Books | Salto Afternoon

Unsichtbare Brückenbauer

Wer sind die häufig vergessenen Helden*innen der Buchbranche? Zum Welttag des Buches ein Salto-Porträt über einen Übersetzer. Inkl. einiger Kurzgedichte aus seiner Feder.
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Foto: Privat

Im wunderbaren Film über den dichtenden Busfahrer Paterson von Jim Jarmusch heißt es gegen Ende des Streifens „dass das Lesen eines übersetzten Gedichts wie das Duschen mit einem Regenmantel ist.“ Mit diesen wenig schmeichelhaften Worten beginnt das Selbstbekenntnis von Werner Menapace, welches er im Buch rancore mi cresce nel ventre zu den von ihm übersetzten Gedichten n. c. kasers ins Italienische an den Anfang stellt.


Dass eine literarische Übersetzung stets auch ein Abenteuer ist, weiß Werner Menapace aus Erfahrung – egal welche Übersetzungstheorien und Übersetzungsstrategien den Markt gerade beherrschen. Seine Welt ist es: in zwei Sprachwelten zu leben und zu arbeiten.
So sehr sich Südtirol als mehrsprachiges Land brüstet, so bedauernswert ist der Tatbestand, dass von kulturpolitischer Seite das Berufsbild des Übersetzers immer noch ein stiefmütterliches Dasein fristet. „Unser Beruf wird erst seit kurzem wertgeschätzt“, erzählt Menapace im Gespräch mit salto.bz, „es wurde lange nicht erkannt, dass das Übersetzen eine Arbeit ist, eine kreative Arbeit, ein kreativer Akt.“

 

Werner Menapace studierte Germanistik und Romanistik in München und Vergleichende Literaturwissenschaft in Innsbruck. Seine Dissertation schrieb er über die Ungaretti-Übertragungen Ingeborg Bachmanns und Paul Celans. In seinen frühen Jahren arbeitete er als Mittelschullehrer, Universitätslektor und Werbetexter, seit den 1990er Jahren dann vor allem als Übersetzer. „Am Anfang waren es vor allem Aufsätze für wissenschaftliche Schriften der Universität in Trient. Zum Übersetzen von Belletristik kam ich eher spät, auch wenn ich das am liebsten mache.“ Im Jahr 2005 erhält er den Premio Letterario Internazionale Merano für die Übersetzung eines Gedichtes von Wolf Wondratschek ins Italienische.

 

Menapace begann – wie sein Bruder Klaus – bereits in jungen Jahren mit dem Verfassen von Gedichten und einem intensiven Beschäftigen mit Literatur. Während er seine eigene Lyrik aber noch nie ins Italienische übertragen hat, und wie er sagt „auch noch nie ein italienisches Gedicht geschrieben hat“, gehört er zu einer besonderen Minderheit seines Berufsstandes. Menapace ist im Deutschen wie im Italienischen sprachlich wie literarisch derart sattelfest, dass er mal auf Deutsch verfasste Literatur ins Italienische überträgt, mal auf Italienisch verfasste Literatur ins Deutsche. „Ich arbeite gerade an der Übersetzung gesammelter Gedichte und lyrischer Kurztexte von Josef Oberhollenzer, dazu, gemeinsam mit Alma Vallazza, an einer der Übersetzung des Buches Sincope von Roberta Dapunt.“
Oberhollenzer für den italienischsprachigen, Dapunt für den deutschsprachigen Kulturraum: „Man muss beide Sprachen gut kennen“, meint der in Tramin wohnhafte Übersetzer knapp und bescheiden, „wichtig sind aber ein gutes Textverständnis sowie Spaß und Freude an der Arbeit.“

So lange gibt man nicht nach, bis es nicht passt.

Vor wenigen Monaten erschien Giacomo Sartoris Göttliches Tagebuch in der Übersetzung von Werner Menapace im Kölner Verlag Launenweber. Bevor Menapace an die Übersetzungsarbeit ging, besorgte er sich alle Informationen zu dem aus dem Trentino stammenden Autor, sowie Rezensionen zum Originalwerk: „Das Buch im Original lese ich nicht, ich beginne mit der ersten Seite, mit der ersten Zeile“, sagt er so selbstbewusst, dass man seine sehr prompte Methode am liebsten anzweifeln würde. Erst als Menapace hinzufügt, dass für ihn „das Übersetzen die intensivste Art zu lesen ist“ und es demnach auch keinen Sinn macht, „wenn ich zuerst das Buch lese“ sind die Zweifel behoben.
Der zynische, sarkastische, ironische und witzige Tonfall Sartoris waren eine zusätzliches Motivation: „Sein Buch ist vordergründig blasphemisch, aber gleichzeitig auch ein sehr hintergründiges, philosophisches Werk, das zum Nachdenken anregt. Und es ist sehr liebevoll geschrieben, auch wenn der Autor kritisiert, steht dennoch die Liebe zu den Menschen zwischen den Zeilen.“

 

Vielleicht ist literarisches Übersetzen tatsächlich wie das Lösen eines Kreuzworträtsels – wie es Werner Menapace selbst einmal beschrieben hat? „Wenn irgendetwas nicht gelingt, das merkt man sofort. So lange gibt man nicht nach, bis es nicht passt.“ sagt er, verschmitzt lächelnd.