Politics | Richtung Koalition

JG wählt Lega

“Wir grenzen uns klar gegen Salvini ab”, sagt JG-Chef Stefan Premstaller. Doch weil die Grünen “Welten” von der SVP trennten, sieht man die Lega als besseren Partner.
JG im Wahlkampf
Foto: Facebook/JG-Junge Generation

Noch (immer) ist alles offen. “Beide Optionen sind nach wie vor auf dem Tisch”, bekräftigt Philipp Achammer. “Wir schließen heute noch nichts aus.” Dass nach der zweiten Verhandlungswoche sowohl die Variante SVP-Lega als auch jene SVP-Grüne-PD auf dem Tisch sind, bestätigt das harte Ringen um ein Regierungsbündnis nach den Landtagswahlen vom 21. Oktober. Zumindest offiziell wollen sich Parteiobmann und Landeshauptmann nach Abschluss der Sondierungsrunde keine Blöße geben.

Inzwischen ist die Jugendorganisation der SVP, die Junge Generation (JG) vorgeprescht. Die Entscheidung, die vergangene Woche im JG-Landesausschuss gefallen ist, wollte man eigentlich nicht “proaktiv an die Öffentlichkeit” tragen, sondern sie sei “für die nächsten parteiinternen Gespräche” bestimmt gewesen, erklärt JG-Chef Stefan Premstaller. In Zurückhaltung übt er sich dennoch nicht.
“Die Lega ist der bessere Regierungspartner.” Am Samstag erscheint diese Aussage von Premstaller im Corriere dell’Alto Adige.

 

Kein besserer als die Lega?

Nicht einstimmig, aber mit “riesengroßer Mehrheit” sei die Entscheidung im JG-Landesausschuss vergangene Woche gefallen, berichtet Premstaller. Zweieinhalb Stunden habe die Diskussion zwischen JG-Vorsitzendem, seinen Stellvertretern und den JG-Vertretern der Bezirke gedauert. “Wir haben alle Für und Wider für jede der beiden Optionen abgewogen und am Ende war klar, dass es keinen idealen Partner gibt.”

Für die Entscheidung, in den Führungsgremien der Partei die Lega als bevorzugten Partner vorzuschlagen, seien zwei Hauptpunkte ausschlaggebend gewesen, erklärt Premstaller im Gespräch mit salto.bz: “Erstens ist die Lega mit vier Landtagsabgeordneten die meist gewählte italienischsprachige Partei. Und zweitens garantiert eine Regierung mit nur einem Partner größere Stabilität. Wir sollten uns daran erinnern, dass wir im Wahlkampf mit dem Versprechen ‘Stabil. Stark. Südtirol’ angetreten sind – das kann man jetzt nicht außer Acht lassen.”

Die Europafrage schon? “Auf alle Fälle fordern wir ein, dass im Koalitionsprogramm eine pro-europäische Position festgehalten und von der Lega mitgetragen wird”, sagt Premstaller. “Davon abgesehen möchte ich betonen, dass wir hier einzig und allein von einer Zusammenarbeit auf Landesebene sprechen, nicht auf nationaler oder europäischer Ebene. Wir sind gegen die menschenverachtenden Aussagen von Matteo Salvini, seine Flüchtlingspolitik und den Populismus, den er betreibt – dagegen grenzen wir uns als JG ganz entschieden ab.”

 

Keine Chance für die Grünen?

Die Position des 27-jährigen JG-Chefs erinnert an den Pragmatismus des um 38 Jahre älteren ehemaligen SVP-Obmannes Siegfried Brugger. Der legt seiner Partei, sollte es zu einem Bündnis mit der Lega kommen, ein Abkommen “beschränkt auf die Südtirol-Agenden” nahe, warnt aber vor Allianzen in Rom und Europa. Nicht zum ersten Mal begibt sich die JG auf die Linie Bruggers. Im Vorfeld der Parlamentswahlen vom März hatte Premstaller als einziger in der Parteileitung gegen die Kandidatur von Gianclaudio Bressa und Maria Elena Boschi gestimmt – ganz im Sinne des Ex-Parteiombannes.

Dass die Grünen während der Sondierungsgespräche Bereitschaft signalisiert haben, ureigene Forderungen zurückzustellen, um der SVP “eine Lösung im Sinne des ganzen Landes” zu erleichtern, hat Premstaller vernommen – misst dem Entgegenkommen aber keine besondere Bedeutung zu: “Verhandlungen sollten immer so geführt werden, dass Eingeständnisse gemacht werden. Vom Wahlprogramm der Grünen trennen uns jedenfalls Welten.

Auch die Regierungsbeteiligung der Grünen in der Landeshauptstadt, wo sie mit SVP und PD eine Koalition bilden, ist für den JG-Chef kein Argument, um es auch auf Landesebene zu versuchen: “Es gibt positive Beispiele für beide Varianten: in Bozen mit den Grünen, in Leifers und Brixen mit der Lega.”

Am heutigen Montag werden Arno Kompatscher und Philipp Achammer über den Verlauf und die Ergebnisse der Sondierungsgespräche in den SVP-Parteigremien berichten. Im Laufe der Woche will man “informell noch einiges klären und ausräumen”, um dem Parteiausschuss kommenden Montag (26. November) einen Vorschlag zu unterbreiten, mit wem Koalitionsgespräche gestartet werden.

 

Kritik und Verwunderung

Dass die Jugendorganisation der SVP schon vor den parteiinternen Besprechungen eine Wahl getroffen hat, hat Kritik hervorgerufen – vor allem bei jenen, die der Auslöser für die großen Bauchschmerzen bei der JG sind. Die Jungen Grünen “bedauern, dass gerade die jüngsten Mitglieder in der SVP eine europafeindliche und populistische Politik anstreben”, heißt es in einer Presseaussendung. Und weiter: “Wir young greens southtyrol finden, dass es einen parteipolitischen Austausch bezüglich der Jugendpunkte hätte geben können und bedauern, dass dies nun durch die offene Befürwortung einer Koalition mit der Lega nicht mehr möglich ist.” Und weiter: “Es geht der Jungen Generation offenbar nicht um Inhalte, es geht ihnen nicht darum, die Jugend in den Vordergrund zu stellen und endlich etwas für diese zu erreichen.”

Auf die Kritik der Jungen Grünen angesprochen, reagiert Stefan Premstaller mit Verwunderung. Für die JG komme die Lega allein auf Landesebene als Partner in Frage, um eine stabile Regierung zu ermöglichen, wiederholt der JG-Chef. “Und was das Koalitionsprogramm von Parteien mit der Zusammenarbeit von zwei Jugendorganisationen bei Jugendthemen zu tun haben soll, ist mir schleierhaft. Während die Jungen Grünen alle Monate einmal etwas von sich geben, hat sich die JG für eine Vielzahl von jungen Themen konkret eingesetzt – und wir wären froh, wenn die Jungen Grünen auf uns zugekommen wären anstatt uns jetzt auf einmal vorzuwerfen, dass es uns nicht um Inhalte gehe.”

“Wir wissen, dass es uns gegenüber Vorbehalte gibt, haben aber versucht darzulegen, dass es sich vielfach um Vorurteile handelt”, meinte die Grüne Co-Sprecherin und Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa nach den Sondierungsgesprächen mit PD und SVP am Samstag. Lange und intensive Gespräche seien es gewesen, in einem guten Klima, bestätigen alle drei Parteien.
Und auch Stefan Premstaller weiß: “Noch ist alles komplett offen.” Nur, seine Junge Generation scheint das Kapitel Grüne-PD schon geschlossen zu haben.