Cronaca | Masken-Affäre

Vom Maskenskandal zum Justizskandal?

Fünf Jahre nach dem Masken-Skandal wehrt sich OberAlp gegen Betrugsvorwürfe – und spricht von einem Ermittlungs- statt einem Geschäftsskandal.
Heiner Oberrauch Christoph Engl
Foto: AT/SALTO
  • Fünf Jahre nach dem sogenannten Masken-Skandal und eineinhalb Jahre nach Veröffentlichung des Buches „Das Geschäft mit der Angst“ geht OberAlp nun mit seiner Version der Geschichte an die Öffentlichkeit.

    Heiner Oberrauch, Präsident der OberAlp, sowie CEO Christoph Engl luden heute (28. April) zu einer Pressekonferenz. Ebenfalls anwesend: Star-Anwalt Gerhard Brandstätter und Zenone Giacomuzzi, ehemaliger Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank, der sich im Frühjahr des vergangenen Jahres in den Ruhestand verabschiedet hatte. Anlass war der Masken-Skandal, der auch fünf Jahre nach seinem Bekanntwerden noch immer Schatten wirft und den die Führung von OberAlp nun zurechtrücken möchte.

    Wie berichtet, hatte die OberAlp Group im März 2020 nach Rücksprache mit dem Südtiroler Sanitätsbetrieb Schutzausrüstung über ihren Lizenzpartner TuTwo in China organisiert. Laut OberAlp war das Unternehmen dabei nie als Importeur oder Händler tätig, sondern ausschließlich als Vermittler, der in einer außerordentlichen Notlage helfen wollte. Nachdem sich Teile der gelieferten Schutzausrüstung als mangelhaft herausstellten, kam die sogenannte „Masken-Affäre“ ins Rollen. Es folgten Ermittlungen der Bozner Staatsanwaltschaft, bei denen Oberrauch vorgeworfen wurde, wissentlich mangelhafte Ware weitergegeben und eine öffentliche Ausschreibung zu seinen Gunsten beeinflusst zu haben. Diese Ermittlungen wurden jedoch bereits vor rund zwei Jahren eingestellt.

  • Heiner Oberrauch und Christoph Engl: Die Führungsspitze der OberAlp Group stellte heute ihre Version der Geschichte zum „Masken-Skandal“ vor. Foto: AT/SALTO

    In einem zehnseitigen Dokument hat OberAlp nun die Ereignisse chronologisch aufgearbeitet und dabei auch firmeninterne Mails veröffentlicht – unter anderem ein Schreiben von CEO Engl an Covid-Einsatzleiter Patrick Franzoni, in dem die Bankdaten des Lizenzpartners TuTwo Yanfang in Xiamen übermittelt wurden. Mit diesem Schritt glaubte die OberAlp Group, ihre Aufgabe erledigt zu haben – bis sich Florian Zerzer, damaliger Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebs (SABES), meldete. Er teilte mit, dass die SABES kurzfristig nicht in der Lage sei, 9,6 Millionen US-Dollar zu überweisen, und bat OberAlp, die Summe im Rahmen einer Vorfinanzierung zu übernehmen. Darüber hinaus ersuchte man OberAlp, auch die Transportkosten vorzufinanzieren. Am Abend nach der ersten Lieferung ging über Marc Kaufmann eine Anfrage für eine zweite Bestellung im Wert von 29,6 Millionen US-Dollar ein. Auch hierfür trat OberAlp in Vorleistung. Die zweite Lieferung erreichte Südtirol jedoch nie, da kurz darauf erste Meldungen über Mängel am Schutzmaterial aufkamen. Das staatliche Arbeitssicherheitsinstitut INAIL wies die SABES darauf hin, dass die Herkunftszertifikate der Schutzmaterialien unzureichend seien. Daraufhin stoppte der Sanitätsbetrieb die Unterzeichnung des Kaufvertrags für die Rückzahlung der zweiten Bestellung.

    Seitdem wartet OberAlp auf die vollständige Rückzahlung der Vorfinanzierung für die erste Lieferung sowie auf die Differenz zwischen den überwiesenen 6,3 Millionen US-Dollar und den ursprünglich vereinbarten 9,6 Millionen US-Dollar. Hinzu kommen Forderungen für die Transportkosten von China nach Wien (750.000 Euro für zwei Flüge à 375.000 Euro), die Lagerkosten am Flughafen Xiamen sowie die Rückerstattung der Vorfinanzierung für die zweite Bestellung in Höhe von 25,085 Millionen Euro.

    Ob OberAlp das Geld zurückerhalten wird? „Wenn es auf dieser Welt noch Gerechtigkeit gibt, dann wird die Politik und der Rechnungshof einen Weg finden müssen“, zeigt sich Oberrauch überzeugt. Die Vorleistung sei auf Grundlage eines Versprechens von Landeshauptmann Arno Kompatscher erfolgt. Sollte das Unternehmen die Millionen nicht zurückerhalten, „wird es für einen Leitbetrieb Südtirols eng werden“, so der OberAlp-Präsident. Derzeit hielten die Banken noch still und unterstützten die Unternehmensgruppe.

  • Gerhard Brandstätter: Laut Star-Anwalt habe OberAlp Anrecht auf Rückerstattung der Millionen. Foto: AT/SALTO
  • Keine Geschäftemacherei

    Mit der Veröffentlichung der internen E-Mails will die Geschäftsführung von OberAlp klarstellen, dass es nie um „Geschäftemacherei“ gegangen sei. CEO Engl räumte ein, dass Fehler gemacht worden seien, insbesondere durch mangelnde Vorsicht – jedoch habe man sich nie bereichern wollen. Wie viele andere Unternehmen und Institutionen habe man sich unter enormem Druck gesehen und geglaubt, dass in dieser Krisenzeit außergewöhnliche Maßnahmen erforderlich seien, statt strikt nach Vorschrift zu handeln.

    Warum tritt OberAlp erst jetzt – fünf Jahre später – an die Öffentlichkeit? Zum einen wolle man den Vorwurf der „menschenverachtenden Gewinnmaximierung“, wie ihn Teile der Presse geäußert hatten, nicht länger im Raum stehen lassen. Zum anderen, so Firmenchef Oberrauch, habe man sich bislang nicht befähigt gesehen, sich in fachlicher Hinsicht zu den Gutachten über das Schutzmaterial zu äußern. OberAlp habe sich immer nur als Vermittler verstanden. Im Rahmen der Pressekonferenz betonten sowohl Oberrauch als auch Engl eindringlich die außergewöhnliche Notlage, in der man sich seinerzeit befunden habe – Stichwort: Bergamo.

    Star-Anwalt Brandstätter wies auf Nachfrage von Journalisten darauf hin, dass OberAlp aus seiner Sicht Anspruch auf Rückerstattung der Vorleistungen habe und die damaligen Ermittlungen mangelhaft geführt worden seien. Aus seiner Sicht hätte es nie zu einer Anklage gegen Heiner Oberrauch und Christoph Engl kommen dürfen.

    „Die Zukunft wird zeigen, ob diese Hilfeleistung als Masken-Skandal oder vielmehr als Ermittlungs-Skandal in die Geschichte eingehen wird“, ergänzte Oberrauch abschließend.

  • Statement des Südtiroler Sanitätsbetriebes

    Nach der Pressekonferenz der Oberalp-Gruppe hat auch der Südtiroler Sanitätsbetrieb ein Statement abgegeben und an die Presse weitergeleitet. Darin teilt die Direktion die Aussagen von Oberalp, dass es zu Beginn der Corona-Pandemie eine absolute Notsituation bezüglich der Schutzausrüstungen und insbesondere der Verfügbarkeit von Schutzmasken gegeben habe. In dieser absoluten Notsituation war man für jede Unterstützung – so auch jener der Firma Oberalp – sehr dankbar.

    „Hinsichtlich der von der Oberalp AG angestrengten Zivilklage gegen den Südtiroler Sanitätsbetrieb liegt derzeit ein Schlichtungsvorschlag von Seiten der Oberalp AG vor. Das unterbreitete Angebot wird zurzeit geprüft. Sollten die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sein, eine Schlichtung einzugehen, wird dies in Betracht gezogen, wobei eine eventuelle Schlichtung auch von Seiten der Gerichtsbarkeit positiv bewertet werden muss“, so der Sanitätsbetrieb, der erklärt, dass weitere Stellungnahmen derzeit aufgrund der verschiedenen laufenden Verfahren nicht abgegeben werden können.

ATTENZIONE!
La diversità di opinioni è in pericolo!

Se venissero accettati i requisiti per i contributi ai media, non potresti vedere i commenti senza registrazione.

Ecco perchè