Economia | Masken-Affäre
Auftrag: Email Löschen
Foto: Suedtirolfoto.com/Othmar Seehauser
Es war ein Mammutprogramm, das der Untersuchungsausschuss des Landtages zur sogenannten Masken-Affäre am vergangenen Freitag zu bewältigen hatte. Obwohl zwei der Geladenen absagen mussten (unter ihnen der Leiter der Task Force COVID 19 Marc Kaufmann, der vergangene Woche auf Urlaub weilte), hörte die Landtagskommission an diesem Tag acht Personen an.
„Es ist erstaunlich, wie verschieden die Sichtweisen im Südtirol Sanitätsbetrieb sein können“, wundert sich ein Ausschussmitglied nach der Anhörung. Ein anderer Landtagsabgeordneter wird deutlicher: „Ich bin perplex über das, was ich heute hier gehört habe“.
Nach Informationen von Salto.bz haben Patrick Franzoni und Pierpaolo Bertoli Kommissionspräsident Franz Ploner ersucht, ihnen die Fragen vorab schriftlich zukommen zu lassen, damit man sich vorbereiten könne. Ploner winkte freundlich aber resolut ab.
Allein dieses Ersuchen macht deutlich, welcher Grad an Nervosität innerhalb des Sanitätsbetriebes inzwischen herrscht.
Wiener Unfähigkeit
Patrick Franzoni legte am Freitag einen sehr selbstbewussten Auftritt hin. Der stellvertretende Leiter der COVID 19-Task Force skizzierte die Notsituation, die im März bei der Beschaffung der persönlichen Schutzausrüstung herrschte. Und er verteidigte und rechtfertigte das Vorgehen des Sanitätsbetriebes in allen Punkten. Dabei ging der Geriater und Notarzt auch auf das negative Gutachten des Wiener Amtes für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) ein. „Dieses Gutachten hat keinerlei Bedeutung“, erklärte Franzoni, „denn dieses Institut ist weder fähig noch befugt, solche Gutachten zu erstellen“. Nicht nur die österreichische Bundesregierung scheint hier aber anderer Meinung. „Ich habe selten einen so arroganten Auftritt erlebt“, meint ein Ausschussmitglied.
Dasselbe Narrativ benutzte vor dem Ausschuss auch Pierpaolo Bertoli. Auch der Sanitätsdirektor verteidigte die Entscheidungen und das Vorgehen seines Betriebes. Bertoli bestätigte in allen Details die 9,3 Millionen-Bestellung der ersten Oberalp-Lieferung. Als er von mehreren Ausschussmitgliedern auf die zweite Oberalp-Bestellung im Wert von 25 Millionen angesprochen wird, sagte der Sanitätsdirektor wörtlich: „Ich weiß nichts davon“.
Auch mehrmaliges Nachfragen nutzt hier nichts. Der Sanitätsdirektor blockte mehrere kritische Fragen mit Verweis auf die laufenden gerichtlichen Ermittlungen kurzerhand ab.
Auch die Primaria der Infektionsabteilung am Krankenhaus Bozen Elke Maria Erne bestätigte bei ihrer Anhörung das, was die Sanitätsspitze seit Monaten sagt: Es habe ein Ausnahmezustand geherrscht. Man sei ohne Schutzmaterial dagestanden und habe alles Menschenmögliche getan, um das eigene Personal zu schützen.
Keine Antwort
Zwischen diesen Aussagen waren in der Aula des Südtiroler Landtags am Freitag aber auch völlig andere Töne zu hören.
Etwa die Schilderung von Werner Cagliari. Cagliari, ärztlicher Mitarbeiter in der Notfallmedizin, war abkommandiert wurden, die Verteilung des Schutzmaterials zu koordinieren. Cagliari schilderte vor dem Ausschuss, dass er bereits frühzeitig von jenem Amt am Krankenhaus Bozen, das für den Ankauf der Schutzbehelfe zuständig ist, erfahren habe, dass die Oberalp-Masken keine gültigen Zertifikate hätten.
Cagliari schrieb deshalb bereits am 24. März eine Email an den Generaldirektor und die zuständige Sanitätsspitze mit der Grundsatzfrage, ob man das Material überhaupt verteilen kann. Der Mitarbeiter ersuchte um klare Anweisungen. Werner Cagliari las am Freitag im Untersuchungsausschuss dieses Schreiben auch vor.
Doch eine Woche lang hätte niemand auf sein Mail reagiert. Erst nach einer Woche kam eine Antwort. Wie sehr die Vorgangsweise der Sanitätsspitze Werner Cagliari gegen den Strich geht, zeigt sich auch daran, dass der Meraner Notarzt sich unmittelbar danach von seinem Auftrag entbinden ließ.
Disziplinarverfahren angedroht
Beeindruckend war aber auch der Auftritt von Andreas Tutzer, Orthopäde an der Unfallchirurgie in Bozen. Tutzer, der sich politisch in der Südtiroler Freiheit engagiert, kritisierte am 20. März in einer Aussendung offen, die Empfehlung von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Gesundheitslandesrat Thomas Widmann, Schlauchtücher zu tragen. „Schals und sonstige Stofftextilien haben viel zu große Maschenweiten und bieten daher keinen adäquaten Schutz gegen eine Tröpfchenübertragung. Es kann sogar das Gegenteil des Erwünschten eintreten: Die Personen wägen sich in falscher Sicherheit und respektieren nicht mehr die Grundregeln der Händehygiene und des Abstandhaltens“, erklärte Tutzer damals.
Diese Aussagen goutierte die Spitze des Sanitätsbetriebes überhaupt nicht. Andreas Tutzer berichtete im Landtag, dass ihn der Direktor des Amtes für Recht und allgemeine Angelegenheiten Marco Cappello sehr energisch daraufhin die Einleitung eines Disziplinarverfahrens angedroht habe, wenn er diese Äußerungen nicht umgehend zurücknehme.
Später habe sich auch Generaldirektor Florian Zerzer gemeldet. Viel milder und versöhnlicher. „Er hat gemeint, ich soll in meinen Aussagen vorsichtiger sein“, erklärte Andreas Tutzer am Freitag.
Der Bozner Arzt hielt im Ausschuss mit seiner Meinung nicht hinter den Berg, dass man im Sanitätsbetrieb versucht auf die Ärzte Druck auszuüben.
Der Anruf
Michele Sommavilla, der ärztlicher Leiter des Krankenhauses Bruneck, relativierte den absoluten Notstand an Schutzausrüstung. Er erklärte, dass man sich in Bruneck an die üblichen Zulieferer wandte und relativ gut aufgestellt war. „Wir haben nur 200 Masken von der Oberalp-Lieferung gebraucht“, sagte Sommavilla. Bereits am 16. April habe man eine Materiallieferung eines anderen Anbieters erhalten.
Noch deutlich wurden aber Gottfried Kühebacher und Alex Hofer. Kühebacher, ärztliche Leiter des Krankenhauses Innichen, bestätigte, dass er das Gutachten des Wiener Amtes für Rüstung und Wehrtechnik (ARWT) am späten Nachmittag des 28. März erhalten habe. Am selben Abend sei an diesem Sonntag noch ein Anruf gekommen, mit der Anweisung, das Gutachten und die Nachricht unbedingt „vertraulich“ zu behandeln.
Genau das habe man in Innichen aber nicht getan, sondern man diskutierte unter den Verantwortlichen über das Gutachten und das Ergebnis offen und transparent. Das Ergebnis: Man hat beschlossen am Innichner Krankenhaus die Oberalp-Masken nicht einzusetzen.
Der Anästhesist und Leiter der COVID-19 Station in Innichen, Alex Hofer, erklärte, dass er die Mail mit dem Gutachten nicht selbst erhalten habe. „Ich habe aber gehört, dass es eine Anweisung gab, die Mail zu löschen“, gab Hofer am Freitag im Untersuchungsausschuss zu Protokoll. Er bestätigt damit jene Darstellung, die Salto.bz bereits vor über vier Monaten öffentlich gemacht hat.
„Ich habe aber gehört, dass es eine Anweisung gab, die Mail zu löschen“Alex Hofer, Innichner COVID-19-Leiter.
Alex Hofer erklärte vor den verdutzen Ausschussmitgliedern auch, dass er die normalen Oberalp-Schutzanzüge selbst getestet habe, indem er Flüssigkeit hineingoss. Das Ergebnis war nicht beruhigend. Auch deshalb habe man am Krankenhaus Innichen beschlossen, diese Schutzanzüge nicht einzusetzen.
Zur Sprache gebracht wurde auch ein Bild, das vor allem Landerat Thomas Widmann immer wieder gerne gebraucht. Jenes der Müllsäcke, die italienische Ärzte angeblich anziehen mussten. Ein Ausschussmitglied befragte Hofer, ob die nicht besser gewesen wären. Die Antwort des Innichner Arztes: "Sie sind vielleicht wasserdicht, weil es aber weit schieriger schwieriger ist, sich von einem Müllsack zu entkleiden, ohne dass man sich kontaminiert, würde ich auf jeden Fall jeden Schutzanzug vorziehen."
Die deutlichen Worte haben am Freitag im Untersuchungsausschuss einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Am 4. September steht die nächste Anhörung im Untersuchungsausschuss an.
Update am 24.8.2020, 12.35 Uhr: Die Aussagen von Alex Hofer wurden in diesem Artikel richtiggestellt. In einer früheren Version war der Innichner Anästhesist nicht korrekt zitiert worden.
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Solito sistema AA, minacciare
Solito sistema AA, minacciare per coprire, ma il coperchio della pentola ormai è stato sollevato, avanti cosi
Wer ist eigentlich laut den
Wer ist eigentlich laut den geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegenüber den Führungskräften zuständig?
Denn nicht nur Angestellte in der mittleren und unteren Ebene können davon betroffen sein.