Società | Kindergartengebühren

"Wir sind kinderfreundlich"

Greifen gewisse Gemeinden den Eltern zu tief in die Tasche? Ist Kinderfreundlichkeit ein Argument für niedrige Kindergartengebühren? Nein, sagen einige Bürgermeister. Ja, sagt Patrik Ausserer von der Gemeinde Unsere liebe Frau im Walde.
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Foto: upi

Franz Kompatscher, Bürgermeister der Gemeinde Brenner, beruhigt. Dass er und die Gemeindevertreter nicht die Familien im Blick hätten, diesen Vorwurf weist er entschieden von sich. Die Erhöhung der Kindergartengebühr von 47 auf 54 Euro sei von den Eltern gewünscht gewesen. Seit 2008 steht der Tarif „letztes Jahr haben die Eltern gesagt, wir möchten, dass auch die Kinder im deutschen Kindergarten eine einheitliche, gesunde Jause kriegen - das kostet mehr, das haben wir von vornherein geklärt.“

Laut einer kürzlich präsentierten Astat-Studie heben nur Brixen (plus drei Euro), Tscherms (plus vier Euro), Sterzing (plus vier Euro), Pfalzen (plus fünf Euro) und Brenner die Beiträge, die Eltern für ihren Nachwuchs zahlen, stärker an. An vorderster Front: Der Grenzort Brenner mit einem Plus von 14,9 Prozent. Kompatscher relativiert: „Das entspricht dem Landesdurchschnitt. Außerdem haben wir hier sehr hohe Heizungsspesen, das kann man ja nicht vergleichen mit Kaltern zum Beispiel. Und wir haben auch den Kindergartenbus, der holt die Kinder aus Pflersch ab.“ Dieser Service würde von der Gemeinde fast kostenlos zur Verfügung gestellt, „außerdem zahlt bei uns das zweite Kindergartenkind einer Familie nur 44 Euro.“

Schau genau

Verglichen werden bei der Astat-Untersuchung südtirolweit die Kosten für den halbtägigen Kindergartenbesuch. Ausgaben für weitere Kinder, für den verlängerten Stundenplan und für nicht Ansässige bleiben außen vor. Was ins Auge sticht: Südtirols Städte greifen tiefer in die Tasche der Eltern. Die teuersten Gemeinden sind jene mit den höchsten Einwohnerzahlen. Merans Bürgermeister Günther Januth rechtfertigt dies einmal mit den vielen Sektionen, insgesamt 53, die es in Meran und Umgebung zu erhalten gilt, aber auch andere Faktoren fallen ins Gewicht: „Zunächst möchte ich sagen, dass wir unter der Inflation geblieben sind. Trotzdem, wir nehmen die Vergleiche ernst und möchten schauen, wo wir rationalisieren können. Was bei uns zu Buche schlägt sind einfach die vielen Strukturen, teilweise alte Gebäude und mancherorts sind wir auch in Miete.“ Januth gibt sich realistisch: „Nein, eine Familie hat keinen Mehrwert wenn sie ihre Kinder in einen Kindergarten schickt, wo es mehr kostet. Bei uns gibt es viele Migrantenkinder, städtische Strukturen, die mit einem Dorfkindergarten nicht zu vergleichen sind.“

Wer zahlt was?

Qualität hat also nicht ihren Preis. Schlüssig erscheint bei näherer Durchsicht der Daten auch nicht das Argument Berg- und Tallage: die Gemeinde Olang verlangt 42 Euro für einen Kindergartenplatz, bei 3.100 Einwohner und einer Lage auf 1.000 Metern etwa. Algund verzeichnet 4.800 Einwohner und verlangt 16 Euro mehr als Olang. Ist Kinderfreundlichkeit also doch ein Argument bei der Preisgestaltung? Wann ist eine Gemeinde bereit zu investieren, in Räumlichkeiten für Kinder und Familien?

Ein gefundenes Fressen sind diese Daten allemal. Für die schon ausgebrochenen, wenn auch versteckt statt findenden Wahlschlachten. So fordern die Freiheitlichen in ihrer Presseaussendung am 25. Juli stante pede: „Ein Umdenken im Bereich Familienförderung und Gratiskindergärten in Koordination mit den Gemeinden, sowie ein größeres und besseres Angebot von Halb- und Ganztagsbetreuungseinrichtungen mit entlastenden Fördermaßnahmen.“

Kinderfreundlich kalkulieren

Seit Jahren sticht Lüsen ins Auge des Datenbetrachters. 28 Euro für einen Kindergartenplatz mutet paradiesisch an. Januth aus Meran erklärt sich dies so: „Ländliche Gebiete haben stets einen Vorteil, da Schulen und Kindergärten in einem Gebäude untergebracht seien. Heizkosten und Instandhaltung sind dann natürlich günstiger.“ Tarife im unteren Bereich auch in der Gemeinde Unsere liebe Frau im Walde. 32 Euro werden für Gemeindeansässige berechnet, das zweite Kind zahlt 16 Euro. Bürgermeister Patrik Ausserer möchte die Aussage des Kollegen aus Meran präzisieren. Dass für kleine Gemeinden alles einfach sei, stimme so nicht: „Wir sind eine kleine Gemeinde, haben zwei Sektionen, eine Köchin in Teilzeit, wir müssen genau kalkulieren. Aber wir haben 2010 einen neuen Kindergarten um zwei Millionen Euro gebaut, das war uns einfach wichtig. Da wollten wir investieren, auch wenn wir wenig Beiträge vom Land bekommen." Die Beliebtheit des Kindergartens in der Gemeinde mit etwa 800 Einwohnern steht außer Frage: "Viele Kinder aus dem Trentino besuchen unseren Kindergarten, die Eltern bilden Fahrgemeinschaften. Diese Kinder zahlen dann 47 Euro.“

Gegenüber dem Vorjahr lassen 76 der 116 Südtiroler Gemeinden die Gebühren unverändert bzw. erhöhen um ein bis zwei Euro. Patrik Ausserer, ist sich gewiss: „Die Gemeinden haben einiges im Griff. Uns ist der Kindergarten ein grosses Anliegen, wir wollen Familien mit Kindern unterstüzen.“ Auch monetär.