Überregionaler Austausch im Kurhaus

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Heute Nachmittag wurde Meran erneut zum Zentrum grenzüberschreitender Politik. Über 100 Landtagsabgeordnete aus Südtirol, Tirol und dem Trentino versammelten sich zur 16. Auflage des Dreier-Landtages im historischen Kurhaus. Der erste Teil der zweitägigen länderübergreifenden Parlamentssitzung der Europaregion Euregio Tirol–Südtirol–Trentino beinhaltete die Diskussion und Abstimmung der Leitanträge zur „Förderung grenzübergreifender Zusammenarbeit im digitalen Zeitalter”, zum „Kommunikationsprojekt zur Vermittlung demokratischer Werte“ sowie zur grenzübergreifenden „Kooperation im Rettungsdienst.“
Weiters wurden Anträge im Sachbereich Bildung vorgebracht, im Schatten des tragischen Amoklaufs an einem Grazer Gymnasium.
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Die Grußworte von Sonja Ledl-Rossmann, Präsidentin des Tiroler Landtags, sowie Arnold Schuler (Südtirol) und Claudio Soini (Trentino) wurden flankiert von den prämierten Poetry-Slammerinnen und Slammern, die ein treffendes Bild überregionaler Wahrnehmungen und Stigmata in ihrer Performance darbrachten: „Noi non siamo realtà, siamo molte realtà – Wir sind keine Italiener ohne ein ABER, wir sind keine Tiroler ohne ein ABER. Quale Lingua parla la storia – Welche Sprache spricht die Geschichte?“
„Und wir, der Dreier-Landtag, könnten ein kleines Europa sein“
Daran schloss Landeshauptmann Arno Kompatscher seinen Gruß an und betonte: „Wir haben eine Welt voller Einzelkämpfer, die sich richten wollen. Und wir, der Dreier-Landtag, könnten ein kleines Europa sein. Eine vielfältige Region, geeint von Werten und einer Geschichte. Es gilt, den Dreier-Landtag und Euregio zu verknüpfen.“
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Laute Diskussionen um die Leitthemen
Landtagspräsident Arnold Schuler stellte zum Schwerpunkt Digitalisierung das Vorhaben einer europaweit gültigen E-Wallet vor. Dies diene der Förderung von grenzüberschreitendem Austausch und öffentlicher Dienste. Es handle sich dabei um eine Anwendung, die die digitale Speicherung von Identitäts-Dokumenten, wie des Personalausweises oder Führerscheins, aber auch den Zahlungsverkehr ermöglichen soll. Kompatscher ergänzt, dass damit ein Instrument geschaffen werden soll, welches einen Schnittpunkt zum europäischen Projekt der EUDI-Wallet markieren soll. Die Abstimmung wurde mehrheitlich angenommen.
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Ein weiterer Leitantrag war der Aufruf zur Förderung der grenzüberschreitenden Kooperation im digitalen Zeitalter sowie ein innovatives Kommunikationsprojekt zur Vermittlung demokratischer Werte. Dies rief beträchtliche Diskussionen hervor. Konsens der Volksparteien und Grünen – von der südtirolerischen wie auch der österreichischen Seite – sowie der PD: Sie befürworten den Antrag und verorten die Schuld an dem prekären Zustand der Demokratie bei manipulierten sozialen Netzwerken. Renate Holzeisen verortet den Schwachpunkt bei der Intransparenz von politischen Institutionen. Eine bedeutende Mehrheit stimmt für den Antrag.
„Der Dreier-Landtag wäre aus den Händen der Landeshauptleute zu reißen und als Parlament zu etablieren."
Der Antrag für die Stärkung der Kooperation im grenzüberschreitenden Rettungsdienst Österreich–Italien durch den Abbau rechtlicher Hürden wurde zu anderen Zwecken in die Diskussion eingebaut. Was Sven Knoll am Herzen lag: „Eine Unrechtsgrenze darf keine Rettungseinsätze behindern.” Gebi Mair (Grüne Tirol) kritisiert, dass im Dreier-Landtag Beschlüsse gefasst werden, die dann nicht oder nur schwerfällig umgesetzt werden, und forderte Stellungnahme dazu, den „Dreier-Landtag aus den Händen der Landeshauptleute zu reißen und als Parlament zu etablieren. "Eine bunte Diskussion, mit dem Ergebnis, dass der Antrag zur Rettungsdienst-Kooperation angenommen wurde. Eine Idee, die keiner der zahlreichen Vortragenden in Zweifel zog.
Ein gewisses Einverständnis aller Abgeordneten, dass diverse Beschlüsse der vergangenen Jahre aufgrund der rechtlich nicht bindenden Wirkung oftmals nicht umgesetzt wurden, war jedoch nicht zu überhören.
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Bildung, ein emotionales Thema
Ein weiterer Schwerpunkt widmete sich der Gesundheit Jugendlicher: Euregio-Schulen sollen als zentrale Schnittstelle zur Förderung des Wohlbefindens von Kindern und Jugendlichen gestärkt werden. Ein Thema, welches im Kontext der gestrigen Tragödie an einem Gymnasium in Graz besonders emotionsgeladen diskutiert wurde.
„Das Sprechen von ‚unseren Kindern und Jugendlichen‘ ist falsch."
Fazit: Mit Interaktion und Dialog müsse mit den jungen Menschen in Verbindung getreten werden. Brigitte Foppa (Grüne) kommentiert dazu: „Das Sprechen von ‚unseren Kindern und Jugendlichen‘ ist falsch. Das sind nicht ‚unsere‘ Kinder und Jugendlichen. Sie gehören uns nicht! Es gilt sie als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft anzuerkennen, ihre Stimmen und Bedürfnisse wirklich zu hören und sie zu uns sprechen zu lassen“.
Der Bildungsbereich dominierte die Diskussion, mit Initiativen wie dem Euregio Jugend Medien Monitor zur politischen und medialen Bildung und dem Ausbau der Schüleraustauschprogramme zur Förderung der Landessprachen.
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Morgige Themen: Verkehr, Klima und Tourismus
Am Vormittag des morgigen Donnerstags, 12. Juni, widmet sich der Dreier-Landtag vorrangig den Bereichen Verkehr, Klima und Tourismus. Zur Entlastung des Brennerkorridors stehen konkrete Maßnahmen auf dem Programm, darunter ein überregionales Mobilitäts- und Umweltkomitee sowie Verbesserungen an kritischen Punkten wie der Lueg-Brücke.
Im Bereich Umwelt liegt der Fokus auf der Anpassung der Bergwälder an den Klimawandel sowie auf einem grenzüberschreitenden „Bienenpfad“-Projekt. Ergänzend dazu sollen im Tourismus gemeinsame Leitlinien entwickelt werden – etwa durch eine mögliche Euregio-Stiftungsprofessur für nachhaltige Entwicklung und eine koordinierte Strategie für den Alpenraum.
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