe auf Otis folgend das Mikrophon zu ergreifen übernahm Kursteilnehmer Daniel, der sich fürs Englische entschieden hatte und einen neuen, im Workshop entstandenen Text vortrug, der ohne Textblatt auskam. Kurz, aber in ihren Bildern durch Synesthesien (Verknüpfung von Sinneseindrücken, welche nicht zusammengehören) kraftvoll und stilistisch sicher war die erste Wortmeldung der Kursteilnehmer.
Auf ihn folgte Filomena, welche drei Schreibübungen aus dem Workshop auf die Bühne brachte. Der erste Text sollte dabei von einer Zeile eines zuvor geschriebenen ausgehen, der zweite von den Textbaustein „You are…“ fortführen und der dritte nur mit Worten aus den beiden vorangegangenen Texten arbeiten. Es ging, in den einzigen gereimten und wiederum englischen Gedichten um Gesten, Solidarität und Gefühle. Bewegung und Wind waren als Motive ein roter Faden, der letzte der drei Texte klang auf spannende Art fragmentarisch, brach aus der vielleicht etwas zu engen Formel aus.
Die nächste Teilnehmerin, Valentina, meldete sich auch verhältnismäßig kurz zu Wort, hatte eine Übersetzung eines Textes ins Englische dabei, welches den Abend dominierte. Sie sprach in intimen Bildern von einer Beziehung, vergoldete, wie es Otis Mensah später ausdrücken sollte, ihren Schmerz, nicht um ihn abzudecken, sondern um ihm einen Sinn zu geben.
Ania brach die Englischdominanz halb, indem sie erst einen englischen Text, dann dessen italienische Übersetzung nachlieferte und den Spieß somit umdrehte. Dann noch ein englischer Text und dann noch die italienische Übersetzung eines Texts auf Englisch. Besonders der letzte der vorgetragenen Texte in welchem es um eine Familienvater, Lippenstift und das Hadern mit festgefahrenen Geschlechter-Bildern ging, sprühte vor Sinnlichkeit. Ein Wort, welches den Abend an sich beschreiben könnte: Sinne geschärft von der Kälte, Ohren gespitzt.
Art Club Mitglied Alex „Giovi“ Givanelli, seines Zeichens auch Poetry Slammer, ließ sich die Teilnahme am Workshop und am Abend nicht nehmen, hatte wie seine Vorgängerin Archivmaterial, diesmal auf Deutsch im Gepäck: Einen Storytelling-Slam-Text von einem, der Auszog um die Welt zu erfahren, ein Dichter auf dem Fahrrad und den widersprüchlichen Menschen, die ihm begegnen. Der Text endet als einziger am Abend mit der Unzulänglichkeit von Sprache, mit Gedichten die in einen Fluss geworfen werden und einem Poeten, der pfeifend fortfährt.
Philomena kehrte noch einmal auf die Bühne zurück, diesmal mit Unterstützung eines Beats, rappte mehrsprachig über mehrsprachige Identität und fand einen guten Flow, leitete gleichzeitig den Abend zum musikalischeren Teil über, in welchem nach einem Flöten-Intermezzo von Leila, das mit dem leichten Hall, welchen man den Stimmen am Abend gab, eine angenehm beruhigende Wirkung hatte.
Otis gab dem nächsten Slot eine Wendung indem er zum Performen von „Rap Hymns“ überging, mit einem SP-Board (tragbares Gerät zur Wiedergabe von Samples, also kurzer Aufnahmen) bewaffnet und einen Mix aus Spoken Word Texten, die in Richtung Musik verschoben wurden und Songtexten, die lyrischer als in seinen Liedern vorgetragen wurden, die Grenzen verwischte.
Den Open Mic Teil beschloss - es folgte noch ein kurzes Konzert von Mensah - er schließlich gemeinsam mit Leila, Hip Hop und Blockflöte, artifizielle Effekte (die vor dem Bearbeiten alle in Bozen gesampelt wurden: Blätterrascheln, Flussrauschen, Schritte) und klares Spiel. Ein ungleiches Bühnenpaar, das überraschend gut harmonierte. Dazu gab es noch Fragmente eines noch unvollständigen Werks von Otis Mensah, den der Workshop ebenso wie die Teilnehmer inspiriert hatte, „Concrete Wings“, also Flügel aus Beton hatte der Künstler an der Talfer gefunden. Guten Flug.
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