Ambiente | Agrialp 2015

Das Potential der Nische

Südtirol hat mehr als Äpfel und Wein. Südtirol hat Nischen, die es jetzt international zu besetzen gilt. Wie das gelingen soll, ein Gespräch mit dem Bauernbund-Direktor.
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Apfelplantagen und Weinberge. Diese Bilder zeigen sich dem Gast wenn er nach Südtirol reist. Doch Südtirols Landwirtschaft hat weit mehr, ist weit vielfältiger. Vor allem wenn man all die Nischenprodukte berücksichtigt. Von den Marillen, über die Spargel bis hin zu den Artischocken. Deshalb auch hat die Messe Bozen bei der diesjährigen Alpenländischen Landwirtschaftsschau „Agrialp 2015“ den Fokus auf heimische Lebensmittel gelegt. Unter dem Motto „Aus gutem Grund: heimische Lebensmittel“ veranstaltet der Südtiroler Bauernbund auf einer Aktionsbühne Präsentationen, Diskussionsrunden und Kochshows, wo Produzenten und Bäuerinnen wertvolles Wissen vor allem rund um Nischenprodukte weitergeben. Ein Gespräch mit dem Direktor des Südtiroler Bauernbundes, Siegfried Rinner, über die Herausforderungen Nischenprodukte international zu vermarkten. 

Um zu zeigen, wie wie vielfältig unsere Lebensmittelproduktion ist, setzt man in Südtirol immer stärker auf Nischen. Aber lassen sie sich auch international vermarkten?

In Südtirol haben wir mit dem Apfel, dem Wein und der Milch drei sehr erfolgreiche Produkte. Wir haben aber auch extrem viele Nischenprodukte, die es jetzt verstärkt zu vermarkten gilt. Deshalb organisieren wir hierfür auf der diesjährigen Agrialp eine spezielle Produktschau.

Welche Südtiroler Nischenprodukte haben denn das größte Potential am Markt Erfolg zu haben?

Aufgrund unserer geologisch und klimatisch idealen Lage haben wir bei vielen Produkten ein anderes Erntefenster als im Rest Italiens oder im Rest Europas. Diesen Vorteil müssen wir nutzen. Kirschen, Blumenkohl oder viele Beeren ernten wir erst dann, wenn die Produktion im restlichen Europa bereits abgeschlossen ist. Damit können wir für diese Produkte auch relativ gute Preise erzielen. 

Gleichzeitig erweist sich der Verkauf von Nischenprodukten schwieriger als jener von Wein, wie wollen Sie die Vermarktung ankurbeln?

Das stimmt, deshalb wollen wir einerstes die Direktvermarktung stärken, möchten die Produkte aber auch in einzelnen Geschäften vertreiben. Hierfür gibt es bereits Kooperationen mit dem Handels- und Dienstleistungsverband. Plus haben sich die Obst- und Kellereigenossenschaften dazu bereit erklärt, uns zu unterstützen. Sie sind ja wahre Profis in der Vermarktung und haben bereits die entsprechenden Marktzugänge. Wir konnten sie davon überzeugen, künftig auch unsere Nischenprodukte mit zu vermarkten. 

Sind diese Produkte aber für das internationale Parkett überhaupt gerüstet?

Damit das gelingt, müssen wir unsere Anstrengungen bezüglich Aufmachung und Verpackungen sicher intensivieren. Wir müssen auch die Trends in Richtung Convenience Food erkennen. Obwohl viele Produzenten das nicht gerne hören, aber um international erfolgreich zu sein, müssen wir auch auf Halbfertigwaren setzen. 

Die Landwirtschaft konnte sich die vergangenen Jahre trotz Krise gut halten. Im vergangenen Jahr haben aber gerade die beiden Produkte Milch und Äpfel einen deutlichen Dämpfer erlitten. 

Es stimmt, die niedrigen Apfelpreise vom vergangenen Jahr müssen erst noch verdaut werden. Es gibt aber Anzeichen, dass die Preise dieses Jahr wieder etwas höher ausfallen. Was die Milch betrifft, konnten wir uns von der europäischen Entwicklung ein wenig abkoppeln. Einfach, da wir die Rohmilch zu Produkten verarbeiten, die auf dem Markt weniger sensibel auf Krisen reagieren als die Rohmilch an sich. Weiters haben wir das große Glück, dass wir mit Italien einen Markt vor der Haustür haben, der für Lebensmittel weiterhin mehr ausgibt als in andere europäischen Ländern. Gleichzeitig müssen wir uns bewusst sein, dass die Marktlage sicher nicht einfacher wird. Markteinbrüche wird es immer wieder geben.

Die Milchquotenregelung garantierte den Milchbauern seit über 30 Jahren, dass sich zwischen Angebot und Nachfrage die Waage hält. Seit April 2015 ist die Milchproduktion in Europa liberalisiert. Gibt es bereits Zahlen, ob Südtiroler Bauern mit dem Wegfall der Milchquoten Verluste erlitten haben?

Die niedrigen Milchpreise in Europa haben dieses Jahr sicher nichts mit dem Wegfall der Milchquoten zu tun. Sie sind eher auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Asien und dem russisches Importstop zurückzuführen. Das größte Problem in der Milchwirtschaft stellt aber sicher die Ertragslage dar. Sprich, die Produktpreise sind zwar stabil aber sie sind nicht in dem Ausmaß gestiegen wie die Inflationsrate. Mitte der Neunziger haben unsere Bauern ungefähr gleich viel für ihre Milch erhalten, allerdings haben wir heute sehr viel höhere Kosten. Deshalb müssen wir bei den Kosten ansetzen. Und: Wir müssen unsere Produkte so hochwertig wie möglich veredeln um sie so teuer wie möglich verkaufen können. 

Worauf freuen Sie sich persönlich auf der diesjährigen Agrialp?

Ich freue mich einerseits auf unsere Aktionsbühne, zu der sich viele tolle Gäste angekündigt haben. Vor allem aber freue ich mich auf spannende Gespräche mit den Produzenten, die ich unterm Jahr meist nur telefonisch höre. 

Die Agrialp 2015 findet von Freitag, 06. November bis Montag, 09. November auf dem Gelände der Messe Bozen statt.