Mann und Frau am Bahnhof
Foto: IDM Manuel Ferrigato
Società | Fritto Misto

Code happens

Die IDM hatte eine Idee. Sie war nicht gut.
  • Ich hab mich ja wirklich geärgert: Da mache ich einmal eine längere Zugfahrt, und dann verpasse ich das Zuckerle, von dem ganz Südtirol schon zu wissen scheint, nur ich wieder mal nicht. Bis zu 40 Prozent Rabatt (maximal satte 250 Euro) gab es ab 15. Juli auf Zugtickets, wenn Ziel- oder Startbahnhof in Südtirol liegen; eine Marketing-Idee der IDM, um Gästen die Anreise mit den Öffis zu versüßen. Doof nur, dass der Rabatt-Code, den man bei der Online-Buchung angeben musste, bald die Runde machte, und nicht bloß Touristen sich über verbilligtes Zugfahren freuen durften, sondern praktisch jeder, der einigermaßen mit einer Tastatur umgehen kann. Wie konnte das passieren? Steht die IDM - 2024 vom Land mit um die 30 Millionen Euro gefördert - etwa gar nicht für INNOWÄITORS DIWELOPERS MARKETERS, sondern für Irrsinniges Dummbatz Marketing?

    Wolfgang Töchterle, Chef-MARKETER und 2023 mit stolzen 126.213 Euro plus 10.000 Euro Zulage entlohnt, bedauerte, dass die Aktion nach nur wenigen Tagen abgebrochen werden musste, und er wusste auch sogleich, wer schuld dran war: „Wir haben die Aktion jedoch nun stoppen müssen, weil der Promocode, der die vergünstigte Anreise ermöglichte, durch reichweitenstarke lokale Medien an die Öffentlichkeit gelangt ist." Shit happens einfach, oder eben Code happens. Nicht etwa die Tatsache, dass der Code ALTOADIGE40 auf der IDM-Homepage im Dokument „Termini e condizioni" für jedermann und -frau immer einsehbar gewesen war, stellte den Schönheitsfehler dar, sondern die Tatsache, dass man darüber berichtet hatte. Böse Medien wieder mal! Wie hätte man sich auch in seinen kühnsten Träumen vorstellen können, dass der Kniff sich auch ganz ohne Mithilfe von Salto und Co. rasant verbreitet, im Zeitalter von Whatsapp-Gruppen, Social Media und Seiten wie mydealz.de? Offenbar hing man bei der IDM der bewusstseinsgetrübten Vorstellung nach, die Südtiroler kommunizierten träge und zeitintensiv mittels Brieftauben und Rauchzeichen – da kann es dann schon dauern, bis sich das rumspricht mit dem Ticket-Trick. 

     

  • Das Ganze ist in seiner Ausführung so gaga, dass ich einfach nicht an ein Versehen glauben kann. Nicht bei so erfahrenen MARKETERS. 

  • Dabei wäre man ja, nach eigenen Angaben, auf dem richtigen Weg gewesen: In einer Mail an die Gastbetriebe, die über den Abbruch der Aktion informiert, weist die IDM darauf hin, dass man ursprünglich durchaus mit personalisierten, also nicht übertragbaren Codes gearbeitet habe, dann aber „um in kürzester Zeit eine deutlich höhere Anzahl an Kunden zu erreichen“ und (nobel vorgeschoben?) „eine spürbare Reduktion des Verkehrs auf Südtirols Straßen zu ermöglichen“, auf den generischen Code umgeswitcht habe – den jeder dann ganz easy benutzen konnte. So so. Eine deutlich höhere Anzahl an Nutzern wurde durchaus erreicht, nur halt eben die falschen, und das Ganze ist in seiner Ausführung so gaga, dass ich einfach nicht an ein Versehen glauben kann. Nicht bei so erfahrenen MARKETERS. 

    Meine Theorie ist ja, dass man den Einheimischen ganz bewusst etwas Gutes tun wollte, es aber als Missgeschick getarnt hat, weil’s sonst nach schlechtem Gewissen riecht: Hier, wir holen euch so viele Touris her, die Wanderwege und Straßen verstopfen, dafür sollt ihr ruhig mal bissl billig Zug fahren mit deren Ortstaxen. Eine verschleierte Maßnahme zur Aufpäppelung der darbenden wohlmeinenden Tourismusgesinnung sozusagen. Es lief dann halt aus dem Ruder. Ich hätte da aber neue Ideen: Gratis-Eis für alle, die „Strakkiatela“ sagen. Prämien für Socken in Sandalen. Ein Glasl Vernatsch für jedes „oh che bello!“. Oder, ganz verwegen, einfach generell mit der Ortstaxe ordentlich rauf und damit Projekte finanzieren, die der Bevölkerung zugutekommen. Nachhaltige, soziale Sachen, finanziert von Karlheinz aus Mannheim und Nour aus Dubai. Wäre doch was und würde uns die Touristen wohl auch mit gnädigerem Auge sehen lassen. 

Bild
Profile picture for user Herta Abram
Herta Abram Ven, 07/25/2025 - 08:41

Wie immer, klar und deutlich gemacht von Alexandra Kienzl!
"...mit der Ortstaxe ordentlich rauf und damit Projekte finanzieren, die der Bevölkerung zugutekommen."

Meine zusätzliche Forderung:
Einen Tagesgästebeitrag einführen, für die Klimafolgeschäden!
Dazu gehören direkte Folgen wie Extremwetterereignisse und indirekte Folgen wie Gesundheitsrisiken und Schäden an Ökosystemen.

Ven, 07/25/2025 - 08:41 Collegamento permanente