Ungleiches Südtirol
Eigentlich wäre das Bild, das vom Arbeitsförderungsinstitut AFI-IPL in seinem aktuellen Stimmungsbarometer beschrieben wird, durchaus positiv: „Aus der Zusammenschau schließen wir, dass ein Wirtschaftswachstum von 1% für Südtirol in diesem Jahr realistischer denn je ist“, zeigt sich Direktor Stefan Perini zuversichtlich. Doch ein Aspekt, der vom Wirtschaftsforschungsinstitut in seiner Befragung beleuchtet wurde, gibt Anlass zu Beunruhigung: 87% der befragten Arbeitnehmer stufen die Unterschiede zwischen Reich und Arm als ziemlich oder sehr groß ein. Aber nicht nur das: 82% der Befragten sind der Auffassung, dass diese Unterschiede in den letzten zehn Jahren zugenommen hätten. Einschätzungen, die das AFI-IPL durch nationale Studien ergänzt: Demnach sind die sozialen Unterschiede in Italien vor allem durch eine ungleiche Verteilung der Vermögen und nicht so sehr durch eine ungleiche Verteilung der Einkommen bedingt: So besitzt das reichste Zehntel der Familien laut Banca d’Italia ganze 46,6% des gesamten Vermögens.
Die Chance, diese Ungleichheit durch eigenen Einsatz zu überwinden, wird im AFI-Barometer ebenfalls als gering eingeschätzt. Zwei Drittel der Befragten führen die Ungleichheiten in Südtirol vor allem auf die Einkommensmöglichkeiten, das Vermögen und die Beziehungen der Herkunftsfamilie statt auf persönlichen Fähigkeiten und den Arbeitseinsatz zurück. „Genau hier liegt unserer Ansicht nach das Problem“, sagt die Verantwortliche für das AFI-Barometer Irene Conte. Die Forderung des Instituts, um die sozialen Ungleichheiten zumindest abzumildern: eine Verschiebung der Besteuerung weg von den Arbeitseinkommen hin zu den Vermögen.