Società | Meran

Kinder gestalten ihre Stadt

Das EU-Projekt Metamorphosis sensibilisiert Städte dafür, mehr Raum zu schaffen. Für Kinder zum Spielen, für Menschen, sich zu begegnen und auszutauschen.
Metamorphosis Parkour Sinich
Foto: Metamorphosis

Seit neuestem steht auf dem Brunnenplatz im Meraner Viertel Obermais eine Skate-Rampe. Dort, wo früher Autos den Platz zuparkten, treffen sich nun junge Menschen zum Skateboarden. Die temporäre Installation gehört zum EU-Projekt Metamorphosis, was auf griechisch „Veränderung“ bedeutet. Verändern will das Projekt unsere Wahrnehmung und Nutzung von öffentlichen Räumen. „Fußgänger kommen im öffentlichen Raum immer erst an dritter oder vierter Stelle. Kinder werden zwar auf Spielplätzen geduldet, aber überall sonst heißt es: Hier darf man nicht Ball spielen, dort muss man leise sein“, erklärt Angelika Burtscher vom Metamorphosis-Team in Meran. Um Freiräume für Fußgänger, und insbesondere für Kinder zurückzugewinnen, organisieren sieben europäische Städte, darunter Meran als einzige italienische Gemeinde, drei Jahre lang Sensibilisierungsprojekte.

In Sinich etwa gestalteten Kinder gemeinsam mit der Designerin Angelika Burtscher einen Parkour. Sie bemalten den Innenhof des Wobi-Baus mit Farbe, bauten Elemente aus Holz dazu und markierten den Raum somit als Ort der Begegnung, des Spielens und der gemeinsamen Nutzung. „Es geht darum, auch die Kinder miteinzubeziehen und zu fragen: Was wollt ihr? Den meisten Kindern ist gar nicht klar, was mit öffentlichem Raum gemeint ist, und dass es ein Ort ist, der allen gehört“, so Burtscher.

 

Beim zweiten Teil des Projekts ging es um den Sport und darum, durch Körper und Bewegung den Raum um sich zu entdecken und zu nutzen. Parkour-Experte Samuel Heuberger Reichert trainierte gemeinsam mit den Kindern diese Sportart, bei der man sich mithilfe des eigenen Körpers von einem Punkt zum nächsten auf unkonventionelle Weise fortbewegt. Man springt über Mauern, hangelt sich von Säule zu Säule und versucht, durch kreative Bewegungen die verschiedenen räumlichen Hindernisse wie Treppen, Laternen oder Bänke zu überwinden. Parkour eignet sich also ausgezeichnet, um die Umgebung mit dem eigenen Körper zu spüren und somit eine andere Wahrnehmung von Räumlichkeit zu erfahren. „Parkour ist eine Sportart, die im öffentlichen Raum stattfindet und somit Barrieren verändert, und Grenzen überwindet. Außerdem führt man sie gemeinsam aus, man muss sich gegenseitig helfen und stützen“, so Parkourgestalterin Burtscher.

„Parkour ist eine Sportart, die im öffentlichen Raum stattfindet und somit Barrieren verändert, und Grenzen überwindet. Außerdem führt man sie gemeinsam aus, man muss sich gegenseitig helfen und stützen“

Die Zusammenarbeit mit den Kindern sei schön gewesen, weil viel freier und offener: „Wir Erwachsene denken sofort, was darf man, was stört andere nicht, was ist realisierbar. Dadurch sind wir eingeschränkt in unserer Vorstellungskraft. Kinder hingegen stecken Räume nicht so stark in Schubladen. Sie denken nicht: Ok, dieser Ort ist nur für Erwachsene, der hier ist nur für uns Kinder. Natürlich ist manches utopisch, aber genau das ist das Schöne.“ 

Nach Sinich wird Metamorphosis im Herbst eine neue Aktion im Virgil-Viertel starten. Diesmal werden Musiker und Poetry Slamer involviert sein, immer unter dem Thema öffentlicher Raum, erzählt Burtscher: „Es soll darum gehen, wie wir über Worte und Musik Gemeinsamkeiten finden können, und wie wir öffentliche Orte nutzen können, um das Wort zu ergreifen und unsere Meinung zu äußern. Denn es ist nicht immer leicht, eine Stimme zu haben.“