Die neue ZeLIG-Chefin

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„Männer haben keine Ahnung von Schleifen“, kontert Renate Mumelter auf die flapsige SALTO-Nachfrage, ob ihr bei der Wahl zur neuen Präsidentin der Filmschule ZeLIG eine festliche Schleife übergestülpt wurde. Mumelter kennt genug Geschichten über das Tragen und das Nichttragen von Bürgermeisterschleifen, war sie doch über viele Jahre im Presseamt der Stadtgemeinde Bozen tätig. Seit Montag ist die Film- und Kinokennerin neue Präsidentin eines medialen Projekts, welches mit der Genossenschaftsgründung im Jahr 1987 seinen Anfang nahm: ZeLIG. Der Name lehnt sich an einen Film aus dem Jahr 1983, in welchem Woody Allen (Drehbuch, Regie und Hauptrolle) Leonard Zelig gibt, der „offenbar aus dem Wunsch heraus, dazuzugehören und gemocht zu werden, unabsichtlich die Eigenschaften starker Persönlichkeiten in seinem Umfeld annimmt.“ Eine andere Wendung wird die Geschichte der Filmschule (Start ist im Jahr 1988) nehmen. Und nun steht ein weiterer "Entwicklungsschub" bevor.
Die ZeLIG-Akademie ist noch nicht unter Dach und Fach. Bereits in den Startlöchern steht aber ein demnächst anstehendes Herzensprojekt von Renate Mumelter
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Filmische Aufbauarbeit: Die Schule blickte seit ihren Anfängen ins Land, aber vor allem auch über die Landesgrenzen hinaus, um nach freien, internationalen wie genossenschaftlichen Vorgaben zu handeln – eine Genossenschaft will die ZeLIG auch weiterhin bleiben. Foto: Zelig
In der Liste der 17 Fachleute, Kulturschaffende, Akademikerinnen und Akademiker aus dem Film- und Fernsehsektor die im Jahr 1987 die Genossenschaft ZeLIG gründeten finden sich viele Namen, auch jener von Renate Mumelter. Ein Jahrzehnt vorher, Mitte der 1970er Jahre, hatte die Kulturjournalistin und Autorin eine Männerdomäne durchbrochen, nachdem sie 1976 als erste Frau den Vorsitz der Südtiroler Hochschülerschaft übernahm. Für den Vorsitz in der Genossenschaft ZeLIG sollte es dann doch noch ein paar Jahrzehnte dauern. „Die Genossenschaft ZeLIG war 1987 mit ESF-Geldern gegründet worden“, erzählt Renate Mumelter und erinnert an die ZeLIG-Anfänge, als es sich noch eher um einen „Fortbildungskurs als eine Schule“ handelte, wie dies einmal einer der frühen Absolventen, der Filmemacher Andreas Pichler kommentierte. Die Schule zeichnete sich aber bereits damals durch den mehrsprachigen Unterricht aus, sowie durch Dozentinnen und Dozenten, die als Profis direkt aus der Arbeitswelt kamen.
Ist das überhaupt eine Arbeit?
Einfach hatte es die Schule von Beginn an nicht. Auch wegen der Vorurteile vieler Südtirolerinnen und Südtiroler, wenn sie eine Kamera sehen, die nicht für die RAI-Tagesschau filmt. Im Sinne: Was ist schon Film? Ist das überhaupt eine Arbeit? „Die anfänglichen Schwierigkeiten einen Sitz für die Schule zu finden, lösten sich, als das Cineforum seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, später konnten im Oberauer Gemeindehaus Räume angemietet werden“, erinnert der vormalige Präsident Ferruccio Cumer in der von Historikerin (und Gründungsmitglied) Alessandra Zendron und Langzeitdirektorin Heidi Gronauer herausgegebenen Festschrift zum 20jährigen. Das war 2008. Inzwischen ist man schon seit langem eine international anerkannte und auf Festivals geachtete Ausbildungsstätte für Dokumentarfilmer. Was nun ansteht ist die mit Sehnsucht erwartete Anerkennung der Filmschule als Akademie. Die ZeLIG könnte demnach „als Körperschaft des Landes ständig wiederkehrende finanzielle Sorgen los sein“, gibt sich Mumelter zuversichtlich, „denn mit der Umwandlung in eine Körperschaft hört die an Beiträge gebundene Existenz auf, die Schule und die Arbeitsplätze immer wieder gefährdete.“
Die ZeLIG-Akademie ist noch nicht unter Dach und Fach. Bereits in den Startlöchern steht aber ein demnächst anstehendes Herzensprojekt von Renate Mumelter: ein Erinnerungsabend an die Kulturjournalistin Elisabeth Baumgartner, die sich in zahllosen Veranstaltungen ebenfalls um die Sichtbarmachung von Filmschaffen in Südtirol (auch als Mitbegründerin des Filmclubs) bemühte. Aber nicht nur. Neben ihrer journalistischen Tätigkeit engagierte sich Elisabeth Baumgartner intensiv in der Kulturarbeit, war Mitbegründerin der ar/ge Kunst und setzte sich bis zu ihrem Lebensende für den Erhalt der technischen Kulturgüter Südtirols ein. Die von Renate Mumelter kuratierte Veranstaltung In Memoriam Elisabeth Baumgartner geht Ende Mai im Filmclub in Bozen über die Bühne.
Im Dienste der Berichterstattung: Die gebürtige Wienerin Elisabeth Baumgartner (1938-2005) zog nach Abschluss der Kunstakademie in den 1960er Jahren nach Südtirol, wo sie sich der Kunst- und Kulturwelt widmete und anschließend als „Stimme Südtirols" über drei Jahrzehnte zu den bedeutendsten politischen Journalistinnen des Landes zählte. Ihr Werk beinhaltet die Aufarbeitung der Bombenjahre, kritische und vielfältige Filmprojekte und Portraits sowie unzählige Berichte und Interviews mit politischen Akteurlnnen in und rund um Südtirol. Unbequem und unverzichtbar. Foto: FilmclubDas Programm30.05.2025 um 18 Uhr
Elisabeth Baumgartner. 1938 - 2005
Dokumentarfilm von Gerd Staffler. Kamera Lukas Kobler
Anschließendes Gespräch mit Wittfrieda Mitterer (Kuratorium technische Kulturgüter), Gerd Staffler (Regisseur) und Zeno Braitenberg (Rai Südtirol)„Südtiroler Künstler: Markus Vallazza"
TV-Film, 1970/1971, Regie: Bruno Jori, Text: Elisabeth Baumgartner
Im Anschluss Gespräch mit Alma VallazzaElisabeth - eine Gesprächsrunde
Oktavia Brugger (Rai Journalistin und Politikerin) Barbara Gabrielli (Historikerin und Nachlasskuratorin) Eleonore Kleindienst (Architektin und Schwester) Martin Kaufmann (Gründungspräsident Filmclub) Karin Welponer (Gründungsmitglied ar/ge Kunst und Künstlerin) Moderation: Renate Mumelter31.05.2025-10 Uhr
Matinée zur sozialen & politischen Berichterstattung von Elisabeth BaumgartnerIch arbeite nur acht Stunden, mir geht es gut. Fallbeispiel Kaltern: Wie die Kinder den Fremdenverkehr sehen
Film, 1981, Konzept und Regie: Elisabeth Baumgartner Kamera: Fritz Pichler
Anschließendes Gespräch mit Rudi Meraner und Walter Mössler„Pressespiegel“ von und mit Elisabeth Baumgartner
Im Anschluss spricht der Historiker Hans Heiss über Elisabeth Baumgartner und ihre Bedeutung für die Südtiroler ZeitgeschichteArticoli correlati
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