Die Online-Beilage
Online zu zweisprachigen Beipackzetteln. Diese Idee kommt von der Süd-Tiroler Freiheit (STF), die noch im vergangenen März im Landtag mit einem Beschlussantrag gescheitert war, der vorgesehen hätte, dass Medikamenten neben dem italienischen auch ein Beipackzettel in deutscher Sprache beigefügt wird. “Das geht logistisch gar nicht. Es müssten extra Medikamentenpackungen für Südtirol produziert werden – denn jede Packung enthält von Grund auf einen Beipackzettel in nur einer Sprache”, weiß man auch in Apothekerkreisen. Nun versucht es die STF erneut und beantragt die “Einrichtung einer Internetseite sowie einer App, auf bzw. mit der alle Medikamenten-Beipackzettel zweisprachig abgerufen werden”, so die Ankündigung. “Etiketten und Beipackzettel von Medikamenten, die in Südtirol verkauft werden, müssen in beiden Landessprachen verfasst sein”, erinnert Sven Knoll Doch mit der Umsetzung dieser gesetzlichen Bestimmung hapere es. Seit 2006 gilt, dass Apotheker Beipackzettel in deutscher Sprache vor Ort ausdrucken und den Patienten mitgeben können. “Für manche Medikamente gibt es dennoch keine entsprechenden Ausdrucke”, bemängelt Knoll und spricht von “Diskriminierung”
Wäre eine App eine brauchbare Lösung für den Informationsmangel, der durch einsprachige Beipackzettel entsteht? “Ja”, sagt Stephan Peer. Seit zehn Jahren leitet er die gleichnamige Apotheke in Lana, die von der Brixner Apothekerfamilie Peer 2002 eröffnet wurde. Gemeinsam mit seinem Bruder Florian, der die traditionsreiche Apotheke Peer in Brixen führt, hat er vor einigen Jahren selbst eine App entwickelt. Über “Notdienst Südtirol” können am Smartphone und Tablet die diensthabenden Apotheken, Hausärzte und Krankenhäuser abgerufen werden. Mit aktuell rund 30.000 Nutzern hat sich die Idee bewährt, Patienten über eine App verlässliche Informationen zur Verfügung zu stellen. Und eine weitere App mit mehrsprachigen Beipackzetteln sieht Stephan Peer als willkommene Ergänzung zu den Auskünften, die Fachpersonen geben können. “Ich finde die Idee gut”, gesteht er, “als Apotheker sind wir über jede Möglichkeit froh, die den Leuten hilft, sich zu informieren”. Doch ganz so einfach wie sich das manch einer vielleicht vorstellt, ist das Ganze nicht.
Wer macht das?
Da stellt sich zum einen die Frage nach der Ausarbeitung der – virtuellen – deutschsprachigen Version der Beipackzettel. “Diese können nicht von uns geschrieben, und es können auch nicht einfach Beipackzettel aus Deutschland verwendet werden”, erklärt Peer. Da es sich bei Beipackzettel für Medikamente um ein offizielles Zulassungsdokument handelt, muss die Übersetzung erst einmal vom Gesundheitsministerium genehmigt werden. “Die Kosten für die Genehmigung sowie für die Erstellung der Unterlagen müssen vom Hersteller der jeweiligen Arzneien übernommen werden.” Zur Finanzierung hinzu kommt die regelmäßige Aktualisierung der Beipackzettel, “die alle zwei Jahre überarbeitet werden”, so Peer. Zusätzlich zur Finanzierung gehörten technische und rechtliche Details geklärt, ergänzt er.
Darüber hat man sich auch bei der STF Gedanken gemacht – und in zumindest einer Sache eine Antwort: “Als Grundlage für App und Internetseite soll die bereits bestehende Datenbank für Beipackzettel dienen, so wie sie jetzt schon den Apothekern zur Verfügung steht”, so Knoll.
Onlinezugang keine Garantie
Zum anderen, gibt der Lananer Apotheker zu bedenken, schafft eine Übersetzung ins Deutsche keine Abhilfe bei einem der größten Probleme im Zusammenhang mit Beipackzetteln: ihrer mitunter schweren Verständlichkeit. “Bereits heute passiert es häufig, dass Patienten ein zweites Mal in die Apotheke kommen oder anrufen, um bei uns nachzufragen, was sie bei der Einnahme ihres Medikaments beachten müssen”, berichtet Peer. Viele würden auch ganz auf den Beipackzettel verzichten, fügt der Apotheker hinzu – auch wenn es für rund 90 Prozent der erhältlichen Medikamente einen deutschen Beipackzettel gibt, den ein Apotheker bei Bedarf ausdrucken kann.
Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Fachinformationen und die Hinweise für die Patienten getrennt gedruckt werden, gibt es in Italien nur ein Dokument, das den Medikamenten beigefügt wird. “Das macht die Beipackzettel, die ohnehin kompliziert geschrieben sind, schwer verständlich”, weiß Peer. Doch das Problem sieht er nicht allein in Südtirol: “Das Crux mit den Beipackzetteln ist ein europaweites. Daher gehört das Problem auf europäischer Ebene angegangen. Man ist bereits dabei, an einer Lösung zu arbeiten. Die ist aber erst in einigen Jahren absehbar.”
Unabhängig von den künftigen Entwicklungen rät Peer ohnehin auf den professionellen Rat eines Apothekers oder Arztes zu vertrauen. Denn den kann auch eine App nicht ersetzen. “Doch wir sind dafür gerne zu haben”, stellt Stephan Peer klar.