Cultura | Musik

Alles Busoni!

Der 60. Busoni Wettbewerb öffnet seine Tore – die 26 Finalisten werden von einer hochkarätigen Jury aus Busoni-Erst-Platzierten beurteilt.

Es zählt die Persönlichkeit und weniger die Virtuosität, sagt die Russin Lilya Zilberstein als Antwort auf die Frage, worauf sie als Busoni-Jurorin besonders achte. „Virtuos sind sie sowieso, die jungen Musiker, die es bis in die Endausscheidung schaffen.“ Die Konzertpianistin Zilberstein gewann den Busoni-Wettbewerb im Jahr 1987 mit sensationellem einstimmigem Ergebnis; ihr Durchbruch zur internationalen Karriere.

„Damals wurde ich noch von einer Art KGB-Agentin begleitet, die uns vier russische Wettbewerbsteilnehmer im Auge behalten sollte,“ erzählt die soeben nach Wien an die Universität für Musik und darstellende Kunst berufene Klavierprofessorin. „Sie hatte innerhalb unserer Reisegruppe natürlich eine vorgeschobene Funktion, aber wir wussten, wer sie war. Und sie hat mir sogar gedroht, mich bei den russischen Behörden in Moskau anzuschwärzen, nur weil ich mit einem ausgewanderten russischen Musiker gesprochen hatte“, erinnert sich Zilberstein. Dabei sei damals die Perestroika voll im Gange gewesen, schließlich war 1987 Michail Gorbatschow bereits seit zwei Jahren im Amt.

Die Teilnehmer am Wettbewerb Ferruccio Busoni 2015

 

Lilya Zilberstein ist Mitglied der Jury, die zur 60. Ausgabe den oder die Ferruccio-Busoni-Preisträgerin aus den 26 Finalisten ermitteln soll, die im Vorjahr ausgewählt wurden. Mit 10 jungen Musikern stellt Italien einen erstaunlich hohen Anteil an Finalisten, 4 kommen aus Südkorea, Deutschland und Großbritannien stellen jeweils 2 Wettbewerbsteilnehmer, und aus Portugal, Kanada, Österreich, Japan, Belgien, der Ukraine und den USA kommen die weiteren Jungpianisten. „Der Busoni-Wettbewerb ist viel mehr als ein musikalischer Wettstreit,“ sagte der künstlerische Leiter Peter Paul Kainrath auf der Pressekonferenz im Merkantilgebäude. Der Wettbewerb versammle international renommierte Konzertpianisten und Musiker, die über Busoni miteinander verbunden seien und so eine gemeinsame Geschichte teilen. „Außerdem ist der Wettbewerb so etwas wie ein Seismograph der Klavierwelt, denn während sich in den 1960er Jahren die amerikanische Schule Bahn brach, gab es nach dem Fall der Mauer auf einmal eine Vielzahl an Talenten aus Russland und dem Ostblock, danach rückten die chinesischen Virtuosen in den Mittelpunkt, nun gibt es wieder italienische Exzellenzen, und das ist erfreulich,“ so Kainrath.

Die Geschichte des Busoni-Wettbewerbs Revue passieren lässt auch die Zusammensetzung der diesjährigen  Jury, neben Lilya Zilberstein sind weitere 9 Busoni-Erstplatzierte mit dabei. Den Vorsitz hat der Österreicher Jörg Demus inne, dem nach der Auszeichnung mit dem Busoni-Preis im Jahr 1956 eine Vorzeigekarriere beschieden war. Er bezeichnet sich selbst als Musiker und weniger als Pianist, zu wichtig seien neben Klavier auch Orgelspiel, Komposition und Pädagogik. „Ich bin Konzertpianist und reise um die Welt, habe also die Schwelle des Vorspielens bereits seit einiger Zeit hinter mich gelassen,“ sagt der Italiener Roberto Cominati, Preisträger 1993, „trotzdem kann ich nachfühlen, wie es den jungen Wettbewerbsteilnehmern geht, wie sehr sie unter Druck stehen und wie sehr sie alles Herzblut und Können in ihre Vorträge hier in Bozen legen werden.“

Weitere Jury-Mitglieder sind Arnaldo Cohen aus Brasilien, Boris Bloch aus der Ukraine, Robert Benz aus Deutschland, Alexander Kobrin und Jerome Rose aus den USA, Jerome Rose, der Russe Alexander Shtarkman und Catherine Vickers aus Kanada sowie die Chinesin Zhu Xiao-Mei, die einzige Nicht-Preisträgerin.

Die Preise werden vom 1. (22.000 Euro) bis zum 6. Platz (2.500 Euro) vergeben, dazu der spezielle Arturo Benedetti Michelangeli Preis, weitere 9 Preise – vom Pressepreis bis hin zum Amadeuspreis – sollen Zeichen der Anerkennung für die jungen Talente sein.

Das Vorspiel hat heute, am 26. August begonnen, von 11 bis 20 Uhr treten die Finalisten im Konservatorium Monteverdi mit ihren individuellen Repertoires an, ebenso morgen 27. und am 28. August. Das Finalspiel beginnt am Samstag, 29. August um 15 Uhr, die Endprüfungen starten am 1. September und die Finalissima findet am 4. September um 20 Uhr 15 statt. Alle Veranstaltungen sind öffentlich zugänglich oder über Streaming auf der Seite www.concorsobusoni.it zu verfolgen.