“Das Gesamtpaket passt nicht”
salto.bz: Herr Premstaller, Sie haben als Vorsitzender der Jungen Generation der SVP (JG) am Samstag als einziger gegen die Unterstützung der beiden Kandidaten, die der PD im Wahlkreis Bozen-Unterland aufstellen wird, gestimmt. Warum?
Stefan Premstaller: Am Donnerstag Abend gab es eine Sitzung des Landesjugendausschusses. Ein Tagesordnungspunkt waren die Parlamentswahlen. Wir haben über die letzten Entwicklungen und den Stand der Dinge diskutiert. Am Ende haben wir uns gefragt, wie wir diese Entwicklungen bewerten.
Von welchen Entwicklungen sprechen Sie? Etwa, dass der PD in Südtirol keine lokalen Vertreter aufstellt, sondern solche, die die nationale Parteileitung entscheidet – und die die SVP aufgrund des Wahlabkommens mit dem PD “schlucken” muss?
Es ging vor allem um die Vorgangsweise des PD. Die SVP-Führung hatte sich erhofft, dass die PD-Kandidaten frühzeitig angekündigt würden, damit man entsprechend reagieren kann. Das ist nicht eingetroffen. In Kombination mit der Kandidatin, die dann vorgeschlagen wurde, hat sich für uns in der JG ein Gesamtbild ergeben, das wir nicht gutheißen konnten. Wir haben am Donnerstag einen einstimmigen Beschluss gefasst, in dem wir uns gegen diese Vorgangsweise des PD und eben auch gegen die Frau Boschi als Kandidatin im Bezirk Bozen-Unterland ausgesprochen haben.
Welche Bedenken hat die JG gegen eine Kandidatur von Maria Elena Boschi im Wahlkreis Bozen-Unterland mit Unterstützung der SVP?
Wir als Südtiroler Volkspartei können uns nicht in die Personalgeschichten des PD einmischen. Das hat auch unser Obmann stets gesagt. Der PD wird die präsentieren, die man für richtig hält. Wir können dann nur über das Gesamtpaket abstimmen. Und das hat die JG als nicht passend erachtet. Angefangen bei der Tatsache, dass die Kandidatenvorschläge so kurzfristig eingetroffen sind. Es hätte noch viele offene Fragen gegeben.
Wir waren gegen das Gesamtpaket und haben daher Nein gesagt. Der einstimmige Beschluss war aber nur als Position für die Parteileitung gedacht. Dort bin ich bin der einzige Vertreter der JG. Der Beschluss war ein klarer Auftrag für mich, um die Position der gesamten Bezirksvertreter der Jungen SVPler in der Parteileitung zu vertreten.
Wir haben uns nicht von einem Siegfried Brugger oder einem Karl Zeller beeinflussen lassen.
Wie wurde am Samstag Morgen in der Parteileitung auf den Gegenwind aus der JG reagiert?
Unsere Begründungen wurden akzeptiert. Es wurde auch gesagt, dass man sie nachvollziehen könne. Insgesamt wurde unsere Position, die ja nicht die eines Einzelnen ist, als konstruktive Kritik aufgenommen.
War der einstimmige Beschluss der JG eine Richtungsentscheidung? Gegen den Parteiobmann-Stellvertreter Karl Zeller, laut dem sich Maria Elena Boschi wie Gianclaudio Bressa um Südtirol verdient gemacht habe? Und für die Linie von Ex-Parteichef Siegfried Brugger, der die Partei heftig kritisiert und meint, die SVP solle sich nicht “für solche Spiele” hergeben?
Für uns als JG ist es immer wichtig, unsere Position unabhängig von allen anderen Parteigremien und -organisationen zu finden. Auch bei diesem Beschluss haben wir uns nicht von einem Siegfried Brugger oder einem Karl Zeller beeinflussen lassen. Sondern wir haben uns gefragt, wie wir das Gesamtbild, das sich in den vergangenen Wochen ergeben hat, bewerten, was für uns wichtig ist, was für uns wichtig gewesen wäre, aber nicht so gelaufen ist. Aufgrund dieser Überlegungen haben wir eine Entscheidung getroffen. Es war aber nicht so, dass wir explizit gegen den einen oder für den anderen stimmen. Die Position ist auf Basis einer Diskussion unter den JGlern entstanden und wurde entsprechend von mir in der Parteileitung vertreten.
Gräben wurden in der Partei dadurch keine aufgeschüttet?
Nein. Es gibt immer wieder Sachen, bei denen man nicht derselben Meinung ist. Am Ende wird demokratisch abgestimmt, und man beugt sich der Mehrheit.
Die JG wird keinen Widerstand mehr leisten?
Einmal gewinnt man, einmal verliert man. Dieses Mal waren wir dagegen, die Partei hat gesagt, wir sind dafür. Wir werden uns nicht mehr groß dagegenstemmen, sondern versuchen, unseren Beitrag zu leisten.
Nun ist es wichtig, sich von der Diskussion über Personen weg und hin zu einer Diskussion über Inhalte zu bewegen.
Trotz der Bedenken aus der JG steht nun fest: Die SVP unterstützt im Wahlkreis Bozen-Unterland Gianclaudio Bressa als Kandidat für den Senat und Maria Elena Boschi als Kandidatin für die Kammer. Und man wird den SVP-Wählern die beiden PDler schmackhaft machen müssen. Wie schwer wird das werden, wenn man bedenkt, dass vor allem Boschi große Skepsis entgegenschlägt?
Die Mehrheit in der Partei hat gesagt, sie ist für die beiden Kandidaten. Das war eine demokratische Entscheidung, gemäß der auch wir versuchen werden, unseren Beitrag zu leisten. Ob es leicht oder schwer wird, ist eine gute Frage. Bei Bressa ist es eine Sache: Sein Name und seine Person werden mit vielen Errungenschaften für unser Land in Verbindung gebracht.
Und bei Boschi?
Ich muss gestehen, dass ich sie noch nicht so lange im Blick habe. Sie hat zwar in der Vergangenheit ihre Fehler gemacht, aber nun ist es wichtig, den Menschen die Verdienste, sollte es sie geben, nahezubringen. Und versuchen, sich von der Diskussion über Personen weg und hin zu einer Diskussion über Inhalte zu bewegen.
Bleiben wir noch kurz bei den Personalien. Wie zufrieden ist die JG mit den SVP-Kandidaten, die aus den Basiswahlen hervorgegangen sind?
Da muss ich eine Klammer aufmachen. Ich wurde mehrmals gefragt, warum die JG keine eigenen Kandidaten bei den Basiswahlen aufgestellt hat.
Warum hat sie nicht?
Vom Senat sind wir per Gesetz ausgeschlossen. Die JG-Funktionäre sind maximal 35 Jahre alt, das Mindestalter um für den Senat zu kandidieren ist 40 Jahre. Dann ist da die Frauenquote, die einen möglichen männlichen JG-Kandidaten hätte verhindern können. Und schließlich gibt es diesen Pakt mit dem PD, der zwei Plätze im Einmannwahlkreis dem PD reserviert. Unterm Strich wären zwei Plätze geblieben, die für die JG hätten interessant sein können.
Jene von Albrecht Plangger im Einmannwahlkreis Meran-Vinschgau für die Kammer und Manfred Schullian als Listenführer für die Kammer auf regionaler Ebene?
Ja, genau – zwei amtierende Kandidaten, die bisher gute Arbeit in Rom geleistet haben. Für einen Jungen wäre es sehr schwer, gleich gegen solche Kaliber anzutreten. Hätte sich jemand gemeldet, hätten wir ihn gern unterstützt, aber aktiv haben wir niemanden gesucht. Auch wenn immer gesagt wurde, dass es eine gute Möglichkeit gewesen wäre, jemanden zu präsentieren, bekannt zu machen. Aber wir haben es nicht als zielführend erachtet, jemanden ins Rennen zu schicken – der hätte vielleicht mit 10 oder 15 Prozent abgeschnitten – und zu verbrennen.
Abgesehen davon wurden bei den Basiswahlen ein Großteil der Kandidaten bestätigt, für die Abgeordnetenkammer gleich alle drei, die zur Wiederwahl angetreten sind.
Wir konnten das Gesamtpaket nicht gutheißen. Es hätte noch viele offene Fragen gegeben.
Wirklich frische Gesichter gibt es aber nicht. Bis auf Meinhard Durnwalder vielleicht, der bisher nur in der Lokalpolitik aktiv war.
Es ist toll, dass Meinhard Durnwalder diesen Sprung gemacht hat. Unter anderem lehrt er Autonomierecht an der Universität Innsbruck. Daher finde ich es sehr wichtig, dass er es nach Rom schafft. Aber auch Julia Unterberger ist eine starke Kandidatin mit sehr viel Erfahrung und Dieter Steger hat als Fraktionssprecher gute Arbeit im Landtag geleistet.
Soll heißen, Sie sind zufrieden mit den künftigen SVP-Vertretern im Parlament?
Ich glaube, wir können sehr zufrieden sein mit unseren Kandidaten. Wir als Minderheitenpartei müssen vor allem darauf schauen, dass die Position Südtirols und seine Autonomie ausgebaut und gestärkt werden. Mit den sechs Kandidatinnen und Kandidaten haben wir eine gute Mischung aus verschiedenen fachlichen Kompetenzen. Nun gilt es abzuwarten, wie die Mehrheitsverhältnisse ausschauen werden. Aber ich bin überzeugt, dass alle Kandidaten gewappnet sind.
Haben Sie selbst Interesse zu kandidieren? Bei den Landtagswahlen im Herbst?
Das habe ich mir noch nicht abschließend überlegt. Natürlich ist es toll zu sehen, dass man etwas bewirken und weiterbringen kann. Aber ich denke noch nach.