Die Wahrheit liegt am Mainframe
Zur Person
Edmund Schöpf war an der Entwicklung von Bankanwendungen wie "Raiffeisen Online Banking" und "Raiffeisen Trading Online" beteiligt. Heute ist er Projektleiter verschiedener IT-Projekte zur Entwicklung der neuen Banking-Software “M3”.
Herr Schöpf was macht das RIS?
Der Raiffeisenverband hat über 300 Mitarbeiter, davon ist das Raiffeisen Informations System (RIS) mit 130 Mitarbeitern die größte Abteilung. Wir entwickeln Software für grosse Mainframe Maschinen sowie Client/ Server Systeme. Wir haben Helpdesk Spezialisten die sich um die Systeme kümmern auf die unsere Kunden arbeiten. Unsere Kunden sind nicht nur die Raiffeisenkassen sondern auch Obstgenossenschaften und Kellereien. Wir sind also ein reiner Dienstleister der für Entwicklung, Wartung und Kundenbetreuung Verantwortung trägt.
Was ist Ihre Aufgabe in dieser großen Organisation?
Ich leite vor allem Projekte, das heisst es kommen beispielsweise Anforderungen einer Raiffeisenkasse: Eine spezielle Abteilung innerhalb des RIS nimmt diese Anforderungen auf und macht eine Grobanalyse, entscheidet welche Anforderungen und Wünsche unserer Kunden in welcher Zeit umgesetzt werden sollen. Einige sind regulatorisch von der Banca D’Italia vorgeschrieben, die haben Priorität. Von den restlichen Anforderungen werden jene vorangestellt die als wichtig erachtet werden. Im nächsten Schritt wird analysiert welche Ressourcen und welche Mitarbeiter man für das Projekt braucht. Der Aufwand und die Umsetzungszeit wird geschätzt. Dann wird ein offizielles Kickoff gemacht bei dem alle Beteiligten an einem Tisch sitzen. Ein Projektplan wird erstellt. Diese Planung ist einer meiner Hauptaufgaben. Außerdem entwickle ich selber, das heisst ich beteilige mich bei Projekten von Kollegen als Projektmitarbeiter.
Was ist spannend an ihrem Beruf?
Wir müssen weiter denken als unsere Kunden. Welche Auswirkungen haben ihre Wünsche auf das Gesamtsystem. Ihnen dieses Gesamtbild zu vermitteln ist immer eine Herausforderung. Für jedes Problem gibt es N Lösungen. Manche Kollegen denken die beste Lösung ist immer die schnellste, der kürzeste Weg. Ich bin der Meinung die beste Lösung ist die mit der besten Wartbarkeit. Seit 1989 bin ich im Raiffeisen Verband und habe festgestellt dass die Wartung der Software die grösste Herausforderung ist. Sie ist die Zeitintensivste und die Kostenintensivste. Neue Software muss daher vor allem wartbar sein.
Welche Rolle spielt Freie Software in ihren Betrieb, und wie hat sich das über die Jahre hinweg verändert?
Den ersten Schritt hat eindeutig das Internet gemacht. Ursprünglich hat es im Bankenbereich ja nur Mainframes gegeben. Anfang der 90er haben wir die erste Client/Server Anwendung entwickelt, d.h. es sind zu dieser Zeit schon die ersten PCs vernetzt worden. Ans Internet kamen diese jedoch noch nicht. Das kam dann Ende der 90ern mit dem Online-Banking. Intern haben wir dann angefangen HTML und Java zu entwickeln. Wir hatten da erkannt das unsere Mainframes viel höhere Kosten hatten als diese neuen Systeme. Daher haben wir einige Software für diese neue Welt neu geschrieben. Wir haben erste Linux Systeme, vor allem Redhat, installiert. Damals war “Downsizing” das Schlagwort der Stunde. Es gab das Bestreben in der Bankenwelt den Mainframe aus der Systemlandschaft komplett zu entfernen. Wir sind nicht so weit gegangen. Wir haben eine gute Mischung. Ein mittlerweile pensionierter Kollege hat einmal gesagt: “Die Wahrheit liegt am Mainframe”. Die Application Server holen sich die Daten und zeigen sie an.
Wir benutzen eine Menge an Open Source Entwicklungswerkzeuge, heutzutage ist Open Source sicher nicht mehr wegzudenken.
Sie finden wahrscheinlich leichter neue Talente in den neuen Technologien?
Das ist wahr. Wir suchen ständig neue Mitarbeiter. Wir müssen uns aber dem Anpassen was heute in der Schule und auf der Universität gelehrt wird. Insgesamt würde Ich sagen wir sind ein sehr attraktiver Arbeitgeber der unterschiedlichste Rollen in der IT abdecken kann: Entwickler, Administrator, Security Expert.
Raiffeisen ist ein global Player. Wie ist der Austausch mit den Rechenzentren in anderen Ländern?
Die einzelnen Rechenzentren sind unabhängig, wir arbeiten aber vereinzelt zusammen. Vor zwei Jahren haben wir zum Beispiel unsere Hauptanwendung überholt. Dazu haben wir eine internationale Ausschreibung initiiert. Mit dem Raiffeisen Rechenzentrum in Linz sind wir auf einen kompetenten Partner gestossen. Ein anderes Beispiel ist dass wir gewisse Module an die Raiffeisenkasse Salzburg verkauft haben. Es gibt einen Austausch aber wir konzentrieren uns mehr auf die Aufgaben im Land.
Was wird 2017 auf das RIS zukommen? Welchen Ausblick haben Sie auf das neue Jahr?
Das RIS wird im Verband 2017 eine spezielle Rolle spielen. Die Vorgaben der Banca D’Italia dass sich die Banken zusammenschließen müssen stellt uns vor grossen Herausforderungen im organisatorischen Bereich. Wir haben zum Jahresende schon Fusionen, wir haben nächstes Jahr Fusionen, wir haben Übernahmen - Raiffeisenkassen die noch nicht bei uns sind werden vielleicht dazukommen. Wir müssen also viel Energie in notwendige Entwicklungen stecken und trotzdem schauen dass wir unser Kerngeschäft weiterbringen.