Schmerzfreie Geburt? Bitte nicht bei uns!

Der leuchtende Streifen am Südtiroler Krankenhaus-Horizont soll es werden, das Bozner Krankenhaus. Denn während die Lichter in zahlreichen Abteilungen der Kleinkrankenhäuser wohl nach und nach ausgehen werden, blickt das neue “Zentralkrankenhaus” umso helleren Zeiten entgegen. So zumindest die Pläne der Landesregierung. “Zentrale landesweite Dienste von hoher Komplexität” soll das Landeskrankenhaus Bozen in Zukunft übernehmen und durch die “Neuorganisation der Abteilungen und Dienste eine Steigerung der Performance” erreicht werden. So weit, so gut. Doch was passiert, wenn Dienste in peripheren Gebieten geschlossen werden müssen, in Bozen – im Landeskrankenhaus (!) – aber kein gleichwertiger Ersatz dafür garantiert werden kann? Dass sich ein solches Szenario anbahnt, zeigt ein Beispiel aus der Geburtshilfe.
Schmerzliche Zahlen
Am Bozner Krankenhaus spielt sich seit Jahren bereits eine paradoxe Situation ab: Frauen, die gebären und dabei schmerzfrei bleiben wollen, machen das lieber in Meran, Brixen oder Bruneck. Sie weichen auf die dortigen Krankenhäuser aus, weil in Bozen kein durchgehender Anästhesie-Dienst garantiert wird. Entscheidet sich eine Frau für eine Geburt mit periduraler Anästhesie (kurz PDA), kann diese ausschließlich von 8 bis 20 Uhr und das auch nur an Werktagen durchgeführt werden. In den restlichen Stunden und Tagen wird der Dienst am Krankenhaus Bozen nicht gewährleistet.
Die Periduralanästhesie (PDA) ist eine Methode der rückennahen Betäubung, die während der gesamten Geburt angewandt wird und hauptsächlich die Schmerzen der Wehen für die gebärende Frau erträglicher macht. Eine PDA kann Stress, Schmerz und Angst reduzieren – in besonderen Fällen können dadurch Kaiserschnitte vermieden werden. Auch bei Zwillingsgeburten, medikalisierter Einleitung der Wehen und bei bestimmten Risikogeburten wird häufig eine PDA eingesetzt. In Ländern wie Frankreich und England gebären bis zu 70 Prozent der Frauen mit PDA, in Spanien sind es 60 Prozent.
Im Vergleich mit den Zahlen aus den anderen Spitälern wird ein eklatanter Kontrast sichtbar: Laut Daten aus dem Südtiroler Sanitätsbetrieb wurden 2014 im Krankenhaus Bozen gerade einmal 33 Geburten von einer periduralen Anästhesie begleitet, das entspricht bei 1.680 verzeichneten Geburten einem Prozentsatz von knapp 2 Prozent. Betrachtet man die restlichen Krankenhäuser, zeigt sich ein ganz anderes Bild. In Meran wurde 2014 bei etwa 12 Prozent der Geburten die PDA-Methode eingesetzt, dasselbe gilt für Bruneck und Brixen. In Sterzing liegt der Prozentsatz mit 11 Prozent auf ähnlichem Niveau, während Schlanders mit 14 Prozent den höchsten Anteil an PDA-Geburten zu verzeichnen hat. Für Innichen liegen (noch) keine Daten vor.
Frage des Geldes? Oder Frage der kulturellen Einstellung?
Woher dieser doch auffällige Unterschied kommt, darüber lässt sich derzeit nur spekulieren. Im Gespräch mit dem Corriere dell’Alto Adige gibt der Bozner Sanitätsdirektor Flavio Girardi zu: Bereits seit einigen Jahren wisse man von dem “Problem“. “Seit geraumer Zeit sind wir im Dialog mit den Primaren der Anästhesie- und Gynäkologie-Abeilungen, um eine Lösung zu finden. Leider erlauben uns die kürzlich festgelegten Budgetkürzungen nicht, zusätzliche Anästhesisten einzustellen oder die Anzahl jener zu erhöhen, die Nacht- und Wochenenddienste übernehmen.” Für Girardi sind also fehlendes Anästhesie-Personal sowie Kürzungen im Budget dafür verantwortlich, dass in Bozen der PDA-Dienst bei der Geburt – anders als in den restlichen Krankenhäusern – nicht zufriedenstellend garantiert werden kann. Aus dem Krankenhaus selbst sind aber auch andere Stimmen zu hören: Die Bozner Gynäkologie – und allen voran ihr Primar Sergio Messini – sowie ein Teil der Geburtshilfe soll aktiv gegen die Anwendung der PDA bei der Geburt auftreten.
Stocker: “Entscheidungsfreiheit der Frauen unterstützen”
Von salto.bz auf die Situation in Bozen hingewiesen, stellt Gesundheitslandesrätin Martha Stocker klar: “Die Methode der periduralen Anästhesie erfordert sicher die entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen, die jedoch vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden können.” Es liegt also im Ermessen der Entscheidungsträger des Krankenhauses und der einzelnen Abteilungen, ob der Anästhesie-Dienst für Gebärende 24 Stunden, 7 Tage die Woche, angeboten wird.
Auch für die Landesrätin steht hier allerdings noch eine andere Frage im Hintergrund, jene der Einstellung zu einer schmerzfreien Geburt. “Dieses Thema ist hochemotional und ich stehe dazu, dass die Frauen frei entscheiden können, ob sie diesen Weg gehen möchten.” Auch in Bozen sei davon auszugehen, dass es die Entscheidung der Frauen gewesen sei, die Geburt ohne PDA durchzustehen. Und doch wagt sich Stocker einen Schritt weiter: “Es ist einfach eine schwierige Entscheidung für die Frau, zumal es sich um eine zentrale Phase der Geburt handelt. In allen anderen Bereichen ist es völlig klar, dass man, wo immer physische Schmerzen auftreten, diese versucht, durch geeignete Methoden zu unterdrücken.” Diese Selbstverständlichkeit der Schmerzlinderung sei in der Geburtshilfe allerdings noch nicht vollständig angekommen. Doch solle diese “als Entscheidungsfreiheit der Frauen unterstützt werden”, so Stockers klare Worte. Es werde daher auch am Krankenhaus Bozen “alles in die Wege geleitet, um die Schmerzfreiheit bei der Geburt zu garantieren”.
ATTENZIONE!
La diversità di opinioni è in pericolo!
Se venissero accettati i requisiti per i contributi ai media, non potresti vedere i commenti senza registrazione.
Ob da religiöse Einstellungen
Ob da religiöse Einstellungen da eine Rolle spielen?
Und zum Weibe sprach er: Ich will dir viel Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst; du sollst mit Schmerzen Kinder gebären.
Gen 3,16