Politica | Sanität

Brief mit Nebenwirkungen

Ihr offener Brief hat Elisa Reiterer und mehreren Jungmedizinern ein Treffen mit der Spitze des Sanitätswesens verschafft. Die Stimmung nach dem Gespräch? “Konstruktiv.”
Jungmediziner
Foto: LPA/rm

Dass sie sich derart rasch mit Martha Stocker und Thomas Schael höchstpersönlich an einem Tisch wiederfindet, hat sich Elisa Reiterer nicht erwartet. Nur eine Woche ist vergangen seit die 25-jährige Medizinstudentin aus Meran gemeinsam mit 158 Kolleginnen und Kollegen – Südtiroler Medizinstudenten und bereits praktizierende Ärzte in Österreich – einen offenen Brief an die Gesundheitslandesrätin und den Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes verschickt hat. Die Aufregung war groß, die Einladung von Stocker und Schael zu einer Aussprache folgte prompt. “Ich hatte mir schon eine Reaktion erwartet, aber nicht, dass der Brief derart einschlägt”, gesteht Reiterer im Gespräch mit den zahlreich erschienenen Medienvertretern am gestrigen Montag (23. Jänner) Abend. Angehört werden, das wollten die jungen Mediziner von den Zuständigen der hiesigen Sanität, wie Reiterer im salto.bz-Interview vergangene Woche klar machte. Angehört sind sie nun worden – mit einem erneut unerwarteten Ergebnis.

Gespräch gesucht – und gefunden

Pünktlich um 18.30 Uhr öffnet sich am Montag die Tür zum Raum Nr. 486 im 4. Stock des Landhaus 12 in der Kanonikus Michael Gamper-Straße. Dort sind die Räumlichkeiten und Büros jener Ressorts angesiedelt, die Martha Stocker unterstehen. Herein tritt die Landesrätin an diesem Abend mit ihr einem Reigen an Mitarbeitern. Erwartet wird der Tross von vier jungen Menschen, die sich durchaus souverän den Fragen der Journalisten stellen. Ja, sie haben polarisieren wollen, gestehen Elisa Reiterer, Markus Santer, Larissa Hofer und Verena Plank, die als Delegation der Jungärzte am Tisch sitzen. Doch der Brief, in dem sie die Gründe, die für sie gegen eine Rückkehr nach und Arbeit in Südtirol sprechen, geschildert hatten und der ihnen viel Lob, aber ebenso viel Kritik, eingebracht hat, sei in erster Linie als Weckruf gedacht gewesen. “Seit Jahren hat es eine Vielzahl von vergeblichen Versuchen gegeben, an Kontakt und Informationen aus erster Hand, sprich aus der Generaldirektion des Sanitätsbetriebs zu gelangen”, schildert Reiterer, “und irgendwann hilft einfach nur mehr der Vorschlaghammer”.

Doch die Wogen sollen nun geglättet werden: “Wir wollen jetzt von einer emotionalen in eine konstruktive Phase übergehen”, bestätigt Markus Santer. Er selbst studiert wie Reiterer in Innsbruck Medizin und wird seine postuniversitäre Laufbahn als Arzt im Ausland beginnen. “Zwingenderweise”, wie er sagt, denn bei der Anerkennung der Ausbildung zum Facharzt, die für in Österreich Studierende zum Teil in Südtiroler Krankenhäusern möglich war, hatte sich die Österreichische Ärztekammer zuletzt quer gestellt. Nur eines der Probleme, auf die die jungen Mediziner in ihrem Brief hingewiesen hatten, in dem sie die Frage stellten: “Warum sollten wir angesichts der vielen Missstände im Südtiroler Sanitätssystem nach Südtirol zurückkehren?”

Nach dem Dialog ist vor dem Dialog

“Mehr als 60 Minuten wird man uns wohl nicht genehmigen”, zeigen sich die jungen Leute anfangs zurückhaltend. Es werden schließlich mehr als zwei Stunden, die sie mit Stocker, Schael & Co. im Sitzungsraum verbringen, während die Medien vor der Tür warten. Bis auf ein paar Lacher gegen Ende des Treffens dringt nichts nach außen. Als erste verlässt die Landesrätin den Raum, Martha Stocker hat noch einen anderen Termin. “Es war ein intensives und konstruktives Gespräch”, sagt sie während sie davon hastet. “Alle möglichen Thematiken” seien angesprochen worden, und den Jungärzten “genauere Informationen zu einigen Sachverhalten” wie etwa der Facharztausbildung gegeben worden. Nun soll eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen werden, an der sich Sanitätsbetrieb, zuständige Abteilungen und Studenten beteiligen, um die angesprochenen Themen zu vertiefen. In diesem Sinne sei das Treffen “mehr als ein Dialog” gewesen, so Stocker.

“Den Kritikern unseres Briefes sage ich: Die Adressaten des Schreibens waren Direktor Schael und Landesrätin Stocker. Und mit ihnen haben wir heute viele Punkte klären können.”
(Elisa Reiterer)

Ähnliche Töne sind auch von den vier Vertretern der jungen Mediziner zu vernehmen. Sichtlich erschöpft, aber ebenso zufrieden verlassen sie nach dem Gespräch den Raum. “Der Austausch war sehr konstruktiv und das Gesprächsklima überraschend angenehm”, so ihr Fazit. Man habe das Gefühl gehabt, mit den Anliegen, mit denen man nach Bozen gekommen war, verstanden zu werden, bestätigt Larissa Hofer. Die ehemalige Skirennläuferin, die mit dem österreichischen Skifahrer Hannes Reichelt verheiratet ist, ist am Kardinal Schwarzenberg Klinikum als Ärztin tätig. “Zum Teil waren die Probleme in den Köpfen der Verwaltung und Politik nicht präsent, zum Teil aber sehr wohl”, fasst Elisa Reiterer zusammen. Zwar seien nicht alle Fragen, die sie mit ihren Mitstreitern vorbereitet hatte, angesprochen und behandelt worden, aber, “auf die Fragen, die wir stellen konnten, haben wir Antworten bekommen”.  Zudem hätten die Zuständigen zugesichert, die ausständigen Antworten zu beantworten, die Jungärzte auf dem Laufenden zu halten – etwa was die Verhandlungen um die Facharztausbildung in Rom betrifft – und den Informationsfluss nicht mehr so schnell verebben zu lassen. Denn unterm Strich, darüber ist man sich am Montag Abend ausnahmslos einig, verfolgt man doch dasselbe Ziel: junge Ärzte nach ihrer Ausbildung im Ausland zurück nach Südtirol zu holen.